Tanz ins große Glueck
Augen öffnete. Als sie ihn ansah, las er in ihrem Blick, dass sie ihm gehörte.
"Kleines", murmelte er und streichelte ihre Wange. "Was hast du heute gegessen?"
"Gegessen?" fragte sie total verwirrt.
"Ja, gegessen." Seine Stimme klang ungeduldig.
"Ich ..." Ihr Kopf war völlig leer. "Ich weiß es nicht", antwortete sie schließlich mit einer hilflosen Geste. Ihr Körper schmerzte noch vor ungestilltem Verlangen.
"Wann hast du zuletzt ein Steak gegessen?"
"Ein Steak?" Ruth fuhr sich mit der Hand durchs Haar. "Das ist Jahre her", erklärte sie mit einem etwas verzweifelten Auflachen.
"Komm", sagte Nick und hielt ihr die Hand hin. "Ich lade dich zum Essen ein."
"Nick", Ruth sah ihn prüfend an, "werde ich dich jemals verstehen?"
Er zog bei ihrer Frage eine Augenbraue hoch. "Ich bin Dawidow", antwortete er mit einem Grinsen. "Ist das nicht genug?"
Sie lachte. "Es ist zu viel", entgegnete sie. "Zu viel."
8. KAPITEL
Das Essen mit Nick war nett gewesen, sie hatten allerdings überhaupt nicht über das Ballett gesprochen. Nach einer wilden Taxifahrt, typisch für New York, hatte Nick sie an ihrer Tür mit einem schnellen, leidenschaftslosen Kuss abgesetzt.
Am nächsten Tag bestimmte die Routine die Arbeit. Obwohl die Fragen noch immer offen waren, kannte Ruth Nick gut genug, um zu wissen, dass er sie dann beantworten würde, wenn er es für angebracht hielt.
Nach der Vorstellung saß Ruth in ihrem Wohnzimmer im bequemen Sessel und guckte Fernsehen. Nijinsky lümmelte zu ihren Füßen mit dem Bauch nach oben.
Ruth gähnte. Der alte Film konnte ihre Aufmerksamkeit nicht mehr fesseln. Sie schloss die Augen und streckte sich ausgiebig.
Nicks Bild stand ihr vor Augen. Sein zärtlicher Kuss hatte sie hilflos gemacht. Sie hatte es sich nicht gestattet, an ihn zu denken - bis jetzt.
Sie begehrte ihn. Ganz gleich, wie sehr sie dieses Verlangen unterdrückt hatte, es war wieder da - mit aller Macht. Sie flüchtete sich in den Gedanken, dass eine Beziehung zu ihm viel zu kompliziert wäre. Aber auch das half nicht viel.
"Ich bin zu müde, um mich jetzt noch weiter mit diesem Problem zu beschäftigen", erklärte sie dem völlig uninteressierten Nijinsky. "Ich gehe ins Bett." Als ihm auch das egal zu sein schien, stieg sie über ihn hinweg und stellte den Fernseher ab, knipste die Lichter aus und ging in ihr Schlafzimmer.
Nick starrte hinauf zu den dunklen Fenstern von Ruths Apartment. Es war ein Uhr früh, und sie schlief. Wenn ich bei klarem Verstand wäre, würde ich auch schlafen, sagte er sich grimmig. Er steckte die Hände tief in die Taschen. Die Nacht war kühl. Ein Hauch von Herbst lag in der Luft. Wie idiotisch von ihm, hierher zu kommen. Er hatte sich das immer wieder und wieder vorgehalten, während er zielstrebig zu dem Wohnblock ging, in dem ihr Apartment lag.
Die Nächte trieben ihn noch zum Wahnsinn. Er brauchte Ruth. Er hatte sie von dem Augenblick an begehrt, als er sie in Lindsays Studio an der Übungsstange gesehen hatte. Himmel, sie war damals siebzehn gewesen!
Wie hatte er wissen können, wie sie schmeckte, wenn er sie küsste. Oder dass sie auf ihn so reagieren würde, als ob sie auf ihn gewartet hätte? Wie hätte er wissen können, dass allein der Anblick ihrer grazilen, feinen Gestalt ihn Tag für Tag aufs Neue quälen würde?
Er drehte sich um und ging davon. Nur wenige Schritte, dann blieb er stehen und kam zurück. Oh, wie er sie begehrte! Jetzt.
Heute Nacht.
Das Klopfen an ihrer Tür schreckte Ruth aus dem Tiefschlaf auf. Sie war noch nicht aus dem Bett, als es erneut heftig klopfte. "Ich komme!" rief sie, während sie nach ihrem Seidenkimono tastete.
Sie zog den Kimono über, eilte durch die dunkle Wohnung zur Tür und blickte durch den Spion. Sie blinzelte und blickte ein zweites Mal hindurch.
Nick klopfte wieder.
Als Ruth die Tür endlich geöffnet hatte, starrten sie einander an. Ruth war irgendwie bestürzt, als sie bemerkte, dass Nick kurz davor war, die Beherrschung zu verlieren. Er machte einen Schritt nach vorn in ihre Wohnung, und ihm war im selben Augenblick bewusst, dass er die Grenze überschritten hatte.
"Ich brauche dich."
Drei einfache Worte, ruhig, aber auch zögernd gesprochen.
Noch bevor Ruth klar war, was sie tat, streckte sie ihm die Arme entgegen.
Sie begegneten sich mit wildem Verlangen. Der Kuss war heftig, ja beinahe verzweifelt.
"Ich will dich", stöhnte er und hielt sie auf Armeslänge von sich, um ihr ins Gesicht zu sehen. "Ich will dich."
Ruth
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