Tanz des Lebens
bewegte sie sich rückwärts. Ihr Pulsschlag ließ ihre Adern anschwellen und ihre innere Stimme schrie ihr immer lauter zu wegzulaufen, solange noch Zeit dazu blieb. Aber sie hatte keine Chance.
In der Ewigkeit eines Wimpernschlags zog Quin den Dolch aus dem Sandsack heraus, drehte sich in einem Salto in Lichtgeschwindigkeit durch die Luft. Sie fühlte das Adrenalin durch ihren Körper schießen, als er lautlos hinter ihr zum Stehen kam. Eine Sekunde später fand sie sich an seinen harten Körper gepresst wieder, von seinen Armen umschlungen und an ihrem Hals die Klinge des Dolches. Geschockt starrte sie auf die von der Sonne reflektierende silberne Klinge. Jetzt kam sie sich idiotisch vor.
Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Der Junge würde gleich über sie herfallen und ihr vielleicht auch noch etwas anderes, etwas Grausameres antun, dachte sie erschrocken, als sie das wütende Grollen aus seiner Kehle hinter sich vernahm. Sie merkte, wie eine Gänsehaut ihren Rücken hinunterlief. Ängstlich kniff sie ihre Augen zusammen und riss sie erst wieder auf, als sie seine schneidende Stimme hörte. »Was, zum Teufel, machst du hier?«, fuhr er sie zornig an. Er packte sie so hart an der Hüfte, dass sie noch enger gegen seinen muskulösen Körper prallte.
»Oh Gott! Du hast du mich erschreckt«, wisperte sie.
»Ja, das war auch der Sinn der Sache. Also noch mal: Was willst du hier?«
»Ich suche die Noyee-Brüder. Man hat mir gesagt, dass das hier ihr Haus ist und sie mir helfen können«, erwiderte sie spitz und versuchte sich energisch aus seinem barbarischen Griff zu befreien. Er hob ruckartig den Kopf und bedachte sie mit einem ungläubigen Blick.
»Warum … Hast du etwa Lust auf einen asiatischen Kamasutrakurs?«, fragte er mit einer Stimme, die vor Sarkasmus triefte. »Ich wusste nicht, dass du auch zu den gelangweilten High-School-Girlies gehörst, als ich dich auf dem Spielfeld sah. Warum bist du nicht mit deinen Freunden zusammen? Es ist Wochenende. Geht ihr Freitagabends nicht immer auf irgendwelche Tanzpartys?«
»Dasselbe könnte ich dich fragen«, schoss sie wütend zurück. »Vielleicht bin ich aus demselben Grund hier wie du. Ich bin lieber allein.«
»Allein mit einem Feind!«, vollendete er ihren Satz.
Verunsichert hob Faye den Kopf von der Dolchspitze und bemerkte aus den Augenwinkeln den wütenden Ausdruck auf seinem Gesicht. Die Hand, die ihre Taille umschlang, brannte auf ihrem Bauchnabel und ihre Haut kribbelte dort, wo er sie berührte. Unvermittelt ließ er sie los und sie prallte unsanft gegen die steinharte Hausmauer.
Plötzlich stand Quin direkt vor ihr, blitzschnell stütze er beide Arme neben ihrem Körper an die Wand und hinderte sie so am Weglaufen. Kampfbereit reckte sie ihr Kinn vor und verlor sich in seinen aufgebracht funkelnden samtschwarzen Pupillen. »Das hier ist Privatbesitz«, raunte er ihr zu. »Also verschwindest du am besten gleich wieder. Hier gibt es keine asiatischen, freundlichen Brüder, die dir bei was auch immer helfen werden.«
»Quin! Lass das Mädchen los.«
Hinter seinem breiten Rücken hörte Faye ein Rascheln und zuckte erschrocken zusammen. In dem sie blendenden Sonnenschein konnte sie nur schattenhafte Umrisse ausmachen, die sich schnell auf sie zubewegten. »Hör auf und lass sie endlich los, Quinton!« Die unbekannte Stimme klang energisch. »Also gut. Du hast zehn Minuten, um von hier zu verschwinden.« Quins Stimme war rasiermesserscharf, als er hart ihren Arm packte und sie zu sich heranzog.
Sie zuckte bei seinen kalten Worten zusammen. Danach lockerte er seinen Griff und ließ langsam die Hand mit dem Dolch sinken. Wachsam bewegte er sich ein paar Schritte rückwärts, lehnte sich gegen die Balustrade und ließ sie nicht aus den Augen. Zitternd lehnte Faye sich gegen die Hauswand.
Verlegen senkte sie den Blick und versuchte ihren bebenden Körper unter Kontrolle zu bekommen. Als sie endlich ihren Kopf hob, bemerkte sie vor sich einen weiteren Jungen. Er war etwas kleiner und schmächtiger als Quin, hatte dieselben dunklen Haare, die er jedoch kurz geschnitten trug, und karamellfarbene Augen, die sie freundlich hinter seinen Brillengläsern hervor musterten.
»Hey, alles in Ordnung mit dir?«, fragte er besorgt.
Als sie verunsichert nickte, trat er vorsichtig auf sie zu. Hinter ihm tauchte Lukes Haarschopf auf. Sie bemerkte, dass der Fremde ihn hierher auf die Veranda geführt haben musste, denn jetzt löste Luke seine Finger von seinem
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