Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
Antwort doch schon.« Der Liebe Mann klang jetzt etwas ungeduldig.
»Axis’ Geliebte. Faraday ist die einzige, deren Schmerz seine Konzentration lange genug stören kann, um mir Gelegenheit zu geben, ihn zu vernichten.«
»Ja, ganz recht, Axis’ Geliebte«, bestätigte der Lehrer. »Nur die Liebe ist das Werkzeug, mit der er besiegt werden kann. Ihr habt die Weissagung wohl gelernt.«
Faraday, dachte der Zerstörer, ich muß sie unbedingt in meine Hand bekommen.
Der Dunkle saß nur da und verfolgte die Gedankengänge, die sich auf der Miene seines Schülers widerspiegelten. Gorgrael würde seine Aufgabe erfüllen. Schon bei früheren Gelegenheiten hatte er seinen Wert bewiesen. Aber er mußte unbedingt lernen, seine Ungeduld im Zaum zu halten.
»Ihr geht zu rasch und unbesonnen vor«, tadelte der Lehrer ihn unvermittelt.
»Aber wieviel länger hätte ich denn noch warten sollen? Meine Armee war stark, meine Zauberkräfte befanden sich in voller Entfaltung, und Axis wußte noch wenig über seine wahre Bestimmung, über seine Fähigkeiten. Der Moment zum Zuschlagen erschien doch ideal.«
»Ihr hättet noch ein Jahr warten sollen. Bis Euch mehr Skrälinge und mehr Eiskreaturen zur Verfügung gestanden hätten, um Euren Willen durchzusetzen. Ihr hättet warten sollen, bis Eure Herrschaft über Eure Geschöpfe vollkommen gewesen wäre!« Der Dunkle hatte sich vorgebeugt und seine Stimme wurde unerbittlich, er streckte sogar einen Finger gegen seinen Schüler aus. »Nun habt Ihr wohl Ichtar erobert, ja, aber bis zum Einbruch des nächsten Winters könnt Ihr nicht weiter vordringen. Und bis dahin formieren sich die Kräfte, die Euch entgegenstehen. Vor sechs Monaten noch wußte Axis nichts von seiner Aufgabe. Aber dank Eures voreiligen Angriffs haben alle Hauptdarsteller in diesem kleinen Drama die Bühne betreten. Nun hat Axis das Lügengespinst zerrissen, das der Seneschall um ihn gewoben hat, und saugt die Lehren von Sternenströmer in sich auf wie ein trokkener Schwamm Wasser. Ihr habt durch Eure Hast den Sternenmann erweckt, Gorgrael, und in der Folge davon Eure eigene Stellung so sehr geschwächt, daß Ihr vorerst nichts gegen ihn unternehmen könnt!«
Der Zerstörer wandte den Blick von dem Dunklen ab und versank in Nachdenken. »Ich werde trotzdem siegen.« Glaubte der Liebe Mann das etwa nicht?
»Aber ja«, entgegnete jedoch der Dunkle. »Das werdet Ihr ganz gewiß. Vertraut mir nur.«
8 D ER B RUDERFÜHRER SCHMIEDET P LÄNE
Die silberfarbenen geheimnisvollen Wasser des Gralsees schlugen träge an die Fundamente der weißen Wände des siebzehnseitigen Turms des Seneschalls. Tief in seinem Innern lief Jayme, der Bruderführer des Seneschalls und damit Vermittler zwischen dem göttlichen Willen von Artor dem Pflüger und den Herzen und Seelen der Achariten, nervös in seinem Gemach auf und ab.
»Gibt es denn noch immer nichts Neues?« fragte er Gilbert schon zum vierten Mal an diesem Nachmittag.
Ein Feuer brannte im Kamin aus grüngeflecktem Marmor hinter dem Schreibtisch des Kirchenführers. Das Holz war hoch aufgeschichtet, und der helle Feuerschein schimmerte in all dem Kristall und Gold, das sich auf dem Sims befand. Vor dem Kamin lag ein kostbarer Teppich aus handgewebter smaragdgrüner und elfenbeinweißer Seide, der aus den ebenso exotischen wie heißen Ländern südlich von Koroleas stammte. Das Privatgemach des Bruderführers war wirklich mit einigem Luxus ausgestattet.
»Jayme«, begann Gilbert, einer seiner Assistenten und Berater. Er verbeugte sich ehrerbietig und schob die Hände in die weiten Ärmel seines Gewandes. »Die einzigen Nachrichten, die uns aus dem Norden erreichten, stammen aus Herzog Bornhelds Lager bei Jervois. Euer Axtherr wurde danach zuletzt gesehen, als er heulend und schreiend seine arg dezimierten Axtschwinger nach Norden führte, um die Skrälinge von der Feste Gorken fortzulocken.«
Der Bruderführer runzelte kurz die Stirn, als der junge Mönch von Axis als »Eurem Axtherrn« sprach. Gilbert hatte den Krieger nie sonderlich gemocht und fühlte sich in seiner Ablehnung bestärkt, seit die Meldungen von Axis’ abscheulichem Verrat an der Sache der Kirche im Turm eingegangen waren. Jayme fühlte sich davon noch so entsetzt, daß es ihm an der Kraft mangelte, den jungen Mönch für seine Worte zu tadeln.
»Ein Manöver, das aber von Erfolg gekrönt war, Bruder Gilbert«, wandte an seiner Stelle Moryson ein, Jaymes oberster Berater und seit vierzig Jahren sein
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