Tanz mit dem Teufel
zurückzahlen kann.«
»O nein, glaubst du wirklich?«
»Am klügsten wäre es gewesen, ihnen die dreißig Riesen schon mal als Anzahlung zu geben, um sie ein bisschen zu besänftigen. Aber das hat er ja ganz offensichtlich nicht getan. Das erlebt man öfter. Jemand hat einen Berg Schulden und gerät in Panik. Für uns wäre sein Plan gar nicht mal so schlecht. In den einschlägigen Kreisen ist er inzwischen bekannt wie ein bunter Hund. Er muss also die Casinos außerhalb der Stadt abklappern, und dabei hinterlässt er vielleicht Spuren. Es kommt alles darauf an, dass wir ihn vor diesen Geldeintreibern finden. Kannst du die Männer beschreiben?«
»Dunkle Haare. Ende zwanzig, Anfang dreißig. Ich glaube, der Größte von ihnen war der Anführer. Auf jeden Fall war er der Einzige, der mit mir geredet hat. Die beiden anderen sind im Vorgarten stehen geblieben. Der eine hat den anderen geärgert, ihm Kopfnüsse verpasst und so. Wie Kinder. Der an der Tür geklingelt hat, war anders. Sehr kühl, sehr geschäftsmäßig. Er wollte zu Charlie, und als ich ihm gesagt habe, dass er nicht zu Hause ist, wollte er wissen, wo er ihn finden kann. Ich habe geantwortet, das wisse ich nicht. Dann hat er gefragt, wann er wieder zurück ist. Das konnte ich ihm auch nicht sagen. Er schien sich nicht schlüssig zu sein, ob ich die Wahrheit sage, und hat mich nur noch stumm angestarrt. Und zum Schluss hat er mir dann die Tüte gegeben. Die wäre für meinen Mann, wenn er wieder nach Hause kommt.«
»Was für eine Tüte?«
»Das war das Seltsamste überhaupt. Es war eine kleine braune Papiertüte, wie man sie zum Lunch mitnimmt. Er hat sie mir in die Hand gedrückt, und dann sind sie gegangen. Ich hab natürlich sofort reingesehen. Es lag nur ein kleines Päckchen darin, eingeschlagen in Metzgereipapier. Und darin wiederum zwei rohe Hühnerschenkel. Ich hatte keine Ahnung, was ich damit anfangen sollte, wusste nicht, ob ich darüber lachen oder weinen sollte. Also hab ich sie erst mal in den Kühlschrank gelegt. Etwas anderes ist mir nicht eingefallen. Ich war ja so dumm, du glaubst es nicht, aber ich war wirklich absolut ahnungslos. Trotzdem sind mir diese Schenkel die ganze Zeit im Kopf rumgespukt, und nach einer Weile hab ich sie wieder rausgeholt und mir genauer angesehen. Sie waren merkwürdig verbogen, mittendurch gebrochen. Da fiel der Groschen«, sagte sie. »Da wusste ich, dass mein Charlie in Schwierigkeiten steckt.«
Wieder kamen ihr die Tränen. Als Spandau ihr tröstend die Hand auf den Arm legen wollte, rutschte sie ans andere Ende der Bank. In sich zusammengesunken, die Hände vors Gesicht geschlagen, schluchzte sie leise vor sich hin. Spandau musste sich damit begnügen, hilflos daneben zu sitzen.
19
Als Spandau später im Büro eintraf, bot sich ihm das fast schon vertraute Bild: Pookie, wie aus dem Ei gepellt, vor ihrem Schreibtisch Leo, schmachtend auf und ab staksend wie ein verirrtes Kälbchen. Als Spandau durch die Tür kam, fühlte Leo sich ertappt und legte sich hastig einen guten Grund für seine Anwesenheit zurecht.
»Ich wollte sie nur kurz fragen, ob sie meine Abrechnungen bekommen hat. Du hast meine Abrechnungen doch bekommen, ja?«, sagte er zu Pookie.
»Was für Abrechnungen?«, gab sie zurück. Leo zu quälen, war eines ihrer liebsten Hobbys – und eine ihrer leichtesten Übungen.
»Die, äh …«, stotterte Leo mit hochrotem Kopf.
»Hast du deine Mutter verloren, Leo?«, fragte Spandau. »Willst du dich adoptieren lassen?«
»Nein, Sir.«
»Wieso schwirrst du dann immer am Empfang rum wie eine Schmeißfliege beim Picknick? Wieso bist du nicht bei der Stadtverwaltung, wo ich dich hingeschickt habe?«
»Bin schon weg.« Auf einmal hatte er es so eilig, dass er im Hinauslaufen mit der Jacke in der Tür hängen blieb.
»Er kann einem fast leid tun«, sagte Spandau zu Pookie, nachdem Leo seinen blamablen Abgang glücklich bewältigt hatte.
»Spar dir dein Mitleid. Er ist gestern Abend unangekündigt bei mir aufgekreuzt und hat mir mein Superdate mit Eric Winterbottom ruiniert.«
»Ich dachte, Eric Winterbottom wäre schwul.«
»Ist er ja auch, aber das weiß Leo doch nicht. Er hat mich stöhnen hören, als ich von Eric gerade eine sensationelle Bindegewebsmassage bekommen habe. Aus Rache hab ich ihm die Tür im Evakostüm – plus knappes Handtuch – aufgemacht. Er sah aus, als würde er losflennen. Jetzt hat er mich gerade eine halbe Stunde lang bekniet, ihm zu versprechen, dass zwischen
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