Tanz der Hexen
fallenden Schnee, und ich war wie vom Donner gerührt, als ich den Holländer aus Amsterdam am Tisch sitzen sah. Er winkte mir, mich zu setzen. Seinen unhandlichen Holländerhut hatte er abgenommen, und mit eifriger Miene schaute er mich an, als ich auf dem Stuhl ihm gegenüber Platz nahm.
Der seltsame, verlockende Duft, den meine Schwester verströmte, war jetzt sehr stark, und wiederum erweckte er eine Art Hunger in mir – aber ich wußte nicht, wonach. Wenn es ein erotischer Hunger war, so gedachte ich nicht, es herauszufinden.
Ich war vollständig für das Hochamt angekleidet. Also setzte ich mich vorsichtig hin und faltete die Hände vor mir auf dem Tisch.
»Was wollt ihr?« Ich schaute von meiner Schwester zu dem Holländer. »Wollt ihr beichten, damit ihr heute nacht den Leib und das Blut Christi empfangen könnt?«
»Rette dich«, sagte meine Schwester. »Geh fort, jetzt gleich.«
»Ich soll diese guten Menschen und diese Sache im Stich lassen? Du bist wahnsinnig.«
»Hör zu, Ashlar«, sagte der Mann aus Amsterdam. »Ich biete dir noch einmal meinen Schutz an. Ich kann dich noch heute nacht heimlich aus dem Tal bringen. Laß die feigen Priester hier doch selbst ihren Mut zusammennehmen.«
»Ich soll in ein protestantisches Land fliehen? Wozu?«
Es war meine Schwester, die antwortete. »Ashlar, in den trüben Zeiten der Legenden, bevor die Römer und die Pikten in dieses Land kamen, da lebte deine Art auf einer Insel, nackt und verrückt wie die Affen der Wildnis – wissend geboren ja, aber bei der Geburt wußten sie alles, was sie jemals wissen würden!
Zunächst versuchten die Römer, sich mit ihnen zu kreuzen, wie andere es versucht hatten. Denn was für ein mächtiges Volk könnten sie werden, wenn sie Söhne zeugen könnten, die innerhalb weniger Stunden zu Männern heranwuchsen! Aber sie konnten den Taltos nicht züchten – oder nur einen unter tausend. Und da die Frauen am Samen der männlichen Taltos starben und die weiblichen Taltos die menschlichen Männer zu endlosen und fruchtlosen Ausschweifungen verleiteten, da entschied man, daß man die Taltos vom Angesicht der Erde tilgen müsse.
Aber auf den Inseln und in den Highlands überlebte die Art, denn sie konnten sich vermehren wie die Ratten. Und als schließlich der christliche Glaube in dieses Land gebracht wurde, als im Namen von St. Patrick die irischen Mönche herkamen, da war Ashlar der Führer der Taltos, der vor dem Bild des gekreuzigten Christus kniete und erklärte, daß sein ganzes Volk getötet werden solle, weil es keine Seele habe! Und dafür gab es einen Grund, Ashlar! Denn er wußte, wenn die Taltos mit ihrer kindischen Idiotie und ihrem Hang zur Vermehrung wirklich ein zivilisiertes Leben zu führen lernten, dann würde man ihnen nie mehr Einhalt gebieten können.
Aber Ashlar gehörte nicht mehr zu seinem Volk. Er war Christ. Er war in Rom gewesen. Er hatte mit Gregor dem Großen gesprochen.
Und so verdammte er seine Taltos! Er wandte sich gegen sie. Die Menschen machten es zu einem Ritual, einem Opfer, einem heidnischen Gemetzel, wie man es grausamer nie erlebt hatte.
Aber die Saat wanderte durch die Jahre im Blute herab und läßt diese schlanken Riesen aufsprießen, die wissend geboren werden, seltsame Geschöpfe, denen Gott eine große Gewandtheit in der Kunst der Mimikry und des Gesangs gegeben hat, aber nicht die Fähigkeit, wahrhaft ernst oder entschlossen zu sein.«
»Oh, aber das stimmt doch nicht«, sagte ich. »Vor Gott bin ich der lebende Beweis.«
»Nein«, widersprach meine Schwester. »Du bist ein guter Anhänger des Hl. Franziskus, ein Bettelmönch und ein Heiliger, weil du ein Einfaltspinsel bist, ein Narr. Mehr war der Hl. Franz auch nie – ein Idiot Gottes, der barfuß umherlief und Güte predigte, ohne im Grunde ein Wort Theologie zu kennen, und der seine Anhänger veranlaßte, alles wegzugeben, was sie besaßen. Es war der beste Ort, an den man dich schicken konnte – das Italien der Franziskaner. Du hast den verwirrten Verstand des Taltos, der am liebsten den lieben langen Tag spielen und singen und tanzen und andere Taltos zeugen möchte, die wiederum spielen und singen und tanzen…«
»Ich lebe im Zölibat«, erwiderte ich. »Ich bin Gott geweiht. Ich weiß nichts von diesen Dingen.« Ich war so tief verletzt, daß es ein Wunder war, daß die Worte überhaupt über meine Lippen kamen. Ich war verwundet. »Ich bin keine solche Kreatur. Wie kannst du es wagen…?« flüsterte ich, aber
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