Tanz ins große Glueck
Ruth zerstreut, während sie beobachtete, wie Nick Leah anlächelte und den Kopf schüttelte.
"Konkurrenz - und Eifersucht", fügte Francie hinzu.
Ruth wandte sich ihr zu und begegnete dem wachen Blick der dunklen Augen. "Ja", stimmte sie nach einem Moment zu. "Und Eifersucht."
Der Klavierspieler wechselte zu einer Liebesballade über, und jemand fing an zu singen.
"Da ist nichts falsch dran an einem bisschen Eifersucht."
Francie ließ ihre Füße kreisen, erst den linken, dann den rechten.
"Es ist gesund. Aber Leah ..." Ihr kleines zartes Gesicht wurde auf einmal ernst. "Sie ist Gift. Wenn sie nicht eine so ausgezeichnete Tänzerin wäre, würde ich sie aus unserer Truppe hinauswünschen. Sieh dich vor", setzte sie hinzu und legte Ruth die Hand auf die Schulter. "Sie wird alles tun, um das zu bekommen, was sie haben will. Und sie will die Primaballerina dieser Truppe sein, dabei bist du ihr im Wege."
Nachdenklich erhob Ruth sich, nachdem Francie gegangen war. Francie sprach nur selten schlecht über andere. Es gab in der Truppe Eifersucht, das stimmte, aber die gab es auch innerhalb jeder Familie. Das gehörte nun mal zum Leben. Ruth wusste auch, wie sehr Leah es sich gewünscht hatte, den Part der Carlotta in Nicks neuem Ballett zu tanzen.
Sie und Leah hatten um eine ganze Anzahl von Rollen
konkurriert, seit sie zusammen im Corps de Ballett auftraten.
Jede von ihnen hatte gewonnen, und jede von ihnen hatte verloren. Ihr Stil war voneinander verschieden, genau wie die Rollen, die jede von ihnen verkörperte, unvergleichbar waren.
Leah war eine elegante Tänzerin - klassisch, kultiviert, kühl.
Ihre Anmut und Grazie waren außergewöhnlich, und Ruth bewunderte sie dafür. Sie versuchte jedoch nie, Leah zu imitieren. Ihr Tanz wurde vom Herzen bestimmt, Leahs vom Kopf. Im technischen Können waren sie sich so gleich, wie zwei Tänzer es nur sein konnten. Ruth tanzte in Don Quijote, während Leah in Giselle den Solopart hatte. Ruth war der Feuervogel - Leah die Prinzessin Aurora. Nick setzte sie beide stets zu ihrem Vorteil ein. Und Ruth würde seine Carlotta sein.
Während sie Leah von weitem beobachtete, fragte Ruth sich jetzt allerdings, ob die Eifersucht nicht doch tiefer ging, als sie vermutete hatte? Obwohl Leah und sie nie Freundinnen geworden waren, so hatten sie einen gewissen professionellen Respekt füreinander gehabt. Doch Ruth hatte in letzter Zeit den Eindruck, dass von Leah zunehmend Feindseligkeit ausging. Sie seufzte und zog sich das Handtuch von den Schultern. Sei's drum, sie konnte es nicht ändern. Und sie waren alle hier, um zu tanzen.
"Ruth."
Sie zuckte zusammen und wirbelte herum, als sie Nicks Stimme hörte. Er hatte seinen kühlen, ausdruckslosen Blick auf ihr Gesicht gerichtet. Furcht beschlich sie. Am grausamsten war er, wenn er sich im Zaum hielt. Sie hatte falsch gehandelt, und sie war jetzt bereit, das zuzugeben. "Nick", begann sie und wollte zu einer Entschuldigung ansetzen.
"Geh nach Hause", unterbrach er sie.
Sie blinzelte verwirrt. "Was?"
"Geh nach Hause", wiederholte er im selben frostigen Ton.
Sie sah ihn mit großen Augen an. "Oh, nein, Nick, ich ..."
"Ich habe gesagt, geh." Seine Worte waren wie ein Peitschenhieb. "Ich will dich hier nicht haben."
Ruth wurde blass. Nick hatte sie zutiefst gekränkt. Es gab nichts, wirklich nichts, womit er sie hätte mehr verletzen können, als sie wegzuschicken. Ihre Kehle war wie zugeschnürt von den wütenden Worten und den bitteren Tränen, die sie herunterschlucken musste. Die Blöße würde sie sich nicht geben! Sie drehte sich um und ging mit stolzem Schritt durch den Saal. Dann nahm sie ihre Kombitasche an sich, die an den Haken neben der Tür hing, und verließ den Probensaal.
"Die zweiten Tänzer, bitte", hörte sie Nick rufen, bevor sie die Tür hinter sich schloss.
Ruth schlief drei Stunden tief und fest. Nijinsky hatte sich zusammengerollt und lag dicht an ihren Rücken geschmiegt.
Nachdem sie sich geduscht hatte, hatte sie die Jalousie geschlossen und sich auf die Tagesdecke gelegt. Im Zimmer war es ganz dunkel und still. Das einzige Geräusch war das leise Schnarchen des Katers. Als sie die Augen aufschlug, war sie gleich hellwach und drehte sich auf den Rücken. Nijinsky wurde gestört und trottete zum Fußende, wo er eingeschnappt anfing, sich zu putzen.
Nicks Worte waren das Letzte gewesen, woran sie gedacht hatte, bevor der Schlaf sie übermannte, und das Erste, was ihr in den Sinn kam, als sie jetzt
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