Tanz der Hexen
Gifford nur noch mehr Angst bekommen. Mit Tante Gifford konnte man über nichts reden.
Und jetzt, wo Monas Mutter die ganze Zeit ziemlich betrunken war, konnte man mit ihr auch nicht mehr reden, und die uralte Evelyn gab oft gar keine Antwort, wenn Mona mit ihr sprach. Freilich, wenn sie es tat, war sie mit hellwachem Geist dabei. »Mental durchaus auf der Höhe«, sagte ihr Arzt.
Mona würde nie vergessen, wie sie einmal darum gebeten hatte, das Haus besuchen zu dürfen, als es noch verfallen und schmutzig war und Deirdre in ihrem Schaukelstuhl auf der V e randa saß. »Ich hatte letzte Nacht einen Traum«, hatte sie zu ihrer Mutter und Tante Gifford gesagt. »Onkel Julien kam darin vor, und er hat gesagt, ich soll über den Zaun klettern, ob Ta n te Carlotta da ist oder nicht, und ich soll mich auf Deirdres Schoß setzen.«
Es hatte alles gestimmt. Tante Gifford war hysterisch geworden. »Du darfst nicht einmal in die Nähe von Cousine Deirdre kommen.« Und Alicia hatte gelacht und gelacht und gelacht. Die uralte Evelyn hatte sie nur beobachtet.
»Hast du bei deiner Tante Deirdre schon mal jemanden gesehen, wenn du bei ihr vorbeikamst?« hatte Alicia gefragt.
»CeeCee, wie kannst du nur!« hatte Gifford geschimpft.
»Nur den jungen Mann, der immer bei ihr ist.«
Da war Tante Gifford durchgedreht. Mona hatte jetzt regelrecht schwören müssen, daß sie sich von der First Street fer n halten und nie wieder einen Blick auf das Haus werfen würde. Natürlich hatte sie das nicht gekümmert. Sie ging weiter dort vorbei, wann immer sie die Gelegenheit dazu hatte. Zwei ihrer Freundinnen aus dem Heiligen Herzen wohnten ziemlich nah bei der Ecke First und Chestnut Street, und manchmal begleitete sie sie nach Hause, nur um einen Vorwand zu haben. Die beiden waren entzückt darüber, daß sie ihnen bei den Schu l arbeiten half, und sie tat es gern. Und sie erzählten ihr alles mögliche über das Haus.
»Der Mann ist ein Geist«, hatte ihre Mutter ihr vor Tante Gi f ford zugeflüstert. »Sag den anderen niemals, daß du ihn g e sehen hast. Aber mir kannst du es erzählen. Wie hat er ausgesehen?« Und dann war Alicia wieder in kreischendes Gelächter ausgebrochen, bis Gifford tatsächlich angefangen hatte zu weinen. Die uralte Evelyn hatte nichts gesagt, aber sie hatte die ganze Zeit zugehört. Man merkte an dem wachen Blick ihrer kleinen blauen Augen, daß sie zuhörte. Was, um Himmels willen, dachte sie wohl über ihre beiden Enkelinnen?
Gifford hatte Mona nachher beiseite genommen, als sie zu Giffords Wagen gegangen waren (Jaguar-Limousine, typisch Gifford, typisch Metairie). »Bitte glaube mir, daß es mir ernst ist, wenn ich sage, du sollst von da wegbleiben«, hatte sie gesagt. »Aus diesem Haus kommt nur Böses.«
Mona hatte versucht, es ihr zu versprechen. Aber es hatte sie nicht besonders interessiert; für sie war der Würfel gefallen. Schon da war ihr klar gewesen, daß sie alles über dieses Haus wissen mußte. Und jetzt, nach dem Streit zwischen R o wan und Michael, war es oberste Priorität: Sie mußte hinei n kommen und es selbst sehen.
Daß sie das Dokument der Talamasca auf Ryans Schreibtisch in der City gefunden hatte, hatte ihre Neugier nur verdreifacht. Die Akte über die Mayfair-Hexen. Sie hatte sie an sich genommen und war in eine Snackbar gerannt, um das ganze Ding zu lesen, bevor jemand merkte, was sie da tat; sie war nicht zu halten gewesen. Donnelaith, Schottland. Hatte die Familie nicht immer noch ein Anwesen dort? Oh, was für eine Geschichte. Die Einzelheiten über Antha und Deirdre waren natürlich ein echter Skandal. Nur über Michael und Rowan Mayfair hatte sie nichts Neues herausgefunden. Aaron Lightner hatte seine »Erzählung«, wie er es auf diesen Blättern nannte, abgebrochen, bevor er zur Geburt der »gegenwärtigen Auserwählten« gekommen war, um die Privatsphäre der noch lebenden Personen nicht zu verletzen.
Hmmm. Diese Talamasca-Leute waren erstaunlich. Und Tante Bea wird einen von ihnen heiraten, dachte Mona. Es war, als erfahre man, daß einem eine fette, saftige Fliege ins klebrige Netz gegangen war.
Daß Rowan Mayfair ihr durch die Lappen gegangen war, daß Mona nicht einmal fünf Minuten allein mit ihr hatte verbringen können, das war eine Tragödie, die unter WS/MONA/PLEITE abzuspeichern war.
Aber Mona hatte den starken Eindruck gehabt, daß Rowan Angst vor der Macht gehabt hatte, die sie womöglich besaß, genau wie die anderen Angst hatten.
Nun, Mona machte
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