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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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gesagt, und da hatte sie bereits eine Affäre mit einem Mann an Bord gehabt. »Aber wir werden uns sehen. Ich werde für uns beide eine kleine Wohnung in der Stadt einric h ten.«
    Stella hatte Wort gehalten – und was für ein bezauberndes kleines Liebesnest es gewesen war, nur für sie beide.
    Laura Lee war wieder den ganzen Tag zur Schule gegangen und hatte keine Schwierigkeiten gemacht. Laura Lee hatte nie etwas geahnt.
    Evelyn hatte es ziemlich amüsant gefunden – sie und Stella liebten sich in dieser kleinen, vollgestopften Wohnung mit den kahlen Ziegelwänden, durch die der Lärm eines Restaurants drang, und der ganze Mayfair-Clan hatte nichts davon gewußt. Ich liebe dich, Darling.
    Stella war die einzige, der Evelyn Juliens Victrola je gezeigt hatte. Nur Stella wußte, daß Evelyn es auf Juliens Befehl aus dem Haus in der First Street weggeholt hatte. Julien, der Geist, der immer in ihrer Nähe war, wenn sie sich ihn vorstellte – wie sich sein Haar anfühlte, die Berührung seiner Haut.
    Nach seinem Tod hatte sich Evelyn jahrelang heimlich in ihr Zimmer geschlichen und das Victrola aufgezogen. Sie hatte die Platten aufgelegt und den Walzer gespielt; sie hatte die Augen geschlossen und sich vorgestellt, wie sie mit Julien tanzte – so behende und anmutig trotz seines Alters, stets bereit, über die Ironie zu lachen, die in allen Dingen lag, stets geduldig angesichts der Schwächen und Irrtümer anderer. Und sie hatte den Walzer für die kleine Laura Lee gespielt.
    »Dein Vater hat mir diese Platte geschenkt«, hatte sie ihrer Tochter erzählt. Das Gesicht des Kindes war so traurig gewesen, daß es zum Weinen war. Hatte Laura Lee je das Glück gekannt? Frieden hatte sie gekannt, und vielleicht war das genauso gut.
    Konnte Julien das Victrola hören? War er wirklich durch seinen eigenen Willen an die Erde gebunden? »Dunkle Zeiten liegen vor uns, Evie. Aber ich werde nicht aufgeben. Ich werde nicht fromm zur Hölle fahren und ihn triumphieren lassen. Ich werde über den Tod hinausreichen, wenn ich kann, genauso, wie er es getan hat. Ich werde im Schatten blühen. Spiel das Lied für mich, damit ich es höre, damit es mich vielleicht zurückruft.«
    Stella war so verwirrt gewesen, als sie es Jahre später gehört hatte, während sie in dem kleinen Lokal im French Quarter Spaghetti aßen und Wein tranken und Dixieland hörten – Ev e lyns alte Geschichten von Julien.
    »Du warst es also, die das kleine Victrola genommen hat! Ah ja, ich erinnere mich – aber, Evie, ich glaube, den Rest bringst du ziemlich durcheinander. Er war immer so fröhlich, wenn er mit uns zusammen war. Bist du sicher, daß er solche Angst hatte? Ich entsinne mich natürlich noch, wie Mutter seine B ü cher verbrannte. Er war so wütend! So wütend. Und dann sind wir dich holen gegangen. Weißt du noch? Ich glaube, ich habe ihm erzählt, daß du in der Dachkammer in der Amelia Street eingesperrt warst. Aber danach war er glücklich, Evie, vor a l lem, als du dann anfingst vorbeizukommen. Glücklich bis zum Ende.«
    »Ja, glücklich«, hatte Evelyn erklärt. »Er war ganz richtig im Kopf, bis zu dem Tag, als er starb.«
    Vor ihrem geistigen Auge sah sie die Zeit vor sich. Sie packte die verfilzten, dornigen Ranken und kletterte die Stuckfassade hinauf, höher und immer höher. Oh, noch einmal so stark zu sein, und wäre es nur für einen Augenblick – das Rankengitter Sprosse um Sprosse zu erklimmen, mit den Fingern die Ra n ken zu umklammern, sich durch die nassen Blüten zu drä n gen, bis sie das Dach der Veranda im ersten Stock erreicht hatte, hoch oben über den Steinplatten, und Julien durch das Fenster auf seinem Messingbett liegen sah.
    »Evalynn!« Er hatte durch die Scheibe gespäht, sie willkommengeheißen und die Hände nach ihr ausgestreckt. All das hatte sie Stella nie erzählt.
    Evelyn war dreizehn gewesen, als Julien sie das erste Mal in dieses Zimmer geführt hatte.
    In gewisser Weise war dieser Tag der erste Tag ihres wahren Lebens gewesen. Mit Julien konnte sie sprechen, wie sie es mit anderen Leuten nicht konnte. Wie machtlos war sie in i h rem Schweigen gewesen, das sie nur ab und zu gebrochen hatte, wenn der Großvater sie schlug oder wenn die ändern sie anflehten – und dann hatte sie zumeist in Versen geredet. Ja, sie hatte eigentlich gar nicht geredet; sie hatte die Worte aus der Luft gelesen.
    Julien hatte ihre seltsame Lyrik hören wollen, ihre Prophezeiungen. Julien hatte Angst gehabt. Er hatte gewußt,

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