Tanz mit dem Engel
Brief, den jemand an ihn geschrieben hatte.«
»Ja.«
»Er hatte nichts für jemand anderen hinterlassen.« »Nicht daß wir wüßten.«
»Es gibt etwas in diesem Zeugenprotokoll aus der Vernehmung dieser Brieffreundin. Geoff Hillier hatte geschrieben und berichtet, daß er kommen würde, und die Brieffreundin. Petra Althoff heißt sie. sie hatte sofort zurückgeschrieben«, sagte Winter. »Aber er antwortete nie.«
»Nein«, sagte Ringmar.
»Hätte er nicht antworten sollen? Es lag doch eine lange Zeit dazwischen.«
Ringmar machte eine Geste mit den Armen. Wer blickte da durch?
»Die Engländer sind flink«, sagte Winter nach einer kleinen Weile.
»In England geht alles mit Schwung«, sagte Ringmar. »Schau dir bloß ihren Fußball an.«
»Die haben einen Burschen, der ziemlich oft bei Malmströms anruft, aber das ist eher zum Trost«, sagte Winter.
»Mhm.«
»Die halten das so«, sagte Winter, »family liaison officer heißt das.«
»Aha.«
»Der Kommissar in der Gruppe wählt einen direkt aus, wenn die Ermittlung in Gang kommt. Manche halten das so.«
»Genau das, was du gemacht hast«, sagte Ringmar.
»Du meinst Janne? Das war notwendig.«
Ringmar gab keinen Kommentar ab. Das Handy in seiner Brusttasche läutete, und er drückte auf den Antwortknopf und murmelte seinen Namen.
»Ich will sehen, ob ich ihn finden kann«, sagte er und blickte Winter an, dann legte er das Telefon auf den Tisch und zeigte in die Zimmerecke. Winter kam mit.
»Es ist deine Mutter.«
»Wirkte sie nüchtern?«
»Eher nicht, glaube ich.«
»Was will sie?«
Ringmar zuckte die Achseln.
Winter ging zum Schreibtisch zurück und nahm das Telefon.
»Ja?«
»Eeerik!«
»Hallo, Mutter.«
»Wir waren so beunruhigt.«
»Aha.«
»Wir haben über den neuen Mord gelesen.«
»Ich bin gerade im Moment ziemlich beschäftigt, Mutter. War noch was anderes?«
»Lotta hat angerufen. Sie meint, du könntest öfter von dir hören lassen.«
»Das kann sie mir ohne den Umweg über Spanien sagen«, bemerkte Winter und verdrehte die Augen in Ringmars Richtung.
»Ich werde mit ihr sprechen«, fuhr Winter fort, »aber jetzt muß ich gehen.«
Er drückte auf Aus und gab Ringmar das Telefon.
»Du siehst, wie es mir geht«, sagte er.
Ringmar gab einen gackelnden Laut von sich.
»Wo hast du dein eigenes Handy?« fragte er dann.
»Zum Laden im Zimmer.«
»Mhm.«
»Mit Ansage.«
»Ja.«
»Das sind eigentlich idiotische Dinger«, sagte Winter, »ich habe Menschen sich auf der Straße direkt gegenüberstehen und in ihre Handys sprechen sehen.«
»So leisten moderne Menschen einander Gesellschaft«, sagte Ringmar.
»Stell dir vor, du kämest plötzlich in eine andere Zeitschicht, Bertil. Der Blitz schlüge zwei Meter neben dir ein, und seine ungeheure Kraft zöge dich fünfhundert Jahre in der Zeit zurück«, sagte Winter. »Du stündest auf demselben Fleck, aber nun ist es fünfhundert Jahre früher.«
»Mhm.«
»Hör zu. Du stehst da, und es ist kalt und rauh und leer. Das einzige, was du bei dir hast, ist dein Telefon. Du versteckst dich vor einigen Reitern, die den Weg, oder wie man das nennen soll, entlangkommen, und du begreifst, daß du in einer anderen Zeit bist. Verstehst du?«
»Ich verstehe.«
»Das einzige, was man in dieser Situation machen kann, ist, die Panik zu bekämpfen. Wenn diese sich gelegt hat, wählst du auf deinem Handy die Telefonnummer nach Hause, und dann antwortet Bodil! Deine Frau antwortet. Verstehst du, Bertil?«
»Ich verstehe.«
»Du stehst im Mittelalter und kannst zu Hause anrufen. Das ist doch ein spannender Gedanke.«
»Das ist rasend interessant.«
»Danach könnten sie einen Film drehen.«
»Darf ich da auch mitmachen?«
»Das kann ich nicht entscheiden«, sagte Winter. »Aber dann kommt das Beste von allem oder das Schlimmste. Ein Handy wird, wie wir alle wissen, mit einer Batterie betrieben und muß aufgeladen werden, was gerade eben in meinem Zimmer geschieht. Aber im Mittelalter gibt es keine Steckdosen. Du stehst da und plauderst, und du weißt, wenn die Batterie am Ende ist, ist Schluß. Dann ist der Kontakt für immer abgebrochen.«
»Das ist ja eine schauderhafte Geschichte.«
11
Janne Möllerström machte Überstunden über der Datenbank der laufenden Ermittlungen. Er rieb sich die Augen, als das Flimmern auf dem Schirm zu flüssigem Glas wurde.
Wenn er frei hatte, konnte er kaum bis zum Morgen warten. Die Augen waren starr über der Frühstücksdickmilch, aber er sehnte
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