Tanz ins große Glueck
wäre ich ein Vollidiot?" fragte er heftig zurück.
Trotz ihrer Anspannung musste Ruth lächeln. "Nein, Dawidow."
"Gut. Ausnahmsweise stimmen wir überein." Er wirkte wütend, aber auch verwirrt. "Und da ich kein Vollidiot bin, warum sollte ich also meine beste Ballerina entlassen?"
Ruth starrte ihn überrascht an. "Das hast du nie zuvor gesagt", flüsterte sie.
"Was gesagt?"
Ruth schüttelte den Kopf und wandte sich von ihm ab. Sie lachte gedämpft auf, als ihr Tränen in die Augen traten. "All diese Jahre habe ich geschuftet - meinetwegen, ja, - und deinetwegen. Und du hast nie ein anerkennendes Wort über mein Tanzen verloren. Und nach einem Tag wie heute, nach einer Leistung wie die vorhin auf der Bühne stehst du da und sagst mir so ganz nebenbei, dass ich deine beste Ballerina sei."
Ruth wischte sich mit dem Handrücken die Tränen weg.
Als er ihr von hinten die Hände auf die Schultern legte, war sie nicht überrascht. "Wenn ich es nicht zuvor gesagt habe, so tut es mir Leid. Ich hätte es tun sollen. Aber du weißt, dass ich Worte nicht so wichtig finde." Er strich ihr über das Haar. "Du bist mir sehr wichtig. Ich will dich nicht verlieren."
Ruth glaubte, ihr Herz würde aufhören zu schlagen. Aber schnell rief sie sich ins Gedächtnis, dass sie nur von der Balletttruppe redeten, allein vom Tanzen. Sie drehte sich zu ihm. "Wirst du mich als Carlotta für die Fernsehsendung ersetzen?"
"Für die Fernsehsendung?" wiederholte Nick verständnislos.
Dann dämmerte es ihm. "Die Verhandlungen haben noch nicht einmal begonnen. Von wem hast du ..." Er unterbrach sich.
"Jetzt verstehe ich dein Verhalten. Und diese Information hast du zweifellos von derselben Person, die dir dieses Mistblatt gebracht hat, stimmt's?" Er schimpfte lautstark auf Russisch los.
"Das dulde ich nicht! Ich lasse es nicht zu, dass meine Tänzer in dieser Weise intrigieren. Eins sage ich dir: Ich - ich allein mache die Pläne und vergebe die Rollen." Er starrte Ruth wütend an. "Es ist meine Entscheidung. Meine! Wenn ich es so will, dass du die Carlotta tanzt, dann tanzt du die Carlotta."
Das brachte Ruth erneut auf, und ihre Wut stand seiner nicht nach, als sie ihm entgegnete: "Ich werde wohl über mein Leben selbst bestimmen können."
"Ja, du kannst bestimmen, ob du gehst oder bleibst. Aber wenn du bleibst, dann tust du das, was ich dir sage."
"Du hast mir nichts gesagt", erinnerte sie ihn. "Eine Stunde bevor der Vorhang aufgeht, erfahre ich von deinen Plänen. Seit Wochen hast du kaum mit mir gesprochen."
"Ich habe dir nichts zu sagen gehabt. Ich verschwende meine Zeit nicht."
"Ooh, du bist unerträglich in deiner Arroganz! Ich habe deiner Truppe alles gegeben. Alles. Glaubst du, ich lasse es zu, dass du meine Rolle mit einer anderen besetzt, ohne dass ich mich zur Wehr setze? Wenn du das glaubst, dann bist du doch ein Idiot!"
"Ist das deine Meinung, Kleines?"
"Ja, das ist sie", fauchte Ruth ihn an. "Und nenn mich nicht Kleines! Ich bin eine Frau, und die Carlotta ist meine Rolle, bis ich sie nicht mehr tanzen kann."
"Wirklich?" Oh, sie konnte ihn so wütend machen! "Und hast du vergessen, wer das Ballett geschrieben hat? Wer es einstudiert und die Rollen verteilt hat? Wer hat dich als Carlotta eingesetzt?"
"Nein, das habe ich nicht vergessen. Aber vergiss du nicht, wer sie getanzt hat!"
Nick sagte nichts mehr. Seine Augen, die zornig geblitzt hatten, glänzten plötzlich weich, als er sie anschaute. Sehr, sehr langsam beugte er den Kopf, bis sein Mund kurz über ihren Lippen schwebte. Nach einem langen, atemlosen Moment berührte er ihre Lippen in einem Kuss. Er fühlte, wie ihr Puls sich beschleunigte, aber er verstärkte den Druck nicht.
Mit der Zungenspitze fuhr er federleicht über ihre Lippen, bis Ruth sie mit einem leisen Seufzer öffnete. Noch nie hatte er Ruth mit einer solchen Zärtlichkeit geküsst. Gab es einen Schutz gegen solche Liebkosungen? Zuvor hatte es immer Hitze und Feuer gegeben. Ja, und auch Furcht - wenn auch nur einen Anflug davon. Jetzt fühlte Ruth nichts als blinde Hingabe.
Er nippte an ihrer Unterlippe, nagte leicht mit den Zähnen daran und fuhr dann mit der Zungenspitze darüber. Ruth roch nach Schminke und Schweiß, und auch ein wenig nach Brandy.
Schwach und voller Verlangen ließ sie den Kopf in den Nacken fallen. Sie wollte nichts sosehr, als sich Nick ganz hinzugeben.
Genauso langsam wie zuvor und genauso bewusst zog Nick sich zurück. Er fühlte, wie Ruth ausatmete und dann die
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