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Tanz des Lebens

Tanz des Lebens

Titel: Tanz des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Balcaen
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schrillen Klang ihrer eigenen Stimme wach wurde. Panisch setzte sie sich auf und starrte an sich herunter. Ihre Hände und Arme waren wieder von dunkelroten Malen übersät. In ihrem Aufkeuchen zerschnitt ein Geräusch die Stille. Ruckartig schnellte ihr Kopf hoch; dann stürzte sie wie von Furien gehetzt durch das Zimmer und knallte das Fenster zu.
    Atemlos wischte sie sich mit der Hand die klatschnassen Haare aus dem Gesicht, warf sich zurück aufs Bett und presste ihr Kissen auf ihren zitternden Mund. Ihr Herz hämmerte wie verrückt in ihrer Brust, als sie hochsah und das Antlitz des schwarzen Raben sah.
    Unbeweglich saß er auf dem herabhängenden Ast des Kirschbaumes und starrte sie aus kohlschwarzen, seelenlosen Augen an. Mit Schrecken erkannte Faye, dass es nun auch bei ihr begann. Das war die erste Stufe. Der Ice Whisperer hatte von ihren Träumen Besitz ergriffen – und wenn nicht ein Wunder geschah, waren Luke und sie bald verloren.
    In ihren Gedankengängen schreckte sie erneut unvermittelt hoch. Mit fahrigen Bewegungen schmiss sie ihre Bettdecke zur Seite und rannte mit nackten Füßen über die Holzdielen. Geräuschlos öffnete sie die Tür; danach atmete sie erleichtert auf. Die Fenster von Lukes Schafzimmer waren alle geschlossen. Leise ging sie zu seinem Bett hinüber.
    Seine Pupillen zuckten nervös unter seinen blauschimmernden Lidern und er wälzte sich unruhig hin und her – aber immerhin schlief er. Erleichtert holte Faye Luft und strich ihm zärtlich über sein kurzes Haar. Er war noch lange nicht gerettet. Sie hatte zwar ein Siegel von ihm übernommen, aber ihm blieben immer noch zwei, und der Black Mager, der hinter ihm her war, würde es wieder versuchen, ohne Zweifel. Es war nur ein kurzer Zeitaufschub.
    Nachdenklich betrachtete Faye ihren Bruder – und dann fasste sie einen folgenschweren Entschluss. »Ich lasse dich nicht sterben«, flüsterte sie in die Dunkelheit. Auf Zehenspitzen schlich sie hinaus. Als sie leise die Tür zuzog, dachte sie an die Moongadawnacht und ihr Versprechen.

15

    Pier 39
     
    A m nächsten Morgen hatte sich die alptraumhafte, sturmgepeitschte Nacht in einen strahlenden Sommertag verwandelt. Durch die geöffnete Terrassentür wehte ein warmer Wind. Verspannt lehnte Faye am Türrahmen und atmete tief die süße, vom Rosenduft getränkte Luft ein. Als sie den Kaffeebecher an ihre Lippen setzte, hoffte sie, dass dadurch ihre Lebensgeister etwas erwachten; sie fühlte sich müde und zerschlagen.
    Die ersten, zarten Sonnenstrahlen kitzelten auf ihrem Gesicht und tauchten die Blumenrabatten und die Palmen des Gartens in ein honigfarbenes Licht. Unter der üppigen, grünen Blätterkrone des knorrigen Teichbaums hingen dicke, rotbäckige Äpfel, auf die sich ein Schwarm Kolibris mit fröhlichem Zwitschern stürzte. Es war erst kurz nach neun und trotzdem hing schon eine drückende Schwüle in der Morgenluft.
    Langsam blickte sich Faye in der Küche um. Der Holztisch, an dem ihr Bruder saß, war liebevoll gedeckt. Neben einer Vase mit Wildblumen stand ein Krug mit frisch gepresstem Orangensaft neben einem Körbchen, aus dem der verführerische Duft selbstgebackenen Brots aufstieg. Auch Lukes heißgeliebtes Schokinimüsli hatte Mrs Duval nicht vergessen.
    Zum ersten Mal war Faye der Haushälterin dankbar, dass sie sich nicht an die Abmachung gehalten hatte, nur einmal in der Woche nach dem Rechten zu sehen. Hartnäckig bestand sie darauf, sich wenigstens jeden Morgen um ihr Frühstück zu kümmern. Es klopfte an der Tür. »Ich geh schon«, rief die Haushälterin ihr über die Schulter zu.
    »Guten Morgen, Mrs Duval.«
    Randy lachte sie verschmitzt an und strich sich dabei über sein sonnenblondes Haar. »Ich habe Zoe mitgebracht. Sind Faye und Luke schon wach?«
    »Ja, wir sind hier, kommt rein«, rief Luke betont fröhlich aus der Küche. Lachend schoben sich die beiden in die sonnendurchflutete Diele. Schnuppernd hob Randy den Kopf. »Mmmh, ich rieche gebratenen Speck und Rühreier. Na, wenn das kein toller Empfang ist.« Er kam in die Küche, küsste Faye auf die Wange und setzte sich neben sie auf den freien Stuhl. Zoe umarmte sie und entschuldigte sich für ihren ungeplanten Überfall.
    »Wie geht es dem schönsten Mädchen unter der kalifornischen Sonne?« Doch bei einem Blick in ihr Gesicht bereute er seine flapsigen Worte sofort. Er sah sie stirnrunzelnd an und hob mit den Fingern ihr Kinn an. »Geht es dir nicht gut? Du siehst grauenvoll aus mit diesen

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