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Tanz des Lebens

Tanz des Lebens

Titel: Tanz des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Balcaen
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Burma und sämtliche Ausgrabungsgegenstände beschrieben habe. Das sind geheime Aufzeichnungen, die nicht einmal öffentlich bekannt geworden sind, und dieser Inhalt ist, verflucht noch mal, nicht für ein Kind bestimmt.«
    Nur kurz schoss es Mike in den Sinn, dass es vielleicht eine bessere Idee gewesen wäre, statt des Espressos lieber einen beruhigenden Kamillentee zu bestellen. »Violet, Schatz, das Kind ist erwachsen. Faye ist fast siebzehn, sie hat einen Führerschein und ist äußerst verantwortungsbewusst. Das betrifft sowohl Bücher, die sie sich ausleiht, als auch ihren Bruder, um den sie sich hingebungsvoll kümmert – und das schon seit vierzehn Jahren«, erinnerte er sie mit sanfter Stimme.
    »Aber jetzt haben sich die Dinge geändert – und nenn mich verdammt noch mal nicht mehr Schatz. Du kapierst gar nichts – Herrgott nochmal, du bist und bleibst ein elender Idiot.«
    Klack … Die Leitung war tot.
    Verwundert schüttelte Mike seinen Kopf und ließ den letzten Schluck des bitteren Kaffees durch seine Kehle rinnen. Wahrscheinlich war es gut, dass es ihm inmitten ihrer Schimpftiraden vollkommen entfallen war, dass sich vor Kurzem auch sein Bruder Mason das Buch ausgeliehen hatte. Tief durchatmend warf er zwei Münzen auf die Theke und blickte danach angespannt aus dem Hotelfenster, das einen beruhigend schönen Blick auf die Skyline von San Francisco bot.
     

     
    Das Haus war hinter einer dichten Nebelwand verschwunden. Faye blieb stehen, drehte sich um und schrie im nächsten Moment laut auf. Sie stand nur wenige Zentimeter vom Klippenrand entfernt und der wütend tosende Wind, der versuchte sie an ihren Kleidern in die Tiefe zu reißen, trug mit dazu bei, dass ihr Herzschlag in beängstigende Höhen stieg. Faye merkte erschrocken, wie ihre Sohlen den Halt verloren. Oh shit , wisperte sie, während sie vorsichtig zurückweichen wollte. Doch beim nächsten Schritt rutschte sie auf den glitschigen Steinen weg und ihr rechter Fuß knickte um.
    Mit einem erstickten Aufschrei krallte sie sich im letzten Moment mit der Hand an einem verkrüppelten, dürren Ast eines Baumes fest und konnte so knapp ihr Gleichgewicht halten. Als sie sich von den Schrecken erholt hatte und wieder einigermaßen Luft holen konnte, dachte sie darüber nach, wie sie sich am besten von den nassen und morastigen Felsen retten konnte, ohne sich den Hals zu brechen. Als ihre Augen sich an die neblige Umgebung gewöhnt hatten, sah Faye sich um – und erstarrte.
    Vor ihr, nur wenige Zentimeter entfernt berührte die Spitze ihres Turnschuhs die raue Felskante, an der es steil bergab ging. Erschrocken fuhr sie zurück. Ihre Fingernägel krallten sich in das morsche Holz der alten Kiefer, als sie sich vorsichtig Schritt für Schritt rückwärts bewegte und dabei versuchte nicht in Panik zu geraten. Doch plötzlich hörte sie etwas: Durch den heulenden Wind und das Rauschen des aufgewühlten Flusses hindurch hallte der Klang eines im Todeskampf schreienden Tieres.
    Zitternd ließ sich Faye auf allen Vieren auf den glitschigen Boden fallen. Vorsichtig robbte sie etwas weiter nach vorne. Als sie über den Klippenrand nach unten schaute, blieb ihr vor Mitleid fast das Herz stehen. In der tosenden Brandung des Rivers kämpfte ein Hund um sein Leben. Viel konnte sie nicht erkennen; die aufgebrachte Wasserflut prallte immer wieder gegen die Klippen und spritzte ihr die salzigen Gischttropfen in die Augen.
    In den hohen Wellen tauchte nur kurz ein schwarzer Kopf mit riesengroßen, reflektierenden Augen auf, der so aussah wie das schwarze, quirlige Fellknäuel, mit dem sie vorhin noch auf der Veranda gespielt hatte. Es war ihr unmöglich wegzugehen, sein angsterstarrtes Jaulen rührte ihr Herz. Ohne zu überlegen zerrte sie ihr Sweatshirt über den Kopf und zog ihre Schuhe aus. Doch plötzlich stockte sie in ihren Bewegungen.
    Ihre Gliedmaßen wurden immer schwächer, je näher sie sich auf die steilabfallende Felswand zubewegte. Ihre Hände zitterten und ihr ganzer Körper begann wie Espenlaub zu beben. Der Schmerz breitete sich im rasenden Tempo aus, strömte durch ihre Adern und bahnte sich einen unbarmherzigen Weg in ihr Innerstes hinein. Eine fast unerträglich heiße Glut begann in ihren Eingeweiden zu wühlen und sandte einen verbrennenden Fieberwahn durch ihre Adern. Undeutlich hörte sie ein leichtes Flügelschlagen über ihrem Kopf. Waren das Raben oder Schmetterlinge, fragte sie sich benebelt – dann dachte sie gar nichts

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