Tanz der Verführung
hatte, um ihn zu retten.
Blinzelnd versuchte sie, die Tränen zu verdrängen. »Geliebter Bruder, ich muss jetzt gehen«, wisperte sie an seine schmutzige Schulter gelehnt.
Als sie sich von ihm löste, schmiegte er sein Gesicht in ihr Haar, fast als wollte er sie küssen. »Bewahr die Brosche gut auf«, hauchte er ihr so leise ins Ohr, dass es kaum zu vernehmen war.
Erschrocken richtete sie sich auf, ihre Hände waren nass vor Schweiß. Sie sah ihn an, konnte gar nicht mehr wegsehen, doch er lächelte nur sanft und tat, als hätte er diese wenigen Worte niemals ausgesprochen. Doch das hatte er.
Bewahr die Brosche gut auf.
Warum? Warum war dieser kleine goldene Pfeil so wichtig? Rudd hatte geflüstert, damit Fane es nicht mitbekam. Es musste einen Grund dafür geben, weshalb Rudd nicht gehört werden wollte.
Als sie Fanes prüfenden Blick im Rücken spürte, wurde sie von Unruhe ergriffen, die sich wie ein Eisklumpen auf ihren Magen legte.
Trotz ihrer steifen Lippen gelang ihr ein Lächeln. Sie nickte Rudd noch einmal zu. »Wir werden uns bald wieder sprechen, mein Bruder.«
»Auf Wiedersehen, Rexana.«
Fane sah zu, wie die Wache die Zelle wieder verschloss, dann folgte er Rexana zur Treppe, die aus dem Kerker führte. Ihre Schuhe klapperten auf den unebenen Stufen, als sie hinaufeilte, und er betrachtete ihre sich herrlich wiegenden Hüften, hörte das vertraute Geräusch ihrer raschelnden Röcke. Dennoch fehlte etwas. Ein bitterer Geschmack wie der einer unreifen Zitrone stieg in ihm auf, und eine Stimme in ihm wisperte, dass er hintergangen worden war.
Doch er war hinter ihr gestanden, als sie mit ihrem Bruder sprach, hatte alles mit angehört. Er hatte sich jede Einzelheit gemerkt, genau wie damals, als man ihn in Ketten in Gazirs Palast geschleppt und ihn als Kriegstrophäe den Sarazenen vorgeführt hatte. Rudd hatte Rexana weder eine Nachricht zugesteckt, noch hatte er Worte oder Sätze ausgesprochen, die eine geheime Bedeutung zu haben schienen, die nur sie beide verstanden.
Rexana hatte das Ende der Treppe erreicht, riss den Kopf herum und sah den Flur entlang zum großen Saal. Das Fackellicht spielte auf ihrem geflochtenen Haar und ihren steifen Schultern. Sie zitterte wie eine Schlange, die sich versteckt hat, um im geeigneten Augenblick zuzubeißen. Doch er würde schon erfahren, was sich dort unten angebahnt hatte, das war seine Pflicht.
Noch bevor sie sich davonmachen konnte, sprang er die letzten Stufen hinauf, griff nach ihrem Arm und drückte sie an die Wand. Fluchend versuchte sie ihn fortzustoßen, doch er schob seine Hüfte vor, bis ihr Körper zwischen ihm und der Mauer gefangen war.
Rebellisch presste sie ihre Lippen aufeinander und sah zu ihm auf.
»Fane, lasst mich gehen.«
Er fuhr mit einer Hand an ihrem Haar herab und griff nach ihrem Zopf. »Ihr habt kein einziges Wort mehr mit mir gesprochen, seit wir Euren Bruder verlassen haben, meine kleine Feige.«
Wut sprühte aus ihren Augen. »Was gibt es da schon zu sagen? Ich ertrage es nicht, Rudd so zu sehen. Das ist ungerecht, unwürdig und …« Ihr Körper erschauderte.
Sanft drehte Fane ihren weichen, seidigen Zopf um seine Finger. »Freut es Euch denn gar nicht, dass ich ihm während Eures Besuchs die Ketten habe abnehmen lassen? Ihr wart sehr besorgt, trotzdem habt Ihr ihn gesund und munter angetroffen, er ist nicht gefoltert und nicht geschlagen worden.«
Rexana schluckte. »Natürlich bin ich froh darüber. Es war äußerst großzügig von Euch, und ich danke Euch für den Besuch. Aber das ändert nichts daran, dass er jetzt wieder in Ketten liegt und unschuldig gefangen ist.«
Eine Vorahnung befiel Fane. Sie hatte zwar genau das gesagt, was er erwartet hatte, aber nicht das, was er wissen wollte. Er drückte seine Lippen auf ihre Stirn und fragte beiläufig: »Und was beschäftigt sonst noch Euer hübsches Köpfchen?«
Gegen sie gepresst, konnte er spüren, wie ihre Brüste sich aufgebracht hoben und senkten. »Es gibt nichts, was ich Euch noch erzählen könnte.«
Er lächelte. »Immerhin tischt Ihr mir keine Lügen auf.«
»Nun, es gibt nichts zu erzählen. Ihr habt alles mit angesehen und gehört, als ich bei Rudd war.«
»Ach ja?«
Sie sah ihn wutentbrannt an. »Ja.«
Er zog sanft an ihrem Zopf, so dass sie den Kopf an die Wand lehnen, ihren weichen Hals entblößen und ihm ihre rosigen Lippen darbieten musste. Die Lust, die sie beide im Garten erfasst hatte, lebte wieder in ihm auf. Es würde einfach
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