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Tanz der Kakerlaken

Tanz der Kakerlaken

Titel: Tanz der Kakerlaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Harrington
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obwohl momentan starr vor Furcht, das eines reizenden Mädchens vom Lande, von lieblicher Schönheit, mit der ganz leisen Andeutung eines lebhaften Temperaments: Der Schaft der Schnüffelrute saß etwas tief in seiner Fassung und traf sicher und fest, aber doch mit einem etwas schelmischen Ausdruck, auf den Pedicellarien. Ihr Mund besaß volle Paraglossae, die auf vielsagende Weise von ebenmäßigen Galeae bedeckt wurden, während das breite Labrum mit Kühnheit und Bestimmtheit zum Clypeus emporragte. Sam war sich sicher, gleich in Ohnmacht zu fallen, entweder durch ihren Anblick oder eine Überdosis Ginseng, oder beides.
    Tish hatte Bauchschmerzen. Sie hatte heute nacht nichts gegessen, hatte aber das Gefühl, sich jeden Augenblick übergeben zu müssen, nicht vor Übelkeit, sondern vor Aufregung. Und daß Junker Sam Ingledew – denn um ihn handelte es sich eindeutig, gut aussehend, wie alle ihre Freundinnen ihn immer schwärmerisch beschrieben hatten – sie ansah, als sei sie etwas, was eben aus einem Loch im Boden gekrochen war, half absolut nicht. Das Kaminsims zur Uhr hinaufzukriechen war anstrengend gewesen, aber sie war so würdevoll wie möglich eingetreten.
    Einige Augenblicke verstrichen. Da ihr nichts Besseres einfiel, fragte sie: »Sind Sie Junker Sam Ingledew?«, was ihr im selben Moment töricht vorkam, fast als hätte sie den Mann gefragt: »Sind Sie der Mann?«
    Es war das erste Mal, daß eine andere weibliche Person als seine Mutter mit ihm gesprochen hatte, und selbst wenn er sie gehört hätte – was nicht der Fall war –, hätte er nichts zu sagen gewußt.
    »Ich hab Ihren Daddy dort unten getroffen«, fuhr sie fort und fragte sich gleichzeitig, ob sie wohl zu geschwätzig war. »Er sagte, er wäre Junker Hank Ingledew, und er ist wohl Ihr Daddy, wenn Sie Junker Sam Ingledew sind, aber das müssen Sie wohl sein, wenn das hier Ihre Uhr ist. Ich meine, Sie sehen aus wie Junker Sam Ingledew, obwohl ich Sie noch nie gesehen habe, aber Sie sehen genauso aus, wie ich Sie mir vorgestellt habe!« Ihr ging die Luft aus, und sie mußte innehalten.
    Sam brachte zwei Worte heraus: »Wie bitte?«
    Tish holte tief, sehr tief Luft, so viel, wie ihre sechzehn Tracheen einsaugen konnten, und wiederholte Wort für Wort, was sie gesagt hatte. Aber Junker Sam sah sie nur unverwandt an, als wäre sie etwas, was ihm unter der Sohle klebte.
    Zeigte der Ginseng Wirkung? Sam gelang es, fünf ganze Wörter herauszubringen: »Ich höre nicht sehr gut.« Er wackelte mit seinen Schwanzreifen, wie um zu demonstrieren, daß sie, obwohl in ihrer sensorischen Funktion beeinträchtigt, physisch noch intakt waren.
    »Oh«, sagte sie und sah zu, wie er mit den Schwanzreifen wackelte. Sie waren süß. Sie trat näher an die eine heran, bildete mit den Fühlern einen Trichter um ihren Mund und schrie: »HALLO! ICH BIN DIE TISH!«
    Sam fuhr zurück. »So taub bin ich auch wieder nicht«, sagte er. Dann fiel ihm ein zu fragen: »Weißt du denn nicht, daß Knackerlaken keinen Zutritt zum Parthenon haben … außer uns Ingledews natürlich?«
    Tish ließ den Kopf hängen und murmelte: »Ja, ich weiß.« Dann hob sie die Stimme und versuchte zu erklären.
    Sam versuchte zuzuhören. Irgend etwas über ihren Vater. Irgend etwas über ihre Mutter. Irgend etwas über ihre dreiundvierzig Brüder und Schwestern. Irgend etwas über eine Verwandtschaft, die sie geltend machen wollte. Ihm wurde klar, daß sie sich wie bei einem Verhör und nicht sehr gastfreundlich behandelt vorkommen mußte. Er griff hinter sich, wählte ein Stück aus seiner Sammlung und bot es ihr an. »Ein Stückchen Bienenstich?« fragte er.
    Ihre Taster sagten ihr, daß es eßbar war; sie schlang es hinunter und fand es mehr als eßbar: das Köstlichste, was sie je gegessen hatte. Aber fast im selben Moment beschlich sie die Furcht, die cremige Füllung könnte ein Klacks Affy-Dizzy aus seiner Rückendrüse gewesen sein, dazu bestimmt, sie zu verführen. Trotzdem entfuhr ihr ein anerkennendes »Mhmmmmmmm«.
    »Erdnußkrokant?« fragte er. Sie kostete. Er bot ihr Kostproben verschiedener seiner auserlesenen kleinen Happen an. Eine Krume von einem Choco-Crossie schien sie ganz besonders zu berauschen.
    »So was Gutes hab ich noch nie gegessen«, sagte sie, vor Genuß seufzend.
    Er führte sie durch die Gänge zwischen seinen Stapeln von Eßwaren, zeigte und beschrieb ihr jedes Exemplar, bot ihr Kostproben an. Sie war ja so empfänglich für seine Gaben. Er war von sich

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