Tanz des Lebens
Wind, der die leise plätschernden Wellen des Pazifiks an das sandige Meeresufer wehte. Als das warme Wasser sanft ihre Beine umschlang, hatte sie das Flüstern des Meeres gespürt, das sie in eine tröstende Umarmung hüllte. Mitten in ihre Erinnerungen hinein ertönte ein lauter Pfiff, der Faye zurück in die Realität katapultierte. Als sie sich umdrehte, entdeckte sie Randy, der ihr aufgeregt zuwinkte.
Mittlerweile waren sie schon wieder in Ufernähe. Das erinnerte sie an ihre Pflichten. Sie straffte die Schultern und ging auf die kleine Gruppe zu, die den Schnorchelkurs gebucht hatte. Mit flinken Griffen half sie den Teilnehmern in die Neoprenanzüge und versorgte sie mit den passenden Flossen. Nachdem sie die Filter der Schnorchel überprüft hatte, gab sie Randy das Ok-Zeichen.
»Wenn ihr im Wasser seid, taucht nicht zu nah ran«, ermahnte Randy die sechsköpfige Truppe, bevor sie sich ins Wasser gleiten ließen. »Die Männchen können ziemlich aufdringlich werden.«
Das Meer war flaschengrün, vereinzelnd dümpelte Seetang in der seichten Strömung und die aufgeraute Wasseroberfläche war jetzt spiegelglatt. Faye blieb als Wachposten zurück an Deck und beobachtete alles.
»Hey, ist es nicht traumhaft schön da draußen? Wie steht’s nachher mit einem Wettschwimmen, wenn wir frei haben, hast du Lust?«
»Ja, vielleicht.«
Zoe war unauffällig neben sie an die Reling getreten und drückte ihr einen dampfenden Kaffeebecher in die Hand. »Was ist los, bist du traurig?«
»Keine Ahnung, wie ich meine Gefühle beschreiben soll. Ich … nein … verdammt, mir geht im Moment nur so viel im Kopf rum, und ich fühle mich dabei so hilflos und zur Untätigkeit verdammt … Von allem etwas, würde ich sagen. Aber das hat nichts mit dir zu tun«, stieß Faye vor.
Nachdenklich betrachtete Zoe sie, bevor sie vorsichtig ihre Worte wählte. »Faye, ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber hat dein Problem vielleicht etwas mit zwei dunkelhaarigen attraktiven Jungen zu tun?«
Erschrocken zuckte Faye zusammen. Der heiße Kaffee schwappte über ihre Hand, als sie sich entsetzt zu Zoe umdrehte. Sie war sich hundertprozentig sicher, ihr nichts von Lukes Siegel und den Noyee-Geschwistern erzählt zu haben.«
Zoe zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Sorry, ich wollte dich mit dem Thema nicht überfallen. Wenn du keine Lust hast, darüber zu reden, ist es okay für mich. Sag mir einfach Bescheid, wenn es soweit ist.«
Mit einem Seufzen legte Zoe sanft eine Hand auf Fayes Schulter und betrachtete sie mit einem undefinierbaren Ausdruck. »Ich möchte mich nicht einmischen, aber einer von den beiden wird dir entsetzlich wehtun. Ich hatte Visionen. Aber die Visionen sind leider sehr widersprüchlich. Nur die Zeit bringt die Antworten. Aber eines habe ich ganz klar gespürt: Irgendetwas Schlimmes wird bald passieren. Ich konnte es fühlen.«
Keuchend schnappte Faye nach Luft. In der ganzen Aufregung und vor lauter Sorge um Luke hatte sie die hellseherischen Fähigkeiten Zoes komplett vergessen. Normalerweise war ihre beste Freundin immer die Erste, der sie ihre Sorgen und Nöte anvertraute, aber Liam hatte sie zur Verschwiegenheit ermahnt und sie hatte sich daran gehalten und musste es auch jetzt tun. Doch wie viel und was genau hatte Zoe in ihren Visionen gesehen?
Stirnrunzelnd nagte Faye an ihrer Unterlippe. Die gleichen Gedanken zu den beiden Jungen waren ihr auch schon durch den Kopf gespukt, aber sie hatte ihre Befürchtungen immer mit ihrer Angst um Luke verdrängt. »Hast du auch gesehen, ob Luke etwas zustoßen wird?«, fragte sie zaghaft.
»Ich weiß es noch nicht«, erwiderte Zoe zögernd. »Ich sehe ihn in meinen Visionen … auch die beiden Jungen. Aber die Bilder sind verschwommen, alle haben ihre Gedanken gebannt, sodass ich nicht in ihnen lesen kann. Ich spüre nur, dass einer von ihnen dich verletzen wird, aber wer es ist, kann ich nicht erkennen.« Es entstand eine kurze Pause.
Zoe hob den Blick zum Horizont und zerdrückte den leeren Pappbecher in ihrer Hand, bevor sie leise sagte: »Ich habe aber noch etwas anderes gesehen. Wenn wir wieder anlegen, wird Chief Tucker mit dir sprechen wollen.«
Faye sah sie ernst an und wartete auf weitere Erklärung, aber es kam keine. So wie sie ihre eigenen Gedanken für sich behielt, blieben ihr nun zum ersten Mal, seit sie sich kannten, auch Zoes Visionen verschlossen. Angespannt senkte sie den Kopf, als die Freundin wortlos zurück unter Deck verschwand.
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