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Tanz mit dem Schafsmann

Tanz mit dem Schafsmann

Titel: Tanz mit dem Schafsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Kentucky Fried Chicken, McDonald’s, Dairy Queen … und ab und zu Lunchboxes.«
    Junkfood.
    »Ich hole dich um fünf ab«, sagte ich. »Dann gehen wir was Vernünftiges essen. Deine Ernährung ist wirklich grauenhaft. Mädchen in der Pubertät müssen einfach ordentlich essen. Wenn du so weitermachst, kriegst du nachher Probleme mit deiner Periode. Es bleibt natürlich dir überlassen, wie du dich entwickelst, aber wenn du Probleme mit der Periode hast, fällst du damit den Menschen in deiner Umgebung zur Last. Du solltest auch an die anderen denken.«
    »So ein Schwachsinn«, sagte Yuki, diesmal etwas weniger vorlaut.
    »Ach übrigens, wenn es dir nicht allzu viel ausmacht, gib mir doch mal die Telefonnummer von eurer Wohnung in Akasaka.«
    »Wieso?«
    »Weil einseitige Kommunikation nicht fair ist. Du hast meine Nummer, ich aber deine nicht. Du kannst mich anrufen, wenn dir danach ist, ich hingegen nicht. Ist doch ungerecht. Abgesehen davon kann mir ja etwas dazwischenkommen, und dann könnte ich dich nicht erreichen und unsere Verabredung absagen. Äußerst unpraktisch.«
    Sie schniefte offenbar verunsichert, gab mir dann aber die Nummer. Ich notierte sie unter der von Gotanda in meinem Adressbuch.
    »Aber lass dir bloß nicht einfallen, Verabredungen einfach abzublasen. Darin ist Mama schon Meister. Einer von der Sorte reicht mir.«
    »Keine Sorge. Ich bin nicht so jemand, der Pläne einfach über den Haufen wirft, das schwöre ich dir. Frag den Schmetterling oder den Schneckenklee. Es dürfte kaum jemanden geben, der seine Versprechen so gut hält wie ich. Aber es kann doch immer plötzlich etwas Unvorhergesehenes dazwischenkommen in dieser großen, komplizierten Welt. Etwas, über das ich keine Macht habe. Dann wäre es doch sehr ungünstig, wenn ich keine Verbindung zu dir aufnehmen kann, verstehst du?«
    »Unvorhergesehene Zwischenfälle«, sagte sie.
    »Aus heiterem Himmel«, sagte ich.
    »Sollten besser nicht geschehen«, sagte Yuki.
    »Besser nicht«, echote ich.
    Aber genau das taten sie.

21
    Und zwar kurz nach drei. In Gestalt zweier Personen. Ich stand gerade unter der Dusche, als es an der Tür klingelte. Ich zog meinen Bademantel über, und bis ich aufmachen konnte, hatte es bereits acht Mal geläutet. Das ungeduldige Klingeln löste bei mir ein nervöses Prickeln aus. Ich öffnete die Tür, und vor mir standen zwei Männer. Einer sah aus wie Mitte vierzig, der andere schien in meinem Alter zu sein. Der ältere war groß und hatte eine Narbe auf der Nase. Ein bisschen zu gebräunt für diese Jahreszeit. Es war der tiefe, bodenständige Bronzeton eines Fischers und nicht die Bräune, die man bei einem Strandurlaub in Guam oder beim Skilaufen bekam. Er hatte störrisches Haar, Riesenpranken und trug einen grauen Mantel. Der jüngere hingegen war klein, langhaarig und hatte schmale, stechende Augen. Eine Generation zuvor hätte man ihn einen Schöngeist genannt. Einer von der Sorte, die sich in literarischen Zirkeln durch die Mähne fahren und dabei deklarieren: »Also doch Mishima.« In den Seminaren an der Uni gab es auch solche Exemplare. Er hatte einen dunkelblauen Trenchcoat an. Beide trugen schwarze Schuhe. Altmodische, ausgetretene Billiglatschen, um die man einen großen Bogen machen würde, wenn sie am Straßenrand lägen. Ebenso um die beiden Gestalten, die nicht gerade Typen waren, mit denen man befreundet sein wollte. ›Fischer‹ und ›Schöngeist‹ taufte ich das Duo fürs Erste.
    Schöngeist zog unaufgefordert seinen Ausweis hervor, den er mir wortlos entgegenhielt. Wie im Film. Ich hatte noch nie einen Polizeiausweis gesehen, aber ein Blick genügte, um zu wissen, dass er echt war. Genauso abgenutzt wie seine Schuhe. Als er ihn aus der Tasche zog, dachte ich zuerst, er wolle mir ein Literaturmagazin verkaufen.
    »Vom Polizeirevier Akasaka«, sagte Schöngeist.
    Ich nickte.
    Fischer stand schweigend daneben, die Hände in den Manteltaschen vergraben. Ganz beiläufig hatte er einen Fuß in meine Tür gestellt. Damit ich sie nicht schließen konnte, versteht sich. Meine Güte! Echt filmreif.
    Schöngeist steckte seinen Ausweis wieder ein und musterte meinen Aufzug: nasse Haare und nur mit einem Bademantel bekleidet. Immerhin ein grüner Bademantel von VIZ. Natürlich eine Lizenzproduktion, aber es stand deutlich lesbar VIZ auf dem Rücken. Das Shampoo war von Wella. Ich brauchte mich also nicht zu schämen. Deshalb verhielt ich mich abwartend, bis sie mir die Sache erklärten.
    »Wir

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