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Tanz im Dunkel

Tanz im Dunkel

Titel: Tanz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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nie einen Vampir berührt. Da, wo sie herkam, einem Städtchen in Tennessee, bekam man nie etwas so Exotisches zu Gesicht. Wenn man einen Vampir sehen wollte, musste man – wie für einen Zoobesuch – in die Stadt fahren. Bei der Vorstellung, einen toten Menschen zu berühren, hatte Rue ein flaues Gefühl im Magen. Am liebsten hätte sie auf dem Absatz kehrtgemacht und wäre hinausgestürmt, doch das kam nicht infrage. Ihre Ersparnisse waren aufgebraucht. Ihre Miete war fällig. Ihre Telefonrechnung musste demnächst bezahlt werden. Sie hatte keine Krankenversicherung.
    In ihrem Kopf hörte sie die Stimme ihrer Mutter, die sie daran erinnerte, doch “etwas Rückgrat zu zeigen”. Ein guter Rat. Zu schade, dass ihre Mutter ihn selbst nicht befolgt hatte.
    Sylvia steckte die CD in den CD-Player, und Rue legte eine Hand auf Thompsons Schulter, die andere in seine Hand. Seine Hände waren kühl und trocken. Dieser Tanzpartner würde nie verschwitzte Handflächen haben. Sie bemühte sich, ein Schaudern zu unterdrücken. Du musst einen Mann nicht mögen, um mit ihm zu tanzen, ermahnte sie sich. Die Musik war fast klassische Tanzmusik. Sie begannen mit einem einfachen Zweierschritt, dann einem Box-Step. Die Musik wurde zu einem schnellen Swing, dessen Tempo sich zu einem noch schnelleren Jitterbug steigerte.
    Rue merkte, dass sie fast vergaß, dass ihr Partner ein Vampir war. Thompson konnte wirklich tanzen. Und er war so stark! Es war ihm ein Leichtes, sie hochzuheben, herumzuwirbeln, über seinen Kopf zu werfen und über seinen Rücken zu rollen. Sie fühlte sich leicht wie eine Feder. Doch das verdächtige Funkeln im seinem Blick hatte sie vorhin nicht missverstanden. Denn während des Tanzens wanderten seine Hände über Stellen ihres Körpers, wo sie eigentlich nichts verloren hatten. Rue hatte genügend Erfahrung mit Männern – mehr als genug –, um zu wissen, welche Richtung diese Partnerschaft nehmen würde, wenn sie auf diese Weise begann.
    Die Musik hörte auf. Er beobachtete, wie sich ihr Brustkorb nach der Anstrengung heftig hob und senkte. Er selbst war überhaupt nicht außer Atem. Klar, rief sie sich in Erinnerung. Thompson brauchte ja nicht zu atmen. Der Vampir deutete eine Verneigung an, während seine Augen über ihren Körper tanzten. “Es war mir ein Vergnügen”, sagte er. Zu Rues Überraschung war seine Aussprache akzentfreies Amerikanisch.
    Sie nickte ihm ebenfalls zu.
    “Ausgezeichnet”, stellte Sylvia fest. “Ihr zwei seht gut zusammen aus. Thompson, Julie, ihr beide könnt jetzt gehen, wenn ihr wollt.” Die Blonde und Thompson schienen allerdings nicht zu wollen. Beide setzten sich auf den Boden und lehnten sich mit dem Rücken an einen der riesigen Spiegel, die im ganzen Raum an den Wänden angebracht waren. “Tanzen Sie jetzt mit Sean O’Rourke, unserem irischen Aristokraten”, sagte Sylvia zu Rue. “Er braucht ebenfalls eine neue Partnerin.” Es musste Rue anzusehen sein, wie erschrocken sie über diese Information war, denn Sylvia lachte und beeilte sich zu erklären: “Seans Partnerin hat sich verlobt und ist von hier weggezogen. Thompsons Partnerin hat ihr Medizinstudium beendet und ihr Assistenzjahr begonnen. Sean?”
    Der zweite Vampir trat vor, und Rue fiel auf, dass er sich die ganze Zeit, während sie mit Thompson getanzt hatte, nicht bewegt hatte. Nun nickte er Sylvia kühl zu, um Rue dann ebenso neugierig zu mustern wie sie ihn.
    Sean hätte Staub ansetzen können, so reglos stand er da. Er war kleiner als Thompson, aber trotzdem gut ein paar Zentimeter größer als Rue, und sein langes, glattes Haar, das er im Nacken zusammengebunden hatte, leuchtete rot. Und er war – naturgemäß – weiß. Weiß wie Papier. Thompsons Herkunft ließ ihn dank der goldschimmernden Haut ein bisschen lebendiger aussehen.
    Der Mund des irischen Vampirs sah aus wie ein großes M. Die nach unten gezogenen Mundwinkel ließen ihn ein wenig verwöhnt, ein wenig launenhaft wirken, doch sein Mund hatte einfach von Natur aus diese Form. Rue fragte sich, wie er wohl aussehen mochte, wenn er einmal lächelte. Seans Augen waren blau und klar, und der Rücken seiner scharf geschnittenen Nase war mit Sommersprossen übersät. Ein Vampir mit Sommersprossen! Rue musste lachen. Sie senkte den Kopf, um ihr Grinsen zu verbergen, während er vor ihr seine Tanzposition einnahm.
    “Ich amüsiere dich?”, erkundigte er sich so leise, dass Rue überzeugt davon war, dass die anderen drei es nicht hören

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