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Tanz des Lebens

Tanz des Lebens

Titel: Tanz des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Balcaen
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seines Hemdes auf und lockerte erleichtert seine Krawatte. Dabei streifte ihn ein empörter Blick hinter einer barocken Brille unter einem akkurat toupierten Pony. Der Blick fixierte seine Anzugshose aus dunkelgrauer Schurwolle – genauergesagt fiel er direkt unter seine Gürtellinie. Dort, wo jetzt zum drittenmal eine kleine Ausbeulung vibrierte.
    Diese Tagung war eine geschlossene Veranstaltung, an der ausschließlich geladene Archäologen teilnahmen. Auch wenn seine Kollegin mit dem lavendelfarbenen Wollkostüm und einer im gleichem Farbton frisierten Fönwelle so aussah, als hätte sie ihr Studium bereits Anfang des 14. Jahrhunderts abgeschlossen, sollte ihr das Phänomen eines dezent vibrierendes Mobilphones trotzdem nicht ganz unbekannt sein.
    Eine leise Entschuldigung murmelnd, erhob sich Mike und lächelte seiner Sitznachbarin charmant zu, als er sich an ihr vorbei durch die Sitzreihe schlich. Leise schloss er die Tür des Kongresssaals und begab sich in die Getränkelounge gegenüber. Gerade, als er den Barkeeper um einen Espresso bat, vibrierte sein Handy erneut. Vielleicht ist es Faye, dachte er und hoffte, dass mit Luke alles in Ordnung war. Viel hatte seine Tochter ihm zwar nicht verraten, da Luke aber selten krank wurde, machte er sich doch insgeheim Sorgen, dass ihm etwas Ernsthaftes fehlen könnte.
    Mike nahm sich vor, nach seiner Heimkehr ein ernstes Wort mit den beiden zu reden und bei seinem Zwillingsbruder einem Termin in der Klinik zu arrangieren, damit er Luke einem gründlichen Generalcheck unterzog. Hastig zog er sein Handy aus der Hosentasche. Als er jedoch die Nummer auf dem Display erkannte, stöhnte er auf und wettete fünf Pence darauf, dass der Anruf nichts Gutes versprach – jedenfalls nicht für ihn .
    »Guten Morgen, Violet. Was kann ich für dich tun?«
    »Woher willst du wissen, wie gut mein Morgen war?«
    Bingo. Die Wette hatte er eindeutig gewonnen. In weiser Voraussicht hielt Mike sein Handy in einem gebührenden Abstand vom Ohr weg.
    »Was zum Teufel ist bei euch los? Ich versuche euch seit geschlagenen drei Tagen zu erreichen. Warum geht keiner an das verfluchte Telefon? Kannst du mir dafür eine gottverdammte Erklärung geben?«, brüllte seine Exfrau.
    Wie viele Oktaven besaß eine weibliche Stimme? Mike seufzte. »Bitte, Violet, versuch dich zu beruhigen. Ich bin noch bis übernächste Woche geschäftlich in San Francisco und Faye und Luke werden sich sicherlich draußen amüsieren. Sie haben Ferien«, erinnerte er seine Exfrau freundlich.
    »So. Und nachts zelten sie wahrscheinlich im Garten, weil sie den Vollmond anbeten oder weil sie dort nicht an das verdammte Telefon gehen müssen, oder? Einfältiger Narr.«
    Mike hob dezent eine Augenbraue und schwieg. Es war weder etwas Besonderes, dass sie schlechte Laune hatte, noch dass sie diese an ihm ausließ, daran hatte auch ihre Scheidung absolut nichts geändert. Als sie zu weiteren Höflichkeitsbezeugungen ausholen wollte, unterbrach er sie dezent. »Violet, ich bin mir hundertprozentig sicher, dass Faye sehr gut auf Luke aufpasst –.«
    »Schon gut, schon gut«, unterbrach sie ihn kurzangebunden und er hörte ihr genervtes Aufstöhnen.
    »Da ich mich an unseren Teil der Abmachung gehalten habe und Faye nach dem Jahr bei mir beschlossen hat, lieber bei dir zu leben, was ich nebenbei bemerkt für einer ihrer törichsten Ideen halte, die sie je hatte, sollte mir das egal sein. Ab diesem Monat hast du das alleinige Sorgerecht für die beiden. Dann kannst du dich mit der Polizei amüsieren, wenn sie nachts auf der Straße aufgegriffen werden. Aber das ist auch nicht der Grund meines Anrufs. Hör zu, wenn du nach Hause kommst, gehst du zuerst ins Arbeitszimmer und suchst mein rotes Tagebuch. Danach rufst du mich sofort zurück. Ich brauche eine wichtige Information daraus, die nicht in dem vom Verlag publizierten Buch steht.«
    »Aye, Aye, Sir!« Mike dachte kurz daran zu salutieren, doch dann fiel ihm ein, dass das dem Baarkeeper in der Lounge wahrscheinlich etwas seltsam erscheinen würde. Laut sagte er: »Kein Problem. Wenn Faye zuhause ist, werde ich sie nach dem Buch fragen und ihr sagen, sie soll dich anrufen.«
    Ein zischender Fluch schlängelte sich durch die Leitung. » Luna Fayette hat das Buch? Bist du verrückt geworden?!« Die Stimme seiner Exfrau erklomm eine weitere Oktave und überschlug sich jetzt fast. »Mike! Das ist mein ganz persönliches Tagebuch, in dem ich bis ins kleinste Detail die Geisterpagode von

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