Tanz mit dem Engel
Anblick.
Winter war lange genug Polizist, um sich dieses Paket an einem Kachelofen zu wünschen. Eine gute Lösung: Schluß mit der Kälte für den Jungen, und der nasse Fleck auf dem Gehweg würde trocknen, bis es Sommer würde und grün und schön in der Stadt. Eine andere Seite an ihm, vielleicht war es die zivile, hatte ihn vorgestern veranlaßt, den Jungen hochzuheben und dafür zu sorgen, daß er in die Notaufnahme kam. Jemand, den Winter kannte, hatte zwei Stunden gewartet, während die Aufseher in den Gängen unter dem Sahlgrenska kamen und gingen.
Am folgenden Nachmittag war der Junge wieder hinter der Straßenbahnhaltestelle. Hatte er dort gesessen, als der herrenlose Wagen die Aschebergsgatan heruntergeschossen kam und die Menschen zermalmte? Es war ein Tag im März gewesen. Das Leben war in einem Augenblick vorbei. An jenem Morgen hatte Winter sich wegen einer bösartigen Grippe etwas länger als gewöhnlich zu Hause herumgedrückt. Er hatte das Gebrüll und die Schreie von dem Zusammenstoß da unten gehört, er hatte begriffen, was passiert war, ohne hinauszuschauen, und er war einer der vielen, die den Notruf direkt angerufen hatten.
Er war sofort runtergelaufen und hatte hilflos an Metallteilen gezerrt wie alle andern. Niemals würde er die Frau vergessen, die bis zum Abend dagestanden und gewartet hatte, bis genug Schrott von ihrem toten Sohn weggehoben worden war.
Diesmal murmelte der Junge etwas, und Winter blieb stehen, beugte sich über das Bündel und lauschte. Noch ein Murmeln, undeutlich und stockend, aber es klang wie >ein paar Kronen<, und Winter richtete sich auf und ging weiter.
Der Flur war dunkel und kühl, ein blasser Strich Licht aus den anderen Zimmern der Wohnung. Er wand sich aus den Schuhen und hob die Post vom Boden auf: ein Rundschreiben von Mercedes über neue Modelle, die neue Nummer der Polistidningen, zwei Ansichtskarten von Freundinnen, die nach Thailand beziehungsweise auf die Kanarischen Inseln gereist waren, eine Nachricht, daß Bücher auf dem Postamt an der Avenyn abzuholen waren, ein Brief mit einer spanischen Briefmarke, er erkannte die zielstrebige Handschrift seiner Mutter und einen kleinen roten Stern in der rechten Ecke des Kuverts, der alles mögliche sein konnte, aber wahrscheinlich ein angetrockneter Tropfen Rotwein war.
Winter nahm den Stapel Post mit in die Küche und legte ihn auf den Tisch. Er hob die zwei Plastiktüten hoch, die er von der Markthalle hergetragen hatte, und stellte sie auf den Abwaschtisch. Er packte den Einkauf aus: ein Stück Heilbutt, eine Aubergine, eine gelbe Paprika, eine Zucchini, ein paar Tomaten und hundert Gramm Kalamataoliven und ein paar Bund frischen Thymian und Basilikum.
Er schnitt die Aubergine in Scheiben, legte die Scheiben auf ein Tablett und streute Salz darüber. Er entkernte einige Oliven. Danach goß er etwas Olivenöl in eine feuerfeste Form, stellte sie auf den Herd und schnitt die Paprika, die Tomaten und die Zucchini in Scheiben. Dann drückte er die Feuchtigkeit aus den Auberginenscheiben und briet sie in einer großen Bratpfanne. Er schichtete alle Gemüse dachziegelförmig zusammen mit geschnittenem Knoblauch und Oliven, schnipselte Kräuter darauf, goß noch etwas Olivenöl nach und drehte die Pfeffermühle mehrmals darüber. Zusammen mit ein paar halbierten und mit Salz bestreuten Kartoffeln stellte er die Schüssel in den Ofen. Nach einer Viertelstunde legte er den Fisch aufs Gemüse.
Er nahm sein Essen in dem großen Zimmer mit dem Fenster zur Stadt zu sich, ganz still und ohne ein Buch vor sich. Er trank eine halbe Flasche Ramlösa. Ich sollte öfter selbst kochen, dachte er. Das beruhigt mich. Der Zweifler in mir hält sich dann verborgen. Ich werde still, ich denke nicht daran, wie man die Fassade mit dem, was sich dahinter befindet, zusammenhält.
Winter schmunzelte und erhob sich. Er trug Teller und Glas durch den Flur und hörte den Fahrstuhl zu seiner Etage heraufkeuchen. Er hörte die Fahrstuhltür auf- und zugehen und gleich darauf seine eigene Türklingel. Winter sah auf die Armbanduhr. Sie zeigte genau neun Uhr.
Er ging in die Küche, stellte alles ab, ging zurück in den Flur und machte auf. Es war Bölger.
»Hoffentlich nicht zu spät?«
»Komm rein, Kumpel.«
Johan Bölger trat über die Schwelle, zog die Lederjacke aus und schnickte die Schuhe weg. »Möchtest du Kaffee?« fragte Winter. »Gern.«
Sie gingen in die Küche, wo Bölger sich an den Tisch setzte. Winter brachte die
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