Tanz der Sinne
Menschenopfer entworfen.
Kit mußte das ebenfalls erraten haben, denn ein Schauer durchfuhr sie. Zum Glück gab es keine Spur von Kira. Falls sie als Opfer irgendeines barbarischen Rituals auserkoren war, hatte es noch nicht stattgefunden.
Kit wich zurück und zeigte nach unten. Kira mußte auf derselben Ebene sein, auf der die Zeremonie stattfand. Nach einem letzten Blick auf die bizarre Szene folgte Lucien den anderen, die zur Treppe zurückkehrten und weiter abwärts gingen.
Die Treppe endete im nächsten Geschoß. Diesmal gab es drei Gänge, einen geradeaus, einen nach links und einen nach rechts. Ohne zu zögern betrat Kit den mittleren Gang. Kerzen brannten in Nischen entlang der Wände und beleuchteten Teufelsmasken, die in den weichen Kalkstein gemeißelt worden waren. Sie waren beunruhigend lebendig und glänzten schweißig von der Feuchtigkeit, die die Wände ausschwitzten.
Während sie Kit folgten, begann Lucien zu hoffen, daß es ihnen gelingen würde, Kira zu befreien, ohne die Jünger zu alarmieren. Das war der sicherste Weg, obwohl Lucien bedauerte, keine Chance zu haben, es dem arroganten Bastard, der für die Entführung verantwortlich war, heimzuzahlen. Er tröstete sich mit dem Gedanken, daß der Lauf der Gerechtigkeit damit höchstens etwas verzögert wurde. Aber er würde dafür sorgen, daß ihr Genüge geschah.
Kit ging ein paar Meter vor ihm, ohne nach links oder rechts zu sehen. Die zwei anderen waren hinter ihnen und beobachteten ihre Umgebung aufmerksam. Lucien sah, daß vor ihnen ein Streifen dunklerer Steine über den Boden lief.
Darin verborgen waren Löcher von mehreren Zentimetern Durchmesser. Der dunkle Streifen zog sich die Wände hinauf und verlief weiter über die Decke. Während er sich noch fragte, wozu er diente, trat Kit auf einen der dunklen Steine.
Der Stein bewegte sich knirschend, und Chaos brach aus.
Kapitel 36
Dumpfe Glocken begannen zu läuten, und der Gang füllte sich mit ohrenbetäubendem Lärm. Kit erstarrte und fuhr herum, um herauszufinden, was passiert war.
Lucien hörte ein Quietschen und sah nach oben.
Ein schweres Eisengitter begann, sich durch einen Schlitz in den dunklen Steinen herabzusenken –
und Kit stand direkt darunter. Er schrie ihren Namen und warf sich nach vorn, um sie aus dem Bereich der spitzen Eisenstäbe wegzubringen. Sie stürzte zu Boden, und er fiel auf sie.
Mit einem Poltern, das im Gang widerhallte und Steinsplitter von der Decke niederrieseln ließ, krachte das Gitter zu Boden. Irgend etwas streifte seinen rechten Knöchel, und als er sich umsah, merkte er, daß er nicht weit genug gesprungen war, um dem Gitter zu entgehen.
Durch reines Glück lag sein Bein genau zwischen zwei Gitterstäben. Ein paar Zentimeter weiter rechts oder links und es wäre durchbohrt und an den Boden genagelt worden. Jetzt war sein Fuß in dem engen Zwischenraum zwischen Fußboden und unterem Balken gefangen.
Die Glocken läuteten noch, und in der Höhle bellte eine wütende Stimme: »Eindringlinge. Sucht sie!«
Zum Teufel! Lucien riß seinen Fuß los und sprang taumelnd auf. Wenn sich das Fallgitter nicht heben ließ, saßen Michael und Jason in der Falle.
Michael hatte die Gefahr bereits erkannt. Er stemmte sich gegen das Gitter und schüttelte den Kopf. »Das Ding kriegen wir nie hoch. Ihr müßt ohne uns weiter.« Gelassen nahm er den Karabiner von der Schulter und spannte den Abzug. »Travers und ich werden mit der Meute schon fertig.«
Kit war aufgestanden und starrte die Männer entsetzt an. Lucien ergriff ihren Arm. »Wir können nichts tun. Mach dir keine Sorgen, sie sind bewaffnet. Unsere Aufgabe ist es, Kira zu finden.«
Kit schluckte und nickte. Dann drehte sie sich wieder um. »Sie ist ganz nahe.«
Der Gang bog nach links ab. Fünfzig Meter weiter teilte er sich in vier engere, vielfach gewundene Tunnel. Kit blieb stehen und starrte dieses neue Hindernis an.
Lucien fragte: »Hast du eine Ahnung, welchen Gang wir nehmen müssen?«
Bevor sie antworten konnte, erklangen hinter ihnen Schüsse und Schmerzensschreie. Kit umklammerte seinen Arm. »0 Gott, das klang wie Jason! Wir müssen zurück und ihnen helfen.«
»Ich glaube nicht, daß er das war.« Er runzelte die Stirn. »Und ich will verdammt sein, wenn ich dich in einen Gang gehen lasse, in dem Kugeln herumschwirren.«
»Dann geh allein«, drängte sie. »Ich bleibe hier.
Wenn du nicht am Fallgitter vorbeikommst, kannst du wenigstens durchschießen.«
Neue Schüsse und noch
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