Tanz der seligen Geister (German Edition)
klirrten in kochendem Wasser, und immer wieder war zwischen zwei Stühlen ein Gazetuch gespannt, durch das aus dunkelblauen Trauben Saft für Gelee geseiht wurde. Ich bekam verschiedene Aufgaben, saß am Tisch und schälte Pfirsiche, die in heißes Wasser getaucht worden waren, oder schnitt mit brennenden und tränenden Augen Zwiebeln klein. Sobald ich fertig war, rannte ich aus dem Haus, außer Hörweite, bevor meiner Mutter einfiel, was ich als Nächstes tun sollte. Im Sommer hasste ich die heiße, dunkle Küche, die grünen Rouleaus und die Fliegenfänger, den alten Wachstuchtisch, den welligen Spiegel und das hubbelige Linoleum. Meine Mutter war zu müde und beschäftigt, um mit mir zu reden, sie hatte keine Lust, vom Abschlussball des Lehrerseminars zu erzählen; Schweiß rann ihr übers Gesicht, und sie zählte ständig im Flüsterton, zeigte dabei auf Gläser oder gab Tassen voll Zucker an etwas. Für mein Gefühl war die Arbeit im Haus endlos, langweilig und außerordentlich deprimierend, die im Freien und im Dienst meines Vaters getane Arbeit hingegen ein Ritual von elementarer Bedeutung.
Ich schob die Wassertonne zur Scheune, in der ihr Platz war, und hörte meine Mutter sagen: »Warte, bis Laird ein bisschen größer ist, dann wird er dir eine richtige Hilfe sein.«
Was mein Vater sagte, konnte ich nicht hören. Mir gefiel die Art, wie er dastand und zuhörte, höflich wie gegenüber einem Vertreter oder einem Fremden, aber mit einem Ausdruck, als wolle er mit seiner richtigen Arbeit weitermachen. Ich fand, meine Mutter hatte hier unten nichts zu suchen, und ich wollte, dass auch er so dachte. Was meinte sie mit dem über Laird? Er war niemandem eine Hilfe. Wo steckte er denn immer? Schaukelte, bis ihm schlecht wurde, rannte im Kreis oder versuchte, Raupen zu fangen. Blieb nie so lange da, bis ich mit allem fertig war.
»Und dann kann ich sie mehr im Haus einsetzen«, hörte ich meine Mutter sagen. Sie hatte eine tonlose,bedauernde Art, über mich zu sprechen, die mich immer beklommen machte. »Ich brauche bloß den Rücken zu kehren, und schon läuft sie fort. Es ist, als hätte ich überhaupt kein Mädchen in der Familie.«
Ich ging und setzte mich auf den Futtersack in der Ecke der Scheune, denn ich mochte mich nicht sehen lassen, solange dieses Gespräch weiterging. Meiner Mutter, hatte ich das Gefühl, konnte man nicht trauen. Sie war sanfter als mein Vater und ließ sich leichter an der Nase herumführen, aber man konnte sich nicht auf sie verlassen, und die wahren Gründe für die Dinge, die sie sagte und tat, blieben ein Geheimnis. Sie liebte mich und saß bis spät in der Nacht auf, um mir für den Schulanfang ein Kleid in der schwierigen Machart, die ich mir wünschte, zu nähen, aber sie war auch meine Feindin. Sie schmiedete ständig Pläne. Jetzt plante sie, mich mehr ans Haus zu binden, obwohl sie wusste, dass ich es hasste ( weil sie wusste, dass ich es hasste), und mich davon abzuhalten, für meinen Vater zu arbeiten. Für mein Gefühl tat sie das aus reiner Bosheit und als Machtprobe. Es kam mir nicht in den Sinn, dass sie einsam oder eifersüchtig sein könnte. Kein Erwachsener konnte das je sein, dafür waren sie zu sehr im Glück. Ich saß da und stieß mit den Hacken in monotonem Rhythmus gegen den staubenden Futtersack und ging erst wieder hinaus, als sie fort war.
Jedenfalls nahm ich an, mein Vater würde dem, was sie sagte, keinerlei Beachtung schenken. Wer konnte sich vorstellen, dass Laird meine Arbeit tat – dass Laird immer an das Vorhängeschloss dachte und die Wassernäpfe mit einem Blatt am Ende eines Stockes reinigte oder auch nur die Wassertonne hereinkarrte, ohne sie umzukippen? Das zeigte, wie wenig Ahnung meine Mutter davon hatte, wie alles in Wirklichkeit war.
Ich habe vergessen zu erzählen, womit die Füchse gefüttert wurden. Die blutige Schürze meines Vaters hat mich daran erinnert. Sie wurden mit Pferdefleisch gefüttert. Zu jener Zeit hielten die meisten Farmer noch Pferde, und wenn eins zu alt zum Arbeiten wurde oder sich ein Bein brach oder sich hinlegte und nicht mehr aufstand, wie sie es manchmal taten, dann rief der Besitzer meinen Vater, und der fuhr zusammen mit Henry mit dem Lieferwagen zu der Farm. Meistens erschossen und zerlegten sie das Pferd dort und bezahlten dem Farmer zwischen fünf und zwölf Dollar. Wenn sie schon zu viel Fleisch vorrätig hatten, brachten sie das Pferd lebend an und hielten es ein paar Tage oder Wochen lang in unserem
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