Tanz der Sinne
scharf und prüfend. Schließlich nickte er. »So sei es.« Er drehte sich um und entzündete ein Feuer in einem steinernen Becken, das auf dem Altar stand. Der beißende Geruch von brennenden Kräutern mischte sich unter den Weihrauch.
Die folgende Zeremonie war keine schwarze Messe, sondern eine eigenartige Mischung aus heidnischen und blasphemischen Elementen, unheimlich und ironisch zugleich. Mace sprach lateinische, französische und englische Sätze, und der Rhythmus seiner Worte wob einen geheimnisvollen Schleier von Mysterien.
Der Rauch wurde dichter, und Lucien wurde schwindlig. Er vermutete, daß die brennenden Kräuter Belladonna und Bilsenkraut enthielten.
Die aromatische Mischung erzeugte einen Zustand gesteigerten Bewußtseins, der es leicht machte zu glauben, daß hier übersinnliche Kräfte beschworen wurden. Er zwang sich, im Geiste Notizen zu machen und daher unbeteiligt zu bleiben. Es war ihm lieber so, Gotteslästerung war nicht sein Stil.
Auf dem Höhepunkt des Rituals rief Mace: »Du bist einer der Unseren!« Er tauchte seine Finger in einen schwarzen Kelch und besprengte Lucien in einer Parodie der Taufe mit pechgeschwängertem Brandy. »In der Bruderschaft der Höllenhunde sei unser neues Mitglied unter dem mystischen Namen Lucifer bekannt.«
»Willkommen, Lucifer!« intonierten die Mönche.
Mace drehte sich um und warf eine Handvoll Puder iß das Feuer auf dem Altar. Violette Flammen schossen zur Decke empor, und Rauch wirbelte in alle Richtungen. Über dem Altar verdichtete er sich zu einer bedrohlichen Gestalt, als sei der Teufel erschienen. Die Luft in der Kapelle knisterte vor Spannung.
Mace hob die Arme und bellte etwas Unverständliches. Die diabolische Gestalt löste sich auf und damit die Spannung, die die Umstehenden ergriffen hatte.
Lucien mußte zugeben, daß die rauchige Erscheinung ein guter Effekt war. Er traute sich zu, sie ihm Laufe der Zeit reproduzieren zu können. Offenbar wandte Mace seine technischen Fähigkeiten auf anderes an als nur seine obszönen Spielzeuge.
Mace senkte die Arme, und das fanatische Glühen wich aus seinen Augen. »Kommt Brüder, jetzt laßt uns tafeln.«
Ein Mönch schob einen schwarzen Vorhang beiseite und enthüllte einen Gang, der in den Bankettsaal führte. Augenblicklich wich die feierliche Atmosphäre fröhlichem Stimmengewirr, und die Höllenhunde strömten in die Halle und machten es sich auf den Bänken im römischen Stil, die die Wände säumten, bequem.
Als Lucien zögerte, zeigte Mace ans Kopfende des Raumes. »Setzen Sie sich zu mir, Lucifer.« Er ließ sich auf seine eigene Bank fallen. »Wie gefällt Ihnen die Zeremonie?«
»Eindrucksvoll«, sagte Lucien wahrheitsgemäß, während er sich auf den Ledergurten niederließ.
»Ganz sicher nicht so simpel wie die Teufelsverehrung des alten Höllenfeuerclubs. Es muß langer Nachforschungen bedurft haben, eine derartig einmalige Mischung aus klassischen, christlichen und heidnischen Bräuchen zusammenzustellen.«
»Ich wußte, daß Sie die verschiedenen Bedeutungsebenen zu schätzen wissen. Nicht alle unsere Mitglieder sind so gebildet.« Amüsement blitzte in seinen Augen. »Selbstverständlich muß man dem Teufel seine Schuldigkeit tun, aber schlichter Satanismus ist zu banal, nichts weiter als eine Umkehr christlicher Bräuche. Es ist wesentlich verlockender, seine eigene Religion zu erfinden.«
Er beschrieb seine Nachforschungen, als ein Reigen von Sklavinnen in die Halle wirbelte. Ihre durchscheinenden Seidengewänder enthüllten jede bezaubernde Kurve. Nur ihre Gesichter waren hinter üppigen Federmasken verborgen.
Nunfield lag auf der anderen Liege neben Lucien.
Als die Dienerinnen eintraten, sagte er: »Der heutige Abend ist türkisch. Ich persönlich ziehe es vor, wenn die Weiber als Nonnen verkleidet sind –
die Kutten überlassen alles der Phantasie. Aber viele unserer Brüder ziehen das Überdeutliche vor.« Er winkte einer der Dienerinnen. Die Frau beugte sich vor und goß Wein in ihre Gläser. Ihre üppigen Brüste bebten unter dem Schleier, der ihren Körper umwehte.
»Entzückende Geschöpfe, nicht?« Wohlwollend tätschelte Mace ein rundes Hinterteil. Die Frau kicherte rauh und rieb sich an seiner Hand.
»Roderick ist für die Mädchen zuständig, und er hat einen ausgezeichneten Geschmack.«
»Sind sie Professionelle?« fragte Lucien, wenig überrascht, daß Roderick der Oberkuppler war.
»Die meisten, aber nicht alle.« Mace lächelte lüstern. »Ein
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