Tanz mit dem Teufel
Station der Rettungsschwimmer vorbei hinunter zum Strand. Sie stand am Wasser, knapp oberhalb der Brandungszone, und starrte zum Santa Monica Pier hinüber. Leise rief er ihren Namen. Sie war nicht leicht zu erschrecken, aber sie hasste es, überrumpelt zu werden.
»Soll das eine Anspielung sein?«, fragte sie, während er durch den Sand auf sie zustapfte.
Er machte einen auf begriffsstutzig.
»Hier sind wir bei unserer allerersten Verabredung hingefahren«, sagte sie. »Und mach mir bloß nicht vor, das wüsstest du nicht mehr.«
»Ich erinnere mich genau«, sagte er.
Dee breitete ergeben die Arme aus. »Hier bin ich. Tu dir keinen Zwang an, lass ruhig deine Wut an mir aus. Ich hab dich verlassen, dafür willst du dich rächen. Also bitte sehr. Hauptsache, du hilfst mir, meinen Mann zu finden.«
Meinen Mann. Das hatte gesessen. Ein gut gezielter Volltreffer. Typisch Dee, dass sie die Spielregeln bestimmen wollte. Spandau gab ihr trotzdem einen sanften Kuss auf die Wange. Und schon lag sie in seinen Armen. Plötzlich presste sie weinend den Kopf an seine Schulter. Von so einer Szene träumte er seit über einem Jahr, seit sie ihn verlassen hatte. Aber sie weinte nicht, weil sie zu ihm zurückwollte. Ihre Tränen galten nicht ihm. Er merkte es an ihrem stocksteifen Rücken und daran, dass sie sich nicht wirklich fest an ihn schmiegte. Sie suchte keine Liebe bei ihm, jedenfalls nicht diese Art von Liebe. Dass sie nicht versuchte, ihm etwas vorzugaukeln, rührte ihn zutiefst. Sie löste sich von ihm und wischte sich die Tränen ab.
»Zur Polizei kann ich nicht«, sagte sie, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Ich weiß ja nicht genau, in was für Schwierigkeiten er steckt.«
»Wenn er freiwillig auf Tauchstation gegangen ist, wäre es wohl wirklich keine gute Idee, die Cops nach ihm suchen zu lassen. Die sind ja nun nicht gerade ein Ausbund an Diskretion. Genauso gut könntest du Charlie den Schlägern auch gleich auf dem Silbertablett servieren. Andererseits gibt es kein Gesetz, das ihm vorschreibt, nach Hause zu kommen. Du bist dir sicher, dass er das Geld verspielt hat?«
»Es gibt keine andere Erklärung.«
»Hat er früher auch schon gezockt?«
Eine viel zu lange Pause.
»Ja, aber das war vor meiner Zeit.« Erst später wurde ihm wirklich klar, wie schwer ihr diese Antwort gefallen sein musste. »Können wir uns setzen? Ich habe seit Tagen nicht geschlafen.«
Genauer gesagt, seit drei Tagen, und gegessen hatte sie, wie sich herausstellte, in dieser Zeit auch nichts. Sie vertraute ihm nicht alles an. Vieles behielt sie wie immer für sich. Sie suchten sich eine Bank an der Mündung der Lagune.
»Kein Mensch hatte mir etwas davon gesagt. Weder Charlie noch seine Schwester. Obwohl sie nicht besonders gut miteinander auskommen, halten sie komischerweise trotzdem wie Pech und Schwefel zusammen. Als er nicht nach Hause kam, habe ich als Erstes bei ihr angerufen und ihr von den drei Männern erzählt. Da ist sie dann damit rausgerückt. Dass seine erste Ehe unter anderem auch an seiner Spielsucht gescheitert ist. Danach war er in Therapie und auch in einer Selbsthilfegruppe. Er hat sich nicht getraut, es mir zu beichten, weil er Angst hatte, mich zu verlieren. Außerdem waren alle überzeugt, dass er die Sucht in den Griff bekommen hatte. Er hätte überhaupt nur deshalb mit dem Spielen angefangen, weil er es mit seiner ersten Frau nicht aushielt. Mit mir dagegen wäre er glücklich. Mit mir hätte er sein Leben von Grund auf geändert. Wieso hätte man mich also damit belasten sollen?«
»Seit ihr zusammen seid, hat er nicht gespielt? Auch nicht vielleicht um kleinere Beträge, die du nicht vermisst hättest?«
»Ausgeschlossen, ich bin mir absolut sicher. Wir haben nur gemeinsame Konten. Das hätte ich gemerkt. So hab ich ja auch erfahren, wie ernst die Sache ist. Er hat unser Sparbuch geplündert.«
»Wie viel?«
»Gut dreißigtausend. Auf dem Girokonto ist auch nicht mehr viel. Ich hab mich umgehört. Charlie hat sogar versucht, an das Versorgungskonto bei der Schule ranzukommen, aber dafür braucht er mich. Sonst scheint nichts zu fehlen. Bei uns ist ja auch nicht viel zu holen, wir sind schließlich Lehrer.«
»Und du hast keine Ahnung, wie hoch seine Schulden sind? Die Männer haben keine Summe genannt?«
»Keine konkreten Zahlen. Aber offensichtlich mehr als dreißigtausend.«
»Vielleicht will er versuchen, mit Hilfe der dreißigtausend so viel Geld zu gewinnen, dass er alles
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