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Tanz des Lebens

Tanz des Lebens

Titel: Tanz des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Balcaen
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    Nachdem der Arzt ihnen jeweils eine kleine Menge Blut abgenommen und es vorsichtig in zwei dünnwandige Phiolen getröpfelt hatte, geleitete er sie durch eine Vorhalle. Unzählige Stufen führten abwärts zu einem Seitenhof im Inneren. Von dort gelangten sie auf die schattige Terrasse, die den Blick in das bewaldete Tal und eine üppige, saftig grüne Wiese freigab. Die nächste Besprechung sollte erst nach dem Mittagessen stattfinden, wo U Thaala sie in das geheime Wissen über das gebannte Tor aufklären wollte. »Ich gehe Faye und Luke holen«, murmelte Liam, »damit sie auch ihr Blut abgeben können.«
    Statt einer Antwort nickte Quin ihm nur gelangweilt zu. Er stand, wie immer bemüht, seine Emotionen zu verbergen, an eine steinernen Säule des Tempels gelehnt und starrte ausdruckslos auf die regnerische grüne Ebene, die sich vor ihm ausbreitete. Dieser Ort schien etwas Magisches an sich zu haben. Hier lag nichts Böses in der Luft, es gab hier keine Ice Whisperer, Natdämonen und keine Schwarzmagier, nur das Geräusch der Stille.
    Doch für all das hatte Quin keinen Blick. Er strich sich mit einer Hand seine schwarzen Haare zurück, als er an Liams Worte dachte, die er ihm nach der Blutabnahme zugeraunt hatte. Ich hoffe, dass Gründerrat uns helfen kann. Ich bin es leid, mit gefühlskalten Dämonen zu leben. Wenn das alles hier vorbei ist, werde ich Faye fragen, ob sie das Gleiche für mich empfindet wie ich für sie. Mit zusammengepressten Lippen hatte er es vorgezogen, nicht auf das Statement seines Bruders zu antworten, das bei ihm wie ein Tornado eingeschlagen war.
    Unwillkürlich ballte Quin seine Hände zu Fäusten, während er versuchte sein aufgebrachtes Innerstes zum Schweigen zu bringen. Und obwohl er verzweifelt dagegen ankämpfte, schlich sie sich in seine Gedanken ein und er sah das Bild dieses verwirrenden Mädchens in sich aufsteigen: ihre natürliche, strahlende Schönheit, die sie selber nicht zu bemerken schien, ihr löwenartiger Beschützerinstinkt, wenn es um Luke ging, ihr erfrischendes, glockenhelles Lachen, das sie Liam so oft schenkte und ihre zornigen, funkensprühenden Blicke, mit denen sie ihn bedachte. Seit er sie kannte, hatte er sich sein Hirn mit der Frage zermartert, ob er unter seinem erstarrten Panzer vielleicht doch zu Gefühlen fähig war.
    Aber das spielte jetzt keine Rolle mehr. Es zählte nur, dass sie zu Liam gehörte. Jetzt musste er nur noch die betörenden Bilder aus seinem Kopf verbannen. Als sich sein Bruder mit Luke im Schlepptau mit schnellen Schritten näherte, wandte Quin sich mit ausdruckloser Miene zu ihnen um.
    »Was ist los?«
    »Faye ist nicht hier. Ich habe überall nach ihr gesucht. Sie ist auch nicht in ihrem Zimmer. Luke sagt, dass sie spazieren gehen wollte, aber nirgendwo ist eine Spur von ihr.«
    Wie vom Donner getroffen sprang Quin die Treppenstufen hinunter. Der raue Wind peitschte die Regentropfen in sein Gesicht, während er die beiden heftig atmenden Jungen vor sich anstarrte. Sie gehörte zu Liam und sollte für ihn ohne Bedeutung sein. Aber er konnte immer noch ihren unverwechselbaren Duft nach sommerwarmen Kirschen an sich riechen. Verdammt. In seinem Magen rumorte es.

22

    Durst nach Leben
     
    » S teh auf! Jetzt!« Ruckartig schoss Fayes Kopf hoch. Die Worte waren in ihr Bewusstsein eingedrungen, doch es dauerte eine Weile, bevor sie ihren Verstand erreichten. Ein kalter Schauer kroch ihr über den Rücken. Frierend versuchte sie ihre Augen zu öffnen, um festzustellen, wo sie sich befand. Aber das war unmöglich – sie brannten wie Feuer. Vorsichtig hob sie ihren Arm und rieb sich zitternd übers Gesicht.
    Die Wimpern waren mit einer klumpigen Salzkruste verklebt, die sich nur widerwillig entfernen ließ. Aufstöhnend kämpfte sie sich auf ihre wackeligen Beine. Sie stand noch immer auf demselben Platz: alleine auf der Klippe, während der Wind an ihrem Körper zerrte, ihr langes Haar hin und her peitschte – und sie keine Erinnerung hatte, warum ihre Kleidung klatschnass war und ihre Arme wieder von leuchtenden, schmerzenden Punkten übersät waren.
    Aber das Problem konnte warten. Erst einmal musste sie sich darum kümmern, aus den nassen Klamotten zu kommen. Mit klappernden Zähnen drehte sie sich um. Durch ihre verklebten Wimpern erkannte sie die verschwommenen Umrisse einer Brücke. Auf die stolperte sie jetzt tränenblind zu.
    Der Weg danach führte durch ein steiles Gelände, das mit Grannentannen, Douglasien und

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