Tanz der Verführung
Selbstvorwürfe. Sie hatte ihn verletzt. Doch was hatte ihn so betroffen gemacht? Welche Erinnerungen schlummerten in seiner Seele? Anscheinend hatte sie die Dämonen, die tief in ihm lauerten, zu neuem Leben erweckt.
Zögernd berührte sie seinen Arm. »Fane?«
Er stieß ihre Hand fort, schob das Brot beiseite und griff nach der Weinflasche. »Ich möchte nicht über meine Gefangenschaft sprechen. Und vergleicht niemals meine Erfahrungen mit denen Eures Bruders. Ich habe mich nicht gegen meinen König verschworen.«
»Rudd auch nicht.«
Fane schüttelte den Kopf und schien sich eine barsche Antwort zu verkneifen.
Anspannung schwebte zwischen ihnen in der Luft.
Anspannung, durchströmt von stürmischer Leidenschaft.
Selbst in diesem Augenblick spürte sie Verlangen nach ihm. Sehnsucht zerrte an ihr, ließ sie an ihrem Vorsatz, unberührt zu bleiben, zweifeln. Ließ sie vergessen, wer sie wirklich war und was sie sich geschworen hatte.
Ihr Magen verkrampfte sich schmerzhaft. Wie konnte sie Fane begehren, wo er es doch ablehnte, dass sie Rudd sah? Wie konnte sie bloß daran denken, sich Fane hinzugeben, in der Hoffnung, er würde seine Meinung ändern?
Sie schnaubte wütend und erhob sich.
»Habt Ihr genug gegessen, Liebste?«
»Ich habe keinen Hunger mehr.« Sie ignorierte den Wein, den er ihr anbot, schüttelte die letzten Krümel von ihrem Kleid und betrat die Wiese.
»Rexana.«
Mit dem Rücken zu ihm blieb sie zwischen einem Meer aus Gänseblümchen stehen.
»Ja?«
»Ich werde … über Eure Bitte nachdenken.«
Ihr Herz pochte heftig gegen ihre Brust. Freude und Erwartung ergriffen sie. Sie ballte die Fäuste in ihren zerknitterten Röcken und versuchte, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. »Ich danke Euch, teurer Gatte. Eure Überlegungen erfreuen mich.«
Eure Überlegungen erfreuen mich
.
Rexanas Worte wirbelten wie jagende Falken in Fanes Gedanken herum. Er blickte finster drein, legte seinen Kopf zurück und nahm einen kräftigen Schluck Wein. Das herbe Getränk rann seine Kehle hinab und brannte auf dem Weg in seinen Magen. Ein unangenehmes Gefühl. Doch zum Glück lenkte es ihn von seinen pulsierenden Lenden ab.
Ihr Wortgefecht hatte keinen Keil zwischen sie getrieben, wie Rexana vielleicht erwartet oder sogar geplant hatte. Es hatte nur dazu geführt, dass er Stück für Stück die Beherrschung verlor, mit der er seinen Hunger nach ihr mäßigen wollte. O Gott, nur ein hauchdünner Schleier trennte die Vergangenheit von der Gegenwart, trennte Beherrschung und gefährliche Absichten, Ärger und Verlangen.
Fast hätte er laut losgelacht. Welche Ironie des Schicksals: Da saß er zwischen den köstlichsten Speisen, und dennoch hungerte ihn, erfüllten ihn Sehnsucht und Verlangen.
Er blickte zu Rexana, die durch das Gras auf den Fluss zuschlenderte. Ihr üppiges honigbraunes Haar glänzte wie ein goldener Wasserfall im Sonnenlicht. Ihn juckte es in den Fingern, am liebsten hätte er in ihre seidigen Locken gegriffen und sie zu sich herabgezogen, zu sich umgedreht und ihren Kopf zurückgebogen. Er hätte sie am liebsten festgehalten und ihr mit seinen Lippen und seiner Zunge ganz genau gezeigt, was zum Teufel ihn erfreute.
Er scheuchte eine Mücke beiseite, nahm einen weiteren Schluck und konnte seinen Blick nicht von ihr wenden. Ihr Körper wiegte sich bei jedem Schritt, eine natürliche Bewegung, als spürte sie instinktiv den Rhythmus des Windes, der durch das Gras strich. Mit derselben Anmut hatte sie sich bewegt, als sie mit Schleiern und Glöckchen im nebligen Rauch für ihn getanzt hatte.
Ein Schauder ergriff ihn. Wenn er die Augen schloss, lebte die erregende Erinnerung wieder in ihm auf, sah er wieder ihren geschmeidigen Leib, der sich neigte, drehte und wiegte, und erblickte den Ausdruck völliger Hingabe auf ihrem Gesicht.
Er beugte sich vor und sah ihr zu, wie sie nun zum steinigen Flussufer hinabstieg. Sie zögerte und lief dann zu den großen Steinen, die halb aus dem Wasser ragten. Angst stieg in ihm auf, doch er unterdrückte sie. Es wäre töricht, sich Sorgen um sie zu machen, wo sie doch sehr gut selbst auf sich achten konnte.
Nach einem weiteren Schluck setzte er die Flasche ab und begann, die Speisen wieder einzupacken. Nichts davon würde verschwendet werden. Erinnerungen an alte Frauen und Kinder, die auf den armseligen orientalischen Märkten um Essensreste bettelten, verfolgten ihn noch immer in seinen Träumen. Diese Reste hier sollten die Bettler von
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