Tanz mit dem Teufel
Hause.
17
Am nächsten Morgen fand er eine SMS von Dee vor, dass sie noch immer nichts von Charlie gehört habe. Er zog sich an und ging nach unten. Anna saß bereits bei ihrem üblichen Joghurt und dem Teller mit dem frischen Obst in der Küche. Weil sie morgens nicht sehr gesellig war, trieben sie keinen großen Aufwand um das Frühstück, es sei denn, einer von ihnen hatte Lust, ein paar Eier in die Pfanne zu hauen. Spandau setzte sich Anna gegenüber an den Tisch, goss sich eine Tasse schwarzen Kaffee ein und machte sich eine Scheibe Toast mit Marmelade.
Sie lächelte versonnen. »Es geht doch nichts über Versöhnungssex.«
»Findest du?«
»Ich glaube, das hat mit Schuld und Vergebung zu tun. Beim Versöhnungssex hat man immer das Gefühl, sich seinen Höhepunkt verdient zu haben.«
»Sonst nicht?«
»Nicht immer.«
»Das hört sich wie ein tiefer Einblick in die weibliche Psyche an, auf den ich unter Umständen lieber verzichtet hätte. Vielleicht solltest du das mit deinem Therapeuten besprechen.«
»Als ich noch in Therapie war, haben wir über nichts anderes geredet. Es ging immer nur um Sex. Nein – ums Ficken. Er fand, das klinge irgendwie noch aufgeklärter. Einmal hab ich mir die Bemerkung erlaubt, dass es doch wohl zwischen einer schnellen Nummer zwischendurch und körperlicher Liebe einen Unterschied gibt. Worauf er mich abgefertigt hat, genau das sei ja einer der Gründe, warum ich überhaupt eine Therapie brauche: weil ich eben zwischen dem einen und dem anderen nicht unterscheiden könne. Er sagte, Ficken sei der Oberbegriff, der sämtliche Variationen mit einschließe.«
»Und das musst du mir unbedingt um sieben Uhr in der Früh erzählen? Warum?«
»Weil es fantastisch war letzte Nacht«, sagte Anna. »Und weil es mit dir immer Liebe ist.«
Wenn sie so direkt war, wusste er nie, was er sagen oder wie er reagieren sollte, obwohl ihn sonst kaum einmal etwas in Verlegenheit bringen konnte. Und genau das liebte sie an ihm. Er senkte den Kopf, aber er schmunzelte.
»Gestern Abend war ich einfach stinksauer auf dich. Und beleidigt. Deswegen bin ich auch ins Haus abgerauscht. Ich hab dann erst mal eine ganze Weile leise vor mich hin gewütet. Aber je länger es in mir gebrodelt hat, desto klarer wurde mir, dass ich im Grunde nur eins wollte: mit dir schlafen. Ich war fast froh, dass du noch mal weggefahren bist, sonst hätte ich dich gleich an Ort und Stelle neben dem Pool vernascht, ohne zu wissen, warum. Als ich dir dann die SMS geschickt habe, hatte ich es endlich kapiert.«
»Damit ich dir vergebe?«
»Nein, du Hund. Schließlich warst du derjenige, der unrecht hatte. Und ich finde nach wie vor, dass du dich unmöglich aufgeführt hast.«
»Jetzt wird’s interessant.«
»Mir wurde klar, wie viel Angst ich habe«, sagte sie. »Angst um uns. Eine Heidenangst, die mich in letzter Zeit gar nicht mehr loslässt. Und schon gab es nichts Wichtigeres mehr für mich, als dich ganz nah bei mir zu haben.«
»Soll das die Erklärung für deine Beckenbodenübungen sein?«
»Ach was, Schätzchen. Ich war einfach total rollig.«
Er lachte.
»Du wirst es schon noch sehen«, sagte sie. »Eines schönen Tages kann ich eine Banane damit schälen.«
»Das liebe ich so an dir. Deine poetische Art, über Sex zu reden.«
»Ich bin eben ein Texasgirl. Wie sagte schon meine Oma immer? Für eine wahre Südstaatenschönheit geht nichts über eine knackige Möse und ein raffiniert geschnittenes Cocktailkleid, das das Hüftgold kaschiert.« Sie stand auf, holte ihre Tasche aus dem Büro und machte eine schnelle Inventur: Laptop, Handy, Zigaretten, Drehbuch. Nachdem sie ihm einen Abschiedskuss gegeben hatte, war sie schon halb wieder zur Tür hinaus, als sie sich noch einmal umdrehte. »Dann ist also alles wieder im Lack zwischen uns?«
»Soll das heißen, du verzeihst mir wegen gestern Abend? Zumindest das verunglückte Vorspiel am Pool?«
»Das vergesse ich dir nie. Ich kann ewig nachtragend sein. Du bist und bleibst eine Knalltüte.« Und rauschte mit einem lässig über die Schulter geworfenen »Ciao« zur Tür hinaus.
Natürlich hatte auch Anna ihre Fehler, aber dass sie keinen gelungenen Abgang hinlegen konnte, gehörte definitiv nicht dazu.
18
Sie trafen sich am Meer, in Malibu Lagoon, unweit der Stelle, wo er am Vorabend angehalten hatte. Er fuhr vom Küstenhighway ab und bog auf den Parkplatz ein, auf dem so früh am Morgen nur ein einziger Wagen stand – ihrer. Zu Fuß ging er an der
Weitere Kostenlose Bücher