Tanz des Lebens
sie jetzt im Hochsommer reichlich Umsatz mit dem Verkauf von Angelausrüstungen, Boots- und Surfbrettvermietungen. Das Büro war in einer Holzhütte untergebracht, wie alle Läden und Restaurants der Fisherman’s Wharf. Als Faye die Tür des hellblau gestrichenen Shops öffnete, erklang das gewohnte Glockenspiel über ihrem Kopf. »Faye?«
Sie fuhr herum und erblickte ihn hinter dem Verkaufstresen. Überrascht ließ er die Angelhaken, die er in der Hand hielt, fallen und kam hinter dem auch in einem fröhlichen blau gestrichenen Tresen hervorgeeilt. Einladend breitete er seine Arme aus und Faye stürzte sich jauchzend hinein. Randy Delany war ihr bester Freund – und ihre erste große Liebe. Seit sie im letzten Sommer die klar gezogene Grenze von "Nur-Freunde-Sein" überschritten hatten, wusste Faye, dass er fabelhaft küssen konnte.
Aber beide hatten sie nach drei Wochen traurig gemerkt, dass es mehr als nur eine Schwärmerei, gemischt mit einer kurzfristigen sexuellen Anziehung bedurfte, um die Linie zwischen Freundschaft und der wahren, wirklichen Liebe zu überschreiten. Seitdem war er wieder ihr allerbester Freund. Zum ersten Mal seit Tagen fühlte Faye sich wieder sicher und ließ es zu, dass Randy sie fest an seinem Oberkörper drückte. Sie verstanden sich ohne viele Worte. Randy war nie ein großer Redner gewesen, aber seit dem ersten Tag ihres Kennenlernens bestand er darauf, ihr ritterlicher Beschützer zu sein.
Später war er der vernünftigere, immer im Voraus planende Typ geworden, auf den sich sowohl Faye, als auch alle anderen Freunde ihrer Clique verließen. »Schön, dich wiederzuhaben«, murmelte Randy sanft, bevor er sie in seinen Armen hochhob und ausgelassen umherdrehte. Zustimmend nickte Faye und erkannte gleichzeitig erstaunt, wie sehr er sich verändert hatte. Normalerweise hatte er immer leicht schlaksig, ungelenk und eckig in seinen Bewegungen gewirkt. Aber dieser Sommer schien ein Sommer der Veränderungen zu sein.
So bemerkte sie zu ihrer Verwunderung, dass er noch mehr in die Höhe geschossen war und nunmehr fast einen Kopf größer war als sie selbst. Mit seinen blonden Locken, den blauen Augen und seiner von den täglichen Bootsausflügen braungebrannten Haut sah Randy jetzt wie ein Mann aus und hatte keinerlei Ähnlichkeit mehr mit dem schlaksigen Teenager-Jungen von früher.
Der Wind vom offenen Fenster spielte sanft mit seinen Haaren und ein verträumter Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Ihn mochte Faye von ihren Freunden am meisten. Sie liebte es, wenn er mit seiner leisen melodischen Stimme alte Seemannsgeschichten erzählte. Er war ein bisschen schüchtern, genauso wie sie selbst, und in vielen Dingen waren sie der gleichen Meinung.
»Na, wenn das kein toller Fang ist. Statt Sardinen ist meinem Sohn zur Abwechslung eine bezaubernde Nixe ins Netz gegangen.« Kichernd wand sich Faye aus Randys Umarmung und drehte sich zu dem weißhaarigen Mann mit dem wettergegerbten Gesicht um, der eben hereinkam.
»Guten Tag, Mr Delany.«
»Hallo, kleine Faye.« Er blinzelte ihr fröhlich zu, zupfte im Vorbeigehen an ihrem Zopf und fügte brummend hinzu: »Du hast einen alten Seebären erlöst. Es ist ziemlich anstrengend, ein ganzes Jahr lang mit ständigen Fragen, wie es dir wohl geht, überschwemmt zu werden.«
»Was …?«
Doch bevor Faye seine geheimnisvolle Aussage hinterfragen konnte, griff Randy energisch nach ihrer Hand und zog sie mit leicht geröteten Wangen aus dem Laden.
Am Tisch wurde Randy von Jhonfran mit einem kumpelhaften Schulterschlag begrüßt, bevor dieser weiter über die Vorzüge des Shaolin-Kung Fus erzählte. Faye setzte sich neben Randy auf den Stuhl und musste schmunzeln. Die gleichaltrige Holly Tucker war neben Zoe ihre allerbeste Freundin. Mit ihr konnte man stundenlang simsen und über alles außer über ernsthafte Dinge reden. Ihre schlanke Erscheinung mit den hellblauen Augen und dunkelblonden Locken, die ihr locker über die Schulter fielen, war sie ein Anziehungspunkt für sämtliche Jungs in der Umgebung.
Aber Faye kannte sie in und auswendig: Sie war lieb, verrückt nach Jungs und ohne eigene Meinung. Sie weigerte sich beharrlich an Übernatürliches, wie zum Beispiel Zoes Fähigkeiten, zu glauben und war gerade schwerverliebt in Jhonfran. Der 17jährige war halb Burmese, halb Kolumbianer. Muskulös, durchtrainiert mit einem olivfarbenen Hautton. Die kurzen dunkelblonden Haare stylte er immer nach oben hoch.
Dunkle Augen blitzten in
Weitere Kostenlose Bücher