Tanz der Hexen
wahrscheinlich.«
Gleichwohl waren sich alle einig. Alles Erdenkliche mußte getan werden. Lily und Cecilia brachten angesichts dieser Vorstellungen sogar ihre Erleichterung zum Ausdruck, denn ihnen war nach der langen Nachtwache oben am Bett ziemlich hoffnungslos zumute gewesen. Beatrice meinte, Rowan könne diese Liebe und Fürsorge ohne Zweifel auch spüren. Michael bemerkte, daß er gar nicht wisse, welche Musik Rowan eigentlich liebe. Ob das einer der ändern wisse?
Der Arzt hatte aber noch mehr zu sagen.
»Wir werden die intravenöse Ernährung fortführen, solange der Körper die Nahrung erfolgreich umsetzen kann. Es kommt womöglich eine Zeit, da er das nicht mehr kann, weil wir vielleicht Probleme mit Leber und Nieren bekommen. Aber bis dahin haben wir noch ein Weilchen Zeit. Einstweilen erhält Rowan eine ausgewogene Ernährung. Die Krankenschwester hat geschworen, sie habe heute morgen einen Tropfen Flüssigkeit aus einem Strohhalm gesaugt. Wir werden ihr diese Möglichkeit weiterhin anbieten. Aber solange sie nicht wirklich in der Lage ist, auf diese Weise Nahrung aufzunehmen – und ich bezweifle, daß es dazu kommt -, werden wir sie weiterhin intravenös ernähren.«
Alle nickten.
»Es waren nur ein oder zwei Tropfen«, berichtete Lily. »Ein Saugreflex wie bei einem Baby.«
»Aber so etwas kann man doch fördern und bestärken!« sagte Mona. »Gott, vielleicht gefällt ihr der Geschmack der Nahrung!«
»Ja, das würde sicher einen Unterschied für sie bedeuten«, stimmte Pierce ein. »Wir könnten doch periodisch versuchen, ihr…«
Der Arzt nickte besänftigend und hob die Hand, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
»Sollte es dazu kommen«, sagte er, »daß Rowans Herz stehen bleibt, wird sie nicht künstlich wiederbelebt werden. Niemand wird ihr irgendwelche Spritzen geben oder sie mit Sauerstoff vollpumpen. Ein Beatmungsgerät ist nicht im Hause. Man wird sie sterben lassen, wie Gott es will. Und weil Sie mich schon danach fragen, muß ich es Ihnen sagen. Es kann endlos so weitergehen wie jetzt. Und es kann jeden Augenblick zu Ende sein. Patienten in diesem Zustand haben schon jahrelang überlebt. Und es stimmt: Einige wenige sind aufgewacht. Andere sterben binnen weniger Tage. Vorläufig können wir nur sagen, daß Rowans Körper dabei ist, sich wiederherzustellen – die Schäden durch Verletzungen und erlittene Unterernährung zu beheben. Aber das Gehirn… das Gehirn läßt sich nicht auf dieselbe Art und Weise wiederherstellen.«
»Kann man nicht ein Stück von einem fremden Gehirn transplantieren?« fragte Gerald.
»Ich biete mich freiwillig an«, bemerkte Mona trocken. »Nehmen Sie so viele Zellen, wie Sie haben wollen. Ich hatte immer schon mehr als alle anderen hier.«
»Du brauchst nicht gehässig zu werden, Mona«, sagte Gerald. »Ich habe nur eine einfache…«
»Ich werde nicht gehässig«, sagte Mona. »Ich schlage nur vor, daß wir über diese Sachverhalte ein paar Informationen einholen, statt blödsinnige Ideen vorzutragen. Gehirntransplantationen gibt es nicht. Jedenfalls keine von der Art, wie sie sie braucht. Rowan vegetiert nur noch vor sich hin! Begreifst du das nicht?«
»Das ist leider die Wahrheit«, sagte der Arzt leise. »Persistenter vegetativer Zustand‹ klingt vielleicht ein bißchen freundlicher. Aber es ist der Fall. Wir können und müssen um ein Wunder beten. Und vielleicht wird ein Zeitpunkt kommen, wo man gemeinsam beschließt, die Zufuhr von Flüssigkeit und Lipiden abzustellen. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre ein solcher Entschluß Mord.«
Nach einigen Händedrucken und Dankesworten begab sich der Arzt hinaus.
Ryan nahm den Vorsitz am Kopfende des Tisches ein. Er war etwas ausgeruhter als am Tag zuvor und brannte darauf, seinen Bericht vorzutragen.
Es gab noch immer nichts Neues über Rowans Entführer. Es hatten keine weiteren Attacken auf Mayfair-Frauen stattgefunden. Man hatte beschlossen, die Behörden in begrenztem Umfang über »den Mann« in Kenntnis zu setzen.
»Wir haben eine Skizze angefertigt, die von Michael abgesegnet wurde. Wir haben den Beschreibungen der Zeugen entsprechend Haar und Bart hinzugefügt. Wir haben um landesweite Fahndung gebeten. Aber niemand in diesem Zimmer – und ich meine: niemand – wird sich außerhalb der Familie zu dieser Angelegenheit äußern. Niemand wird den Behörden, die mit uns kooperieren, mehr Informationen als nötig zukommen lassen.«
»Ihr schadet den Ermittlungen nur«, warf Randall ein,
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