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Tanz der Kakerlaken

Tanz der Kakerlaken

Titel: Tanz der Kakerlaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Harrington
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gegen –«
    Junker Hank kicherte. »Ja, ja, mir hat er auch mal was von dem Zeug gegeben. Ich sage dir, es wirkt. Aber was soll jemand in meinem Alter damit anfangen? Wenn ich's recht bedenke, du wirst es wohl brauchen können, wenn du mit diesem Mädel reden mußt, von dem ich dir die ganze Zeit erzähle, Laetitia Dingletoon, sagt sie, ist ihr Name. Willst du mit ihr reden?«
    Sein Vater war wirklich schrecklich neugierig. Was hatte er jetzt wieder gefragt? Ob Sam den Ginseng selbst probiert hatte? »Aber klar«, sagte er.
    Sein Vater blickte ihn verwundert an. »Dann beißt du besser gleich ein großes Stück ab«, sagte der ältere Ingledew und hielt dem jüngeren die Ginsengpille hin. »Hier«, sagte er. »Iß, ISS!«
    Sam hörte ein Wort, das erste Wort, das er seinen Vater hatte sprechen hören. Ein Befehl: »Iß!« Obwohl er nicht begriff, warum sein Vater darauf bestand, wußte er, daß der Ginseng, als er letzte Nacht ein Stück davon probiert hatte, ihn in eine Art beschwingte Wärme versetzt hatte, was vielleicht schon Sinn und Zweck der ganzen Übung war. »Mach ich, wenn du mitißt«, sagte er zu seinem Vater, nahm einen Biß und gab es zurück.
    »Vielleicht werde ich's auch brauchen«, meinte sein Vater und nahm einen kleinen Bissen, »wenn ich zurück nach unten gehen und diesem Mädel erklären muß, daß sie raufkommen und ihre Verwandtschaft bei dir selbst geltend machen soll.«
    Sam wünschte, er könnte seinen Vater hören. Möglicherweise schlug sein Vater vor, daß sie den Ginseng zusammen essen sollten und sich beide in beschwingte Wärme versetzen, so daß es ihnen leichter fiele, sich wie gute Freunde, und nicht bloß wie Vater und Sohn, zu verhalten. Sam war kurz davor, seinem Vater zu gestehen, daß sein Gehör nicht mehr funktionierte, aber wenn er das täte, hätte es ohnehin keinen Zweck mehr, sich noch weiter mit seinem Vater zu unterhalten. In der Hoffnung auf schnelle Berauschtheit nahm er einen weiteren, größeren Bissen von dem Ginseng. »Es hat einen recht merkwürdigen Geschmack«, bemerkte er, »Findest du nicht auch? Weniger wie Essen, eher wie eine Arznei.«
    Dieser Kommentar führte zu keiner weitergehenden Kameradschaft. Sein Vater schien aufbrechen zu wollen. »Nun, es ist deine Uhr«, sagte Junker Hank zu seinem Sohn, »und ich werde dir keine Vorschriften machen, wie du dein Leben zu leben hast. Aber wenn ich du wäre, würde ich diesem Mädel ihre Ideen, hier einziehen zu wollen, schon austreiben.« Junker Hank gab Sam einen spielerischen Klaps auf den Hinterkopf und sagte: »Also gut, ich schick sie zu dir rauf. Tu nichts, was ich nicht auch tun würde, hörst du? Harhar.«
    Nein, er hörte nicht. Junker Hank ging von dannen. »Bis dann, Dad«, rief Sam hinterher, ein bißchen enttäuscht, daß der Besuch so kurz gewesen war und so wenig zur Vertiefung der Beziehung zwischen den beiden Ingledews beigetragen hatte. Irgendwann demnächst, sagte sich Sam, werde ich ihm einfach erzählen müssen, daß ich taub bin.
     
    13.
    Und natürlich, sie war so nervös, daß sie gleich unfreiwillig ein Pheromon-Molekül ausscheiden würde. So wie bei dem Versuch, ein Rülpsen oder Niesen zu unterdrücken, bewirkte die ängstliche Anspannung das Gegenteil, und das duftende Pheromon entwich und wehte wie ein posaunender Herold ihr voran in die Uhr.
    Von den drei möglichen Eindringlingen in die Uhr – Skorpion, Vater, fremdes Mädchen – schien Sam letzteres am meisten zu fürchten, trotz der Ginsengwurzel, von der er den dritten und größten Bissen im selben Augenblick in den Mund stopfte, als das Molekül seine Schnüffelruten entlangzutanzen begann.
    Das Innere der Uhr überwältigte Tish. Alle Teile der Uhr bewegten sich, einige rasch, andere kaum wahrnehmbar, aber sie waren alle in Bewegung, während verschiedene Zahnräder und Getriebeteile, die in Carlott herumlagen, allesamt starr und leblos waren. Es war ihr unmöglich, das ganz leichte Zittern der Hauptfeder vom Beben ihres eigenen Herzens zu unterscheiden.
    Als der erste Schock des heranstürmenden Pheromons seine Schnüffelruten gelähmt hatte, gebrauchte Sam seine Augen und erblickte in nächster Nähe, viel zu dicht vor sich, ein Weibchen seiner eigenen Art: ein vollentwickeltes Mädchen, mit langen kräftigen Beinen, die sechs sehr hübsche Häkchen an den Tibiae trugen, mit muskulösen Schenkeln und wohlgeformten Trochantern, mit kleinen zierlichen Arollen und sorgfältig manikürten Unguien. Ihr Gesicht war,

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