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Tanz der Sinne

Tanz der Sinne

Titel: Tanz der Sinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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stieg Strathmore ein und schlug die Tür zu. Die Kutsche setzte sich augenblicklich in Bewegung.
    Als das Gerüttel Kit gegen die Wand des Gefährtes schleuderte, wuchs ihre Angst zu heller Panik. Bei all ihren unwahrscheinlichen Zusammentreffen hatte sie nie wirklich geglaubt, daß Strathmore ihr etwas antun würde, aber jetzt fragte sie sich, ob sie sich gründlich geirrt hatte.
    Von einer Sekunde auf die andere war sie eine Gefangene. So schnell, so einfach. Er konnte sie heute nacht ermorden und ihren Körper in die Themse werfen. Falls ihr Verschwinden jemals untersucht wurde, konnte er sagen, daß sie eine wundervolle Nacht miteinander verbracht hatten und er sie bei vollkommener Gesundheit verlassen hatte. Niemand würde das Wort eines so feinen, aufrechten Herrn bezweifeln, der mit solcher Eleganz log.
    Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, und sie biß sich auf die Lippen, bis sie Blut schmeckte. Sie hatte sich noch nie so hilflos gefühlt, einem Mann derartig ausgeliefert. Verzweifelt suchte sie nach der Kraftquelle, die sie bisher nie im Stich gelassen hatte.
    Als sie sie fand, senkte Ruhe sich über ihr Entsetzen. Sie war nicht alleine. Dir Atem ging tiefer, und ihre Angst ließ nach, bis sie wieder denken konnte. Sie mußte stark sein, dem Mann, der sie entführt hatte, ebenbürtig.
    Sie schloß die Augen und erfand eine neue Rolle für sich: die einer weltgewandten, erfahrenen Schauspielerin, die vor nichts Angst hatte. Als sie glaubte, überzeugend sein zu können, öffnete sie die Augen und sagte kühl: »Machen Sie so etwas regelmäßig, Mylord?«
    »Nicht direkt«, erwiderte er ebenso kühl, »aber in diesem Fall erschien es mir angebracht, da die fragliche Person offenbar außerstande ist, die Wahrheit zu sagen.«
    »Meine Ehrlichkeit oder der Mangel daran gehen Sie nichts an.« Ihre harten Worte wurden von einem Satz der Kutsche unterbrochen, der sie hilflos gegen die Polster warf. Ohne Arme war es unmöglich, das Gleichgewicht zu behalten.
    Strathmore packte ihre Schultern und lehnte sie wieder in ihre Ecke, wo sie sich vor den Bewegungen der Kutsche schützen konnte.
    »Bedenken Sie, daß Lucifer der Prinz der Lügner ist – das dürfte mir die Oberhand über Sie geben«, sagte er, während er sich in die Kissen zurücklehnte. »Sie sind eine meiner ergebensten Anhängerinnen.«
    »Das könnte Ihnen so passen«, sagte sie grob.
    »Mein ergebenster Wunsch ist, Ihnen aus dem Weg zu gehen.«
    Endlich zahlte sich ihr Kampf aus, und es gelang ihr, sich aus dem Cape zu befreien. Als sie es von sich warf, sagte er: »Ich würde Ihnen raten, das anzubehalten. Die Tür auf Ihrer Seite ist verschlossen, da kommen Sie also nicht hinaus, und es ist recht kühl heute abend.«
    Zum Teufel mit ihm, er hatte recht: es war bitterkalt, und ihr Zigeunerinnenkostüm war nicht gerade warm. Sie hüllte sich wieder in das Cape.
    Dabei prüfte sie verstohlen nach, ob der Kutschenschlag auf ihrer Seite tatsächlich verschlossen war. Mit einem Seufzer lehnte sie sich in ihre Ecke und zog das Cape enger. Die schwere Wolle verströmte den schwachen, herben Geruch seines Rasierwassers. »Wohin bringen Sie mich?«
    »Zum Essen. Wer so schwer arbeitet wie Sie da auf der Bühne, muß schrecklichen Appetit haben.«
    Die Antwort war so nüchtern, daß sie beinahe gelacht hätte. Ihre Angst ließ weiter nach. »Sie haben recht – nach der Vorstellung bin ich immer halbverhungert. Aber warum haben Sie mich nicht einfach zum Essen eingeladen? Ich mag es nicht, wenn Männer so mit mir umspringen.«
    »Nein?« sagte er mit beißendem Sarkasmus.
    »Wie ich höre, haben Sie einige Erfahrung damit.«
    Sie keuchte und antwortete dann: »Noch einmal, was geht Sie das eigentlich an? Sie sind mit mir weder verwandt noch verheiratet, und Sie haben kein Recht, ein Urteil über meine Handlungen zu fällen.«
    »Das tue ich auch nicht«, sagte er kühl.
    »Genaugenommen bin ich entzückt, von den Fesseln der Konvention befreit zu sein. Es war ziemlich schwierig, mir zu sagen, daß Sie eine anständige Frau sind. Jetzt kann ich stärkere Mittel anwenden.«
    »Wenn Sie vorhaben, mich zu verführen, fangen Sie Ihre Sache sehr schlecht an«, sagte sie steif.
    Bevor er antworten konnte, hielt die Kutsche, und ein Diener öffnete den Schlag. Strathmore stieg aus und half ihr mit äußerster Höflichkeit aus der Kutsche, so, als sei sie ein geehrter Gast und keine Gefangene.
    Als Kit ausstieg, merkte sie, daß sie vor dem Clarendon standen. Offenbar

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