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Tanz mit dem Engel

Tanz mit dem Engel

Titel: Tanz mit dem Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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thirty-seven«, wiederholte Winter.
    »Da sieht man, was man hat und was man nie bekommen wird«, sagte Macdonald. »1960. Das Jahr, in dem die moderne Welt geboren wurde. Komischerweise ist es auch mein Geburtsjahr.«
    »Ihr altert schneller in Großbritannien.«
    »Gerade hatte ich daran gedacht, ein Gläschen unten in The French zu spendieren, aber jetzt weiß ich nicht mehr so recht.«
    ». mit gewissen deutlichen Ausnahmen.«
    »Wollen wir dann gehen?« Macdonald stand von der Bank auf.
    Sie hatten in The French über einem Gläschen gesessen, Winter mit einem Gefühl des Stillstands im Kopf. Er war müde von den Eindrücken, Gedanken und Gesprächen mit Macdonald und seinen Leuten, mit Zeugen.
    Er war die Straßen abgegangen, auf denen der Junge geschlendert war oder geschlendert sein mochte, er hatte mit seinem Kollegen verglichen und diskutiert. Sie waren früh zu einem Einvernehmen gelangt.
    Er hatte den richtigen Beschluß gefaßt, als er rübergekommen war. Gleichzeitig hatte ihn ein Gefühl der Niederlage übermannt. Es würde wieder geschehen.
    Ganz kurz hatte er am Abend zuvor an Angela gedacht und überlegt, ob er sie anrufen sollte. Er hatte darauf verzichtet. Was bedeutete sie für ihn? Warum dachte er so? Da saß eine blonde Frau ein Stück weiter, mit einem Versprechen im Körper. War es deshalb? Sie war wie Angela, ein perfektes Geschöpf: ein breiter roter Mund, dieses Versprechen in den Linien des Körpers, wie eine Einladung.
    »Sie merken, wie still ich werde, wenn ich in eine Bar komme«, sagte Macdonald.
    Winter nickte, die Augen aber noch auf der Frau. Wartete sie auf einen Mann?
    »Wir Schotten haben mehr mit dem Kontinent gemeinsam als mit England«, sagte Macdonald.
    »Ihr schweigt und leidet über dem Glas.«
    »Sie verstehen«, sagte Macdonald.
    »Ihr neigt den Kopf vor und begrabt ihn in den Händen und schweigt und laßt euch von der traurigen Musik mit süßer Verzweiflung erfüllen. Ihr lauscht auf die Seufzer vom Herzen.«
    »Sie verstehen wirklich.« Und nach einer kleinen Weile, mit halb erhobenem Glas: »Ich bin übrigens Steve.«
    »Okay. Erik.«
    Sie trennten sich am Piccadilly Circus. Macdonald verschwand im Untergrund, und Winter ging in östlicher Richtung zurück, überquerte den Cambridge Circus und ging auf der Shaftesbury einige hundert Meter weiter bis zur Nummer 180. Er betrat Ray's Jazz Shop. Hierher ging er seit seiner Teenagerzeit. Was es nirgendwo sonst gab -hier fand man es immer.
    Winter erkannte die Gerüche von den Wänden, den alten LP-Hüllen: Staub, Tinte, altes steifes Papier, wie eine blaue Schleife, wie etwas Säuerliches oder Süßsaures, das aus der stummen Musik hinter der Pappe kam.
    Die Regale mit CD-Scheiben waren seit dem letztenmal mehr geworden, aber das war die einzige Veränderung. Der schwarze Junge hinter der Theke in der Mitte legte eine CD-Scheibe ein, und die Musik begann. Winter erkannte sie auf Anhieb: New York Eye and Ear Control vom 17. Juli 1964, Ayler und Cherry und Tchicai und Rudd und ein unheimlich starker Sound, wie ein erotisches Erlebnis.
    Es war ein eigenartiges Zusammentreffen. Er hatte die Musik vor kurzem gehört, auf die gleiche Art wie jetzt, von den Wänden. Es war keine Musik, die man jeden Tag hörte. Er sagte das zu dem Jungen an der Theke.
    »Es sind nicht mehr viele davon da«, sagte der Junge. Er trug eine schwarze Brille. »Die reinkommen, gehen gleich wieder weg.«
    »Meine eigene ist irgendwo verschwunden«, sagte Winter.
    »Da haben Sie jetzt Glück.«
    »Ich komme aus Schweden, und das ist die Belohnung.«
    »Ich kann mich nur erinnern, daß wir in den letzten Wochen eine Scheibe hatten, vor dieser hier, und die ging auch an einen aus Skandinavien.«
    »Ach ja?«
    »Bei dem Akzent kann man nicht schiefliegen«, sagte der Junge, »ich habe nämlich mal in Stockholm gewohnt, und ich erkenne ihn wieder. Ich war wegen einer von euren Frauen dort«, fügte er hinzu und grinste. »Aber bei Ihnen hört man es nicht so.«
    »Das kommt, weil ich mit allem so wählerisch bin«, sagte Winter. Weil ich so ein verdammter Snob bin, dachte er.
    »Da sind Sie richtig gekommen. Das hier ist das Beste, was man in Skandinavien kennt.«
    »Ach ja?«
    »Der, der hier war, hat das gesagt.« »Aha.«
    »Kommt ein Blondschopf herein, dann spielst du das, dann verkaufst du es, hat er gesagt.«
    »Aha.«
    »Oder es kommt irgendein Skandinavier und fragt danach.«
    Winter kaufte die Aylerscheibe und die neueste vom
    Julian Argüelles

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