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Tanz der seligen Geister (German Edition)

Tanz der seligen Geister (German Edition)

Titel: Tanz der seligen Geister (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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Sie konnte sie ausziehen und sich nur im Schlüpfer hinsetzen, aber Mrs. Gannett könnte sie rufen und sofort brauchen. Sie trat ans Fenster und schaute die Straße hinauf und hinunter. Die Straße verlief in einem Halbrund, einer breiten, flachen Kurve ohne Bürgersteige; Alva hatte das Gefühl gehabt, ein wenig aufzufallen, als sie ein oder zwei Mal dort entlanggegangen war; man sah nie jemanden zu Fuß gehen. Die Häuser standen weit auseinander, weit von der Straße zurückgesetzt, hinter glänzenden Rasenflächen, Steingärten und Zierbäumen; in dieser Gegend hielt sich außer den chinesischen Gärtnern nie jemand in den Vorgärten auf; die Gartenmöbel, die Schaukeln und Gartentische standen in den Gärten hinter den Häusern, die von Hecken, Mauern und pseudorustikalen Zäunen umgeben waren. Die Straße war heute Nachmittag von parkenden Autos gesäumt; aus den hinteren Gärten waren Gesprächsgeräusche und viel Gelächter zu hören. Trotz der Hitze hatte der Tag hier oben nichts Verschwommenes; alles – die weiß verputzten Steinhäuser, die Blumen, die pastellfarbenen Autos – sah hart und glitzernd aus, präzise und perfekt. Weit und breit war nichts Inakkurates zu sehen. Wie auf einem Reklamefoto strahlte die Straße eine beinahe aggressive helle Sommerfröhlichkeit aus; Alva fühlte sich davon geblendet, von dem Gelächter, von den Menschen, deren Leben mit dieser Straße in Verbindung stand. Sie setzte sich auf einen harten Stuhl vor einem altmodischen Kinderpult – alle Möbel in diesem Zimmer stammten aus anderen Zimmern, die neu eingerichtet worden waren; es war der einzige Ort im Haus, wo Dinge zu finden waren, die nicht zueinander passten, sowie Dinge aus Holz, die nicht groß, niedrig und fahl waren. Sie schrieb einen Brief an ihre Familie.
    … und die Häuser, auch alle anderen, sind einfach riesengroß und meistens ganz modern. Im Rasen wächstüberhaupt kein Unkraut, ein Gärtner bringt jede Woche einen ganzen Tag damit zu, alles zu jäten, was bereits vollkommen ordentlich aussieht. Ich finde diese Leute ziemlich dämlich, wie sie sich anstellen mit ihrem perfekten Rasen und solchen Sachen. Sie gehen schon ab und an raus und trampeln darauf herum, aber es ist ziemlich kompliziert, und alles muss aufs Tüttelchen sein. So halten sie es mit allem, was sie tun und treiben.
    Macht euch keine Sorgen, ich bin nicht einsam oder geknechtet und all so ein Dienstmädchenzeug. Das würde ich mir von niemandem gefallen lassen. Außerdem bin ich eigentlich kein Dienstmädchen, es ist nur für den Sommer. Ich fühle mich nicht einsam, warum auch? Ich beobachte alles voller Interesse. Mutter, natürlich kann ich nicht zusammen mit ihnen essen. Sei nicht albern. Es ist überhaupt nicht wie mit einer Aushilfe. Außerdem esse ich lieber allein. Wenn Du Mrs. Gannett einen Brief schreibst, würde sie gar nicht wissen, wovon Du redest, und mir macht es nichts aus. Also tu’s nicht!
    Ich finde außerdem, es wäre besser, wenn Marion sich an meinem freien Nachmittag mit mir in der Stadt trifft. Ich hätte es nicht gern, wenn sie hierherkommt. Ich bin nicht sicher, wie Verwandte von Dienstmädchen hier wirken. Natürlich geht es klar, wenn sie unbedingt will. Aber ich weiß eben nicht immer, wieMrs. Gannett reagieren wird, und ich versuche, gut mit ihr auszukommen, auch wenn ich mir nichts von ihr gefallen lasse. Sie ist aber ganz in Ordnung.
    In einer Woche brechen wir zur Georgian Bay auf, und natürlich freue ich mich darauf. Ich werde jeden Tag baden können, sagt sie (Mrs. Gannett) und …
    Ihr Zimmer war wirklich zu heiß. Sie legte den unvollendeten Brief unter das Löschblatt auf dem Pult. Ein Radio lief in Margarets Zimmer. Sie ging den Flur hinunter zu Margarets Tür, in der Hoffnung, dass sie offen stand. Margaret war nicht ganz vierzehn; der Altersunterschied machte andere Unterschiede wett, und es war gar nicht so schlecht, mit ihr zusammenzusein.
    Die Tür stand offen, und auf dem Bett ausgebreitet lagen Margarets Petticoats und Sommerkleider. Alva hatte nicht gewusst, dass sie so viele besaß.
    »Ich packe die nicht alle ein«, sagte Margaret. »Ich weiß, das wäre verrückt. Ich schaue mir nur an, was ich habe. Ich hoffe, meine Sachen gehen einigermaßen«, sagte sie. »Ich hoffe, sie sind nicht zu …«
    Alva befingerte die Kleidungsstücke auf dem Bett und hatte große Freude an den zarten Farben, an den glatten kleinen Oberteilen, sorgfältig von Abnähern geformt, den Petticoats

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