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Tanz im Dunkel

Tanz im Dunkel

Titel: Tanz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Pfarrer gekommen, um sich ihn vorzuknöpfen. Ich habe ihn darüber informiert, wer vor der Tür auf ihn wartet … und er hat gesagt: ‘Sean, es tut mir leid, aber ich muss mich stärken, bevor ich mich aus dem Staub mache.’ Und dann hat er sich auf mich gestürzt.”
    Plötzlich schmeckte Rue ihr Essen nicht mehr. Sie wischte sich den Mund ab und legte ihre Hand auf seine.
    “Er hat mir ein paar Schluck von seinem Blut gegeben, nachdem er mich ausgesaugt hatte”, sagte Sean leise. “Er sagte: ‘Lebe, wenn du den Mut dazu hast, Junge’, und verschwand. Die Leute haben die Tür aufgebrochen, das ganze Haus nach ihm durchsucht … und mich gefunden. Sie waren überzeugt davon, dass ich tot bin; ich war ja gebissen worden, kein Herzschlag war zu hören, und ich konnte natürlich auch nicht sprechen. Also haben sie mich begraben.”
    “Oh, Sean”, sagte sie entsetzt.
    “Mein Glück war, dass sie mich sofort beerdigt haben. Und zwar in einem morschen, alten Sarg. So war ich einerseits vor Sonnenlicht geschützt und konnte, als ich aufgewacht bin, den Deckel leicht aufbrechen.” Er zuckte mit den Schultern. “Sie wollten mich möglichst schnell unter der Erde haben, also haben sie mich nicht allzu tief eingegraben. Und sie haben den Friedhof nicht im Auge behalten, um sicherzugehen, dass ich nicht eventuell doch aus dem Grab steige. Ich hatte also wieder Glück. Damals wusste man noch nicht so viel über Vampire wie hundert Jahre später.”
    “Was hast du dann getan?”
    “Ich bin zu meinem Schatz gegangen. Zu der Freundin, die ich im Dorf hatte. Sie war die Tochter eines Kolonialwarenhändlers.” Er lächelte ein wenig. “Sie trug meinetwegen Schwarz. Ich habe sie gesehen, als sie mit einem Eimer aus dem Haus kam, um Wasser zu holen. In diesem Augenblick ist mir klar geworden, dass ich ihr Leben ruiniere, wenn ich mich ihr zeige. Der Schock würde sie umbringen – und wenn nicht, würde
ich
es möglicherweise tun. Denn ich war sehr hungrig. Zwei oder drei Tage im Grab haben nun mal diesen Effekt. Und es gab niemanden, der mir erklärt hätte, wie man sich als Vampir richtig verhält. Da war nur dieser Hunger … Sir Tobias war längst über alle Berge.”
    “Wie bist du zurechtgekommen?”
    “Beim ersten Mal habe ich zu lange versucht, mich zu beherrschen”, sagte er. “Der erste Mensch, den ich gebissen habe, hat nicht überlebt. Auch der zweite, der dritte und der vierte nicht. Es hat einige Zeit gedauert, um zu lernen, wie lange ich meinen Hunger im Zaum halten kann, ehe er mich etwas tun lässt, das ich bereue.”
    Rue schob ihr Essen von sich.
    “Hast du ihn je wiedergesehen?”, erkundigte sie sich, da ihr sonst nichts einfiel, was sie hätte sagen können.
    “Ja, ich habe ihn zehn Jahre später ihn Paris getroffen.”
    “Und wie war das Wiedersehen?”
    “Es war in einer Taverne. Er war wieder einmal der am besten gekleidete Mann von allen und der Mittelpunkt des Geschehens.” Seans Stimme war ausdruckslos. “Das hat ihm schon immer gefallen.”
    “Habt ihr miteinander geredet?”
    “Ich habe mich ihm gegenüber hingesetzt und ihm in die Augen geschaut.”
    “Was hat er gesagt?”
    “Kein Wort. Wir haben uns ein paar Minuten angestarrt. In Wahrheit gab es eigentlich nichts zu sagen. Irgendwann bin ich einfach aufgestanden und gegangen. An diesem Abend habe ich beschlossen, Tanzen zu lernen. Als Jugendlicher habe ich natürlich bei den Tanzabenden im Dorf mitgemacht, und es hat mir schon damals besser als alles andere gefallen. Und da ich ja Jahrhunderte vor mir und nichts zu verlieren hatte, habe ich beschlossen, alles über das Tanzen zu lernen. Männer, fast
alle
Männer, haben damals getanzt. Tanzen gehörte in der besseren Gesellschaft zum guten Ton. Mir war es möglich, mich in allen Gesellschaftsschichten zu bewegen, das heißt, wenn ich die Tänze der Reichen lernen wollte, habe ich mich wie Sir Tobias benommen, und wenn ich Volkstänze lernen wollte, habe ich mich so gegeben, wie es meiner Herkunft entspricht.”
    Dadurch, dass Sean das Gespräch auf das Tanzen gebracht hatte, hatte sich die Situation entspannt. Rue nahm sogar wieder ihre Gabel in die Hand und aß noch ein paar Bissen. Sean lehnte sich zurück und schwieg. Als Rue sich sicher war, dass er sich vom Erzählen seiner Geschichte erholt hatte, sagte sie: “Ich müsste die Katze füttern. Das heißt, ich muss zurück in meine Wohnung.”
    “Aber du kannst nicht dortbleiben”, entgegnete Sean.
    “Wo

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