Tanz im Feuer
überhaupt einen Job?Was macht er?Wovon lebt er? Kann er dich denn ernähren?« Die Fragen prasselten auf Leigh nieder wie ein Platzregen.
Leigh wollte diesesThema lieber noch nicht anschneiden. Sie würde lernen müssen, sich mit Chads Arbeit abzufinden, und sie würde sich irgendwann damit abfinden. Sie liebte ihn so sehr, dass sie bereit war, ihrenWiderwillen gegen seinen Beruf zu überwinden. Aber noch kostete es sie Mühe, über seine Arbeit zu sprechen. Jedes Mal, wenn sie sich vorstellte, dass er irgendwann in ein fremdes Land verschwinden müsste, um dort brennende Ölquellen zu löschen, wurde ihr angst und bange. Sie fühlte sich nicht in der Lage, ihren Eltern von ihren Seelenqualen zu erzählen und ihnen damit neue Munition für ihr Sperrfeuer gegen die Hochzeit zu liefern. Außerdem fragte ihre Mutter aus einem ganz anderen Grund nach Chads Beruf – sie wollte seinen gesellschaftlichen und finanziellen Status bestimmen können. Sie hatte Leigh nie ganz vergeben, dass sie mit Greg einen einfachen Beamten geheiratet hatte. Nun, sie würde Augen machen, dachte Leigh boshaft.
Lächelnd antwortete sie: »Ja, Mutter. Er hat einen Job. Er … Er arbeitet an Ölquellen.«
»Ein Ölarbeiter!«, kreischte ihre Mutter entsetzt auf. »Leigh, Kind, denk doch mal nach, um Himmels willen! Du willst einen Ölarbeiter heiraten, der weiß Gott wo herkommt und weiß Gott was ist und dich weiß Gott wie behandeln wird. Harve«, wiederholte Lois so eindringlich, dass sie den Namen zwischen ihren Zähnen zermahlte.
»Leigh, mein Engel, wir bitten dich ja gar nicht darum, die Hochzeit abzublasen, aber vielleicht wäre es ganz klug, sie wenigstens eineWeile zu verschieben, bis wir alle einander besser kennengelernt haben.« Harve Jackson atmete tief durch und beugte sich vor, um seinenWorten Nachdruck zu verleihen. »Wir können dir nicht vorschreiben, was du zu tun und zu lassen hast. Du bist eine erwachsene Frau, und wir respektieren natürlich deine Entscheidungen.Wir wollen bloß nicht, dass du etwas tust, was du später vielleicht bereust.« Er breitete beschwichtigend die Arme aus. »Du bist dir bestimmt im Klaren darüber, dass du nicht nur an dich, sondern auch an das Baby denken musst.«
Leigh beschloss, nacheinander auf jeden seiner Einwände einzugehen. »Erstens«, zählte sie an ihrem Zeigefinger auf, »werden wir die Hochzeit ganz bestimmt nicht verschieben.Wir werden nicht zusammenziehen, ehe wir verheiratet sind, deshalb können wir es kaum noch erwarten, endlich Mann und Frau zu werden. Zweitens«, zählte sie weiter, »werdet ihr heute noch Gelegenheit haben, Chad kennenzulernen. Er hat uns zum Mittagessen zu sich nach Hause eingeladen. Ich habe mir die Freiheit genommen, die Einladung für euch beide anzunehmen.« Sie überhörte das gequälte Aufseufzen ihrer Mutter. Stattdessen lächelte sie ihrenVater an und bedankte sich mit einem kurzen Kopfnicken für seinVerständnis. »Drittens freut es mich zu hören, dass ihr mich als erwachsene Frau betrachtet. Ich bin alt und reif genug, um selbst über mein Leben zu entscheiden.« Sie wurde wieder ernst und sah beide Eltern abwechselnd an. »Ich erkläre euch hiermit, dass ich Chad heiraten werde, ob es euch gefällt oder nicht. Und schließlich und endlich liebt er Sarah über alle Maßen und sie ihn auch.« Sie holte tief Luft, stand auf und verkündete hoheitsvoll: »So, ich denke, das wäre alles. Chad wird uns in einer halben Stunde abholen, und ich muss mich noch umziehen. Bitte entschuldigt mich solange.«
Mit einem triumphierenden Lächeln schwebte sie aus dem Zimmer und ließ die beiden mit offenem Mund zurück. In ihrem Schlafzimmer öffnete sie ihren Kleiderschrank und entschied sich nach kurzem Überlegen für ein Strickkleid aus blauerWolle, dass Chad noch nicht kannte. Der weiche Kapuzenkragen betonte ihr zart geschwungenes Kinn, und das dunkle Kobaltblau unterstrich das Blau ihrer Augen und brachte sie zum Leuchten. Nachdem sie einen Hauch Parfüm aufgetragen hatte, ging sie ins Kinderzimmer, um Sarah zu wecken.
Sie wickelte das noch halb schlafende Baby in eine frischeWindel und zog Sarah dann einen rüschenbesetzten Strampelanzug mit altmodisch wirkenden Pumphosen an. Schläfrig ließ Sarah alles mit sich geschehen. Erst als Leigh sie auf den Arm nahm und aus dem Zimmer trug, wachte sie richtig auf.
Leigh kehrte mit ihrer Tochter zusammen ins Wohnzimmer zurück, wo ihre Eltern immer noch genauso dasaßen, wie sie sie zurückgelassen
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