Tanz des Lebens
Augenringen.«
»Danke, Randy, du verstehst es, einem Mädchen Komplimente zu machen.« Spielerisch boxte sie ihm in die Rippen. »Mach dir keine Sorgen. Ich habe nur schlecht geschlafen, das ist alles.«
»Bist du dir sicher?«, murmelte er. »Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.« Kichernd sah Randy sich gespielt suchend im Raum um, bis Luke schließlich beschützend eingriff.
»Randy, du bist wie immer ein hohler Schwachkopf. Lass diese blöden Fragen gefälligst. Dad ist für ein paar Tage verreist und Faye kümmert sich um mich.« Unterdessen lehnte Zoe still am Küchentresen und musterte die Freundin nachdenklich. Jetzt kam sie auf sie zu, stellte sich hinter Faye und massierte stumm ihren verkrampften Nacken, was Faye mit einem wolligen Seufzer quittierte. Mrs Duval erschien mit einer Pfanne würzig brutzelndem Speck am Frühstückstisch. »Setzt euch Kinder, sonst wird das Essen kalt.«
»Was treibt euch eigentlich zu so früher Stunde hierher«, fragte Luke zwischen zwei Bissen.
Mit einem schuldbewussten Grinsen angelte Randy über den Tisch nach der Marmelade. »Oh, das kann ich euch erklären«, erwiderte Zoe trocken und versetzte ihm dabei einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. »Mich hat er nämlich schon um sieben rausgeklingelt. Die zwei Praktikanten, die in den Semesterferien bei ihnen arbeiten, sind heute Morgen nicht erschienen. Aber ohne das vorgeschriebene Personal darf ihr Schiff nicht auslaufen.«
Kichernd hob sie die Hand an die Stirn und salutierte. »Darf ich vorstellen: Leichtmatrose Zoe meldet sich zum Dienst. Und du bist hiermit auch rekrutiert«, sagte sie, während sie ein Stück knusprigen Specks in ihren Mund schob. »Wir haben beide die entzückende Ehre, als Saftschubsen die hungrigen Touristen bei der heutigen Walbesichtigungstour zu bedienen.«
»Großartig«, murmelte Faye entgeistert und ignorierte Randys verlegenes Zwinkern. Nachdenklich biss sie sich auf die Lippen und dachte hektisch an ihre Pläne für den heutigen Tag. Jetzt war sie gezwungen, alles umzuschmeißen.
Der Küstenort Monterey war für seine spektakulären Whale-Watching-Touren bekannt. Die meisten Touristen ließen sich dieses einmalige Naturerlebnis nicht entgehen. Wo sonst hatte man schon die Möglichkeit, Wale so hautnah zu sehen? Darum begaben sich Randy, Zoe und Faye nach dem Frühstück eilig zum Hafen, wo Randys Vater Robert Delany schon mit seinem Boot Morning Glory auf sie wartete. Dankbar lächelte der alte Seebär sie an; er war noch nie ein Mann vieler Worte gewesen.
Glücklicherweise hatte Liam kurz vor der Abfahrt noch angerufen und Luke zum Training in die Academy eingeladen, sodass Faye eine Sorge weniger hatte, da Luke mit seinem gestörten Gleichgewichtssinn aufgrund seiner Blindheit, nicht seefest war. Nach den sonnigwarmen Temperaturen in ihrem geschützten Garten, empfing sie am Pier ein eisiger Wind. Es war saukalt, wie Zoe frei von der Leber von sich gab. Sogar ihre Kleidung, vorsorglich nach dem Zwiebelschalen-Prinzip, brachte nicht viel. »Oje, wie wird das nur enden?«, wisperte Zoe unheilsschwanger.
Der einzige Vorteil war, stellte Faye zähneknirschend fest, dass der kalte Nordwind ihr sofort sämtliche Müdigkeit aus den Knochen blies. Wenigstens ein Pluspunkt. Gleichzeitig blickte auch sie sorgenvoll auf das raue und wellige Meer. Um sich selber machte sie sich keine Sorgen. Randys Vater hatte sie schon im Kleinkindalter mit hinaus auf hohe See genommen.
Mit den Jahren war ihr vor Übelkeit grünes Gesicht der seetüchtigen Leichtigkeit eines hartgesottenen Matrosen gewichen. Insgeheim beschloss sie, alle Touristen, bevor sie das Schiff betraten, ein paar Tabletten einwerfen zu lassen, damit kein Unglück passierte. Etwas absurd mutete das Ganze sowieso schon an. Ihr Anlegersteg befand sich nur wenige Meter von dem berühmten Pier 39 entfernt.
Und die ungekrönte Hauptattraktion der Fisherman’s Wharf waren die Seelöwen dort. Diese räkelten sich auf den Stegen des Piers, unbeeindruckt von den Hunderten von Menschen, die sie permanent beobachteten und fotografierten. Eine tiefe Kaverne, die vom Meer her nur durch einen kleinen Zugang erreichbar war, diente den Seelöwen als Zuflucht.
Das Gebiet war großräumig abgezäunt, den Strand selbst konnte man nicht betreten – dies diente gleichermaßen dem Schutz der Tiere wie dem der Menschen. Denn See-Elefanten sind alles andere als ungefährlich. Trotzdem konnte man sehr nah an die Tiere
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