Tanz der Hexen
hier und kommen heute abend wieder her, wenn du gestattest.«
»Ja, natürlich«, sagte Michael. »Wir kommen gut zurecht. Wir haben schon Routine entwickelt. Hamilton sitzt oben bei den Schwestern. Es geht alles so reibungslos, wie man es sich nur wünschen kann.«
»Michael«, sagte Lauren, »ich weiß, es ist eine schwierige Frage. Aber ich muß sie stellen. Weißt du etwas über den Verbleib des Mayfair-Smaragds?«
»Oh, um Gottes willen!« sagte Bea. »Dieses verfluchte Ding!«
»Es ist eine rechtliche Angelegenheit«, erwiderte Lauren frostig. »Rein rechtlich. Wir müssen den Smaragd suchen und ihn der Erbin um den Hals legen.«
»Na, wenn es nach mir ginge«, sagte Fielding, »würde ich bei Woolworth ein Stück grünes Glas kaufen. Aber ich bin zu alt, um noch in die Stadt zu fahren.«
»Ich weiß nicht, wo dieser Smaragd ist«, sagte Michael. »Ich denke, ihr habt mich schon einmal danach gefragt, als ich krank war und im Krankenhaus lag. Ich habe ihn nicht gesehen. Ich dachte, ihr habt das Haus durchsucht.«
»Ja, das haben wir getan«, sagte Ryan. »Wir dachten nur, wir hätten vielleicht etwas übersehen.«
»Er hat ihn wahrscheinlich«, sagte Mona leise.
Niemand antwortete.
»Das könnte sein«, sagte Michael schließlich. Er lächelte leise. »Wahrscheinlich hat er ihn. Hält ihn wahrscheinlich für sein Eigentum. Aber man kann nie wissen…« Er bemühte sich darum, die Fassung zu bewahren, aber die Sache kam ihm plötzlich ungeheuer komisch vor. Der Smaragd! Hatte Lasher ihn in der Tasche? Und würde er versuchen, ihn zu verkaufen? Das wäre zum Schießen.
Die Konferenz war offensichtlich zu Ende. Bea würde in die Amelia Street fahren, die anderen in die City.
Wenige Augenblicke später waren alle weg. Die große Haustür hatte sich zum letzten Mal geschlossen.
Aaron blieb am hinteren Ende des Tisches sitzen, Michael gegenüber und mit dem Rücken zum Fenster; er hatte die Ellbogen aufgestützt.
»Ich freue mich für Sie und Bea«, sagte Michael. »Haben Sie das Gedicht bekommen, daß ich Ihnen durch Yuri habe bringen lassen? Meine Mitteilung?«
»Ja, die hat er mir gegeben. Sie müssen mir von Julien erzählen. Erzählen Sie mir, was passiert ist – nicht einem Schnüffler von der anderen Seite des Atlantik, sondern einem Freund. Bitte.«
Michael lächelte. »Ich will es Ihnen ja erzählen. Ich habe mir da oben ein paar Notizen gemacht, wissen Sie, damit ich es nicht vergesse. Aber die Wahrheit ist, daß Julien nur eines im Sinn hatte. Er wollte mir sagen, daß ich dieses Ding töten muß, um ihm ein Ende zu machen. Ich sei derjenige, auf den man dabei zähle.«
Aaron sah fasziniert aus.
»Wo ist Ihr Freund Yuri?« fragte Michael. »Er steht doch noch auf gutem Fuße mit uns, oder?«
»Unbedingt«, sagte Aaron. »Er ist wieder oben in der Amelia Street; er versucht es noch einmal mit Monas Computer. Mona hat gesagt, er kann ihren Computer benutzen, um Kontakt mit den Ältesten aufzunehmen, aber die Ältesten nehmen seine inständigen Bitten um Erläuterung nicht zur Kenntnis. Das alles ist ziemlich schrecklich für ihn, glaube ich.«
»Aber nicht für Sie.«
Aaron dachte einen Moment lang nach. »Nein…«, sagte er dann. »Nicht so sehr…«
»Gut«, sagte Michael. »Julien war mißtrauisch gegen die Talamasca; ich schätze, das haben Sie meiner Notiz schon entnommen. Julien hatte noch mehr dazu zu sagen, aber es lief alles auf dasselbe hinaus – diese Kreatur sei tückisch und hinterhältig, und sie müsse vernichtet werden. Ich werde sie töten, sobald ich kann.«
Aaron schien dieser Gedanke zu faszinieren.
»Aber was wäre, wenn Sie es in Ihre Gewalt bringen könnten? Wenn Sie es irgendwo einschließen könnten, wo es nicht mehr…«
»Nein. Das ist der Irrtum. Lesen Sie das Gedicht noch einmal. Ich soll es töten. Gehen Sie nach oben und schauen Sie sich meine Frau an, wenn Sie noch Zweifel haben. Gehen Sie hin und halten Sie ihre Hand. Ich werde es töten. Und ich werde die Gelegenheit dazu bekommen. Evelyns Gedicht und Juliens Erscheinung haben mir das versprochen.«
»Sie sind wie ein Mann, der eine religiöse Bekehrung erfahren hat«, sagte Aaron. »Vor einer Woche haben Sie philosophisch geklungen, beinahe verzweifelt. Sie waren körperlich krank.«
»Nun, ich dachte, meine Frau hätte mich verlassen. Ich trauerte um meine Frau und um meinen Mut, denn ich hatte beides verloren. Jetzt weiß ich, daß sie mich nicht verlassen wollte. Und warum sollte ich nicht
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