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Tanz der Sinne

Tanz der Sinne

Titel: Tanz der Sinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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machten; sein Lebenswerk war so flüchtig wie kalte Asche.
    Er versuchte, sein Unglück zu mildern, indem er sich seine Freunde und Familie ins Gedächtnis rief, aber er ließ es sofort wieder. Er fühlte sich zu beschmutzt, um ihres Andenkens würdig zu sein.
    Was würde Jane denken, wenn sie ihn so sah? Bei diesem Gedanken drehte sich ihm der Wagen um, und er schmeckte bittere Galle auf der Zunge.
    Wenn er so weitermachte, verlor er den Verstand.
    Er unterdrückte seine rasenden Gedanken und zwang sie zurück in das tiefe Verlies seiner Seele, wo sie ihm nichts anhaben konnten.
    Als er einen äußerlichen Anschein von Fassung wiedererlangt hatte, öffnete er die Augen. Lola lag neben ihm auf der Liege, schläfrig und selbstzufrieden. Er konnte sich nicht dazu überwinden, sie zu berühren, aber er machte die Bemerkungen, die Männer in derlei Situationen machten, dankte ihr und pries ihre Fähigkeiten.
    Ihr Bericht an Mace und Nunfield sollte unauffällig sein, das war alles, was zählte. Nicht wahr?
    Sobald er konnte, verließ er die billige Schlampe und den widerlichen Raum. Ein Jammer, daß er seinem eigenen Gewissen nicht ebenso leicht entfliehen konnte.

Kapitel 16
    Als Lucien endlich wieder daheim ankam, war es heller Nachmittag, und er war es zum Sterben leid, den Wüstling zu spielen. Als allererstes nahm er ein langes, heißes Bad, als könne er die geistige Verunreinigung der Orgie so von sich abspülen.
    Zwar hätte er einen ruhigen Abend mit seinen mechanischen Objekten vorgezogen, aber es war der Abend von Lady Grahams Salon, und so mußte er sich wieder auf den Weg machen. Er tröstete sich mit dem Gedanken, daß eine Dosis intelligenter Konversation seine Depression vertreiben würde, selbst wenn er nichts über Cassie James erfuhr.
    Als er Lady Grahams riesiges Haus betrat, begrüßt6 die Gastgeberin ihn mit holdem Lächeln.
    »Lucien, was für eine freudige Überraschung. Ich habe Ihren boshaften Humor vermißt.«
    Er gab ihr einen flüchtigen Kuß. »Ich bin schon viel zu lange nicht mehr hiergewesen. Ich kann mir gar nicht denken, was so wichtig gewesen sein soll, daß es mir keine Zeit für Erfreuliches gelassen hat.«
    Lady Graham warf ihm einen wissenden Blick zu.
    »Wahrscheinlich war es wirklich wichtig, und ganz und gar nichts, worüber Sie sprechen möchten.
    Kommen Sie, lassen Sie sich die anderen Gäste vorstellen. Eine gute Mischung. Sie kennen viele hier, aber ich garantiere Ihnen, daß Sie ein paar interessante neue Gesichter entdecken werden.
    Meine blaustrümpfige Freundin Lady Jane Travers zum Beispiel. Ich kenne sie seit meinem Debüt vor dreißig Jahren. Sie bewegt sich sonst nicht in modischen Kreisen, und Sie haben sie vermutlich nie kennengelernt. Sie hat einen sehr skurrilen Witz und entschiedene Ansichten darüber, wie das Land regiert werden sollte. Halten Sie nach einer großen, rothaarigen Frau Ausschau.«
    »Das klingt wie eine leibhaftige Amazone.
    Vermutlich ist sie eine Anhängerin von Mary Wollstonecraft Godwin?«
    Lady Grahams Brauen hoben sich.
    »Selbstverständlich, wie jede intelligente Frau.
    Und Sie auch, Sie verkappter Radikaler. Sie haben sich einmal einen ganzen Abend lang mit einem Tory um die Gleichberechtigung der Frauen gestritten, also versuchen Sie nicht, mich hinters Licht zu führen.«
    Er lachte. »Ich hätte wissen müssen, daß Sie das nicht vergessen haben.« Während seine Gastgeberin ihn in den Salon geleitete, fragte er beiläufig: »Kommt diese Schauspielerin, Cassie James, je hierher?«
    »Nein, aber ich würde mich freuen, wenn sie es täte«, erwiderte Lady Graham. »Ich hab’ sie in irgendeinem Zigeunerstück im Marlowe gesehen –
    ein sehr talentiertes Mädchen. Wir werden bestimmt noch von ihr hören.« Sie bemerkte einen jungen Mann, der etwas verloren herum, stand, und winkte ihn heran. »Mr. Haines, hier ist jemand den ich Ihnen vorstellen möchte.«
    Nachdem sie die beiden Männer miteinander bekanntgemacht hatte, überließ Lady Graham Lucien sich selbst und begrüßte einen neuen Gast.
    Mr. Haines erwies sich als aufstrebender Poet, der die Verdienste von Byrons neuem Gedicht Der Corsar erörtern wollte. Da Lucien es nicht gelesen hatte und keine allzuhohe Meinung von Byrons selbstherrlicher Dichtkunst hatte, war ihr Gespräch von kurzer Dauer.
    Lucien verbrachte die nächste Stunde damit, sich durch den Raum zu bewegen und zuzuhören. Die Gesprächsthemen variierten von hitzigen Diskussionen über Zar Alexanders Politik über

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