Tanz mit dem Schafsmann
Zumal ich die Polizei noch nie ausstehen konnte. In den Sechzigern hatte ich eine üble Begegnung mit den Bullen. Ich war damals in der Nähe vom Parlament, als Michiko Kanaba zu Tode geprügelt wurde. Lang ist’s her. Zu der Zeit …«
Dabei beugte er sich vor und hob den Golfschläger auf, mit dem er sich dann auf den Fuß tippte, während er an mir hoch- und runterschaute. Als stellte er einen Zusammenhang zwischen Gesicht und Füßen fest.
»Früher wusste man noch, was richtig und was falsch war«, sagte Hiraku Makimura.
Ich nickte ohne Überzeugung.
»Spielen Sie Golf?«
»Nein, überhaupt nicht«, erwiderte ich.
»Sie mögen den Sport nicht?«
»Ach, das nun nicht gerade, ich habe nur noch nie Golf gespielt.«
Er lachte. »Das wäre auch nicht tragisch. Fast alle Leute, die noch nicht Golf gespielt haben, hassen den Sport. So ist das nun mal. Also seien Sie ruhig ehrlich. Ich möchte Ihre aufrichtige Meinung hören.«
»Na schön, ich mag ihn nicht besonders.«
»Und warum nicht?«
»Ich finde das Zubehör so lächerlich, dieses ganze aufgeblasene Zeug. Das hochtrabende Wägelchen, die Flaggen, die Ausstattung. Dann der Blick und die Art, die Ohren zu spitzen, wenn man sich niederkauert, um den Rasen zu inspizieren. All diese Kleinigkeiten gehen mir auf die Nerven.«
»Die Ohren spitzen?«, fragte er verwundert zurück.
»Reine Rhetorik. Hat nichts zu bedeuten. Mir geht eben alles auf den Wecker, was zum Golfsport gehört. Das mit den Ohren war nur ein Scherz.«
Makimura starrte mich erneut ausdruckslos an.
»Sind Sie nicht ein bisschen überspannt?«
»Nein, ganz und gar nicht«, erwiderte ich. »Ich bin ein ganz normaler Mensch. Nur meine Witze kommen wohl nicht an.«
Schließlich kam der Assistent mit zwei Flaschen Bier und zwei Gläsern auf einem Tablett zurück. Er stellte es auf der Verandaschwelle ab, öffnete die Flaschen, goss uns ein und entfernte sich.
»Zum Wohl«, sagte Makimura und setzte sich auf die Veranda.
Ich prostete zurück. Der erfrischende Schluck löschte meinen Durst. Aber da ich noch Auto fahren musste, beließ ich es bei diesem Glas.
Makimuras Alter war schwer zu schätzen, aber Mitte vierzig musste er mindestens sein. Er war zwar nicht sonderlich groß, wirkte jedoch wegen seiner kräftigen Statur viel stattlicher. Ein mächtiger Brustkorb, dicke Arme, Stiernacken. Wäre sein Nacken nicht ganz so massig gewesen, hätte man ihn für einen Sportler halten können. Aber der wulstige Hals, der übergangslos mit dem Kinn verschmolz, zeugte von einem jahrzehntelangen undisziplinierten Lebensstil. Und schließlich wird man nicht jünger. Die Zeit fordert ihren Tribut. Ich erinnerte mich an Fotos von einem jungen, schlanken Makimura mit durchdringendem Blick. Er war nicht ausgesprochen gut aussehend, hatte aber durchaus Charisma. Eben die Ausstrahlung eines viel versprechenden Schriftstellers. Wie lange mochte das her sein? Fünfzehn, sechzehn Jahre? Sein Blick hatte immer noch die alte Schärfe. Je nach Lichteinfall strahlten seine Augen mitunter sogar Klarheit aus. Sein bereits ergrautes Haar trug er kurz. Das weinrote Lacoste-Hemd passte gut zu seinem – vermutlich vom Golfspielen – gebräunten Teint. Die Knöpfe des Polo-Shirts standen natürlich offen. Wegen seines fetten Halses. Es ist nicht so einfach, in einem weinroten Lacoste-Hemd gut auszusehen. Ist der Hals dünn, dann wirkt es jämmerlich, ist er zu dick, scheint der Träger darin zu ersticken. Eine Frage der goldenen Mitte. Gotanda stünde es bestimmt hervorragend. Oh Mann, bloß nicht an ihn denken.
»Was schreiben Sie eigentlich?«, fragte Makimura.
»Ach, Schreiben kann man das nicht nennen«, erwiderte ich. »Ich fabriziere lediglich Lückenfüller. Alles Mögliche. Es soll nur irgendetwas auf dem Papier stehen. Irgendjemand muss diese Arbeit machen, also habe ich sie übernommen. Es ist wie Schneeschaufeln. Kulturelles Schneeschaufeln.«
»Schneeschaufeln«, wiederholte Makimura und warf einen flüchtigen Blick auf seinen Golfschläger. »Treffender Ausdruck.«
»Danke«, erwiderte ich.
»Macht Ihnen das Schreiben Spaß?«
»Im Moment kann ich schwer sagen, ob ich Spaß daran habe. Es ist keine besonders anspruchsvolle Arbeit. Aber ich bin im Schneeschaufeln geübt. Habe sozusagen den Dreh raus. Das Know-how, die Einstellung, den Schwung und all das. Mir etwas auszudenken macht mir schon Spaß.«
»Eine klare Antwort«, sagte er anerkennend.
»Auf diesem niederen Niveau ist die Arbeit
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