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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Visionen.
    Sie, dachte ich, sie allein muß gerettet werden. Und meine Augen füllten sich mit Tränen.
    Dann ging ich in die Burg, um die Wahrheit zu erfahren.
    Im Palast brannte das tosende Feuer, und viele Leute in dunklen Wollkleidern hatten sich um den Kamin versammelt.
    Mein Vater erhob sich sogleich von seinem schweren holzgeschnitzten Stuhl. »Verlaßt die Halle«, befahl er den anderen.
    Ich erkannte ihn sofort. Er war ungeheuer beeindruckend und immer noch breitschultrig; ein wenig Ähnlichkeit hatte er mit seinem Vater, aber er wirkte viel robuster und längst nicht so alt, wie jener gewesen war, als ich damals hergekommen war. Sein Haar war von grauen Strähnen durchzogen, aber es glänzte immer noch dunkelbraun, und seine tiefliegenden Augen waren erfüllt von liebevollem Feuer.
    »Ashlar!« sagte er. »Gott sei Dank, du bist gekommen.« Er warf mir die Arme um den Hals. Ich dachte an jenen Augenblick, als ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte, und fast brach es mir das Herz. »Setz dich da ans Feuer«, sagte er, »und höre mich an.«
    Elisabeth, die elende Tochter der Boleyn, saß auf dem englischen Thron, aber sie war nicht die schlimmste Bedrohung für uns. John Knox, der tollwütige Presbyterianer, war aus dem Exil zurückgekehrt, und er führte das Volk in einer bilderstürmerischen Rebellion durch das ganze Land.
    »Was ist das für ein Wahnsinn bei diesen Leuten«, fragte mein Vater, »daß sie Statuen der Seligen Mutter Gottes zerschlagen und unsere Bücher verbrennen? Wir sind keine Götzenanbeter! Gottlob haben wir unseren eigenen Ashlar, der jetzt gekommen ist, um uns zu erretten.«
    Mich schauderte.
    »Vater, wir sind keine Götzenanbeter, und ich bin kein Götze«, erklärte ich. »Ich bin ein Priester Gottes. Was vermag ich im Angesicht des Krieges? All die Jahre in Italien habe ich Berichte von Greueltaten gehört. Aber ich kann nur Kleinigkeiten tun!«
    »Kleinigkeiten! Du bist unsere Bestimmung! Wir, die katholischen Highlander, brauchen einen Führer, der für das Recht steht. Jederzeit kann es geschehen, daß die Protestanten und die Engländer den Mut und die Massen aufbringen, um den Paß zu stürmen. Sie haben gesagt, wenn wir es wagen, in der Kathedrale die Mitternachtsmette zu feiern, werden sie die Stadt stürmen. Wir haben Schafe, wir haben Korn. Wenn wir diese Nacht und die zwölf Weihnachtstage überstehen, dann sehen sie darin vielleicht die Hand Gottes und lassen sich vertreiben. Heute nacht mußt du die Prozession anführen, Ashlar, und du mußt die lateinischen Gesänge vorsingen. Du mußt das Jesuskind in die Krippe legen, zwischen die Jungfraumutter und den Hl. Joseph. Du mußt die Tiere zur Krippe führen, damit sie dort vor dem lieben Jesuskind niederknien. Sei unser Priester, Ashlar, wie Priester immer sein sollten. Strecke du für uns die Hände zum Himmel aus und rufe die Gnade Gottes herab, wie es nur ein Priester vermag!«
    Natürlich wußte ich, daß es genau diese Vorstellungen waren, die die Protestanten für archaisch hielten: daß wir Priester als geheimnisumwoben und erhöht galten und daß wir in irgendeiner Verbindung zu Gott standen, die das gemeine Volk nicht kannte.
    »Vater, das kann ich tun wie jeder andere Priester auch«, sagte ich. »Aber was ist denn, wenn wir Weihnachten überstehen? Warum sollten sie sich dann zurückziehen? Warum sollten sie sich nicht auf uns stürzen, sobald Hammelfleisch und Getreide aufgezehrt sind?«
    »Weihnachten ist die Zeit, in der ihr Haß am größten ist, Ashlar. Es ist die Zeit der üppigsten katholischen Feiern, die Zeit der feinsten Gewänder, des Weihrauchs und der Kerzen. Es ist die Zeit des größten lateinischen Hochamts. Und alter Aberglaube hält Schottland in seinem Griff, Ashlar. Zu heidnischen Zeiten war Weihnachten die Zeit der Hexen, die Zeit, da die unruhigen Toten umgingen. Woanders sagen sie, daß wir hier im Tal Hexen beherbergen, ja, daß wir in Donnelaith die Gabe der Hexerei im Blut haben. Sie sagen, unser Tal sei voll von kleinen Leuten, die in sich die Seelen der ruhelosen Toten tragen!«
    »Ich verstehe.« Und innerlich schauderte mich. Die kleinen Leute, die in sich die Seelen der ruhelosen Toten tragen?
    »Sie sagen, unser Heiliger ist ein Götze! Sie nennen uns Teufelsanbeter! Aber unser Christus ist der lebendige Christus…«
    »Und ich muß den Menschen Kraft geben…«, murmelte ich. »Das bedeutet nicht, daß ich selbst Blut vergießen werde.«
    »Nur, daß du deine Stimme für den

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