Tanz mit dem Teufel
Wir haben nie aufgehört, einander zu lieben, aber wir haben uns gegenseitig aufgerieben. Du dachtest immer, du müsstest irgendeinem albernen Männlichkeitsideal gerecht werden, das mir vorschwebte. Dabei wollte ich dich so, wie du warst. Aber du hast es mir trotzdem übel genommen, und ich war auch wütend und enttäuscht, weil ich dich nicht von meiner Liebe überzeugen konnte. Wir haben uns einfach überfordert. Lieben allein genügt nicht. Man muss auch wissen, wie es geht.«
»Hast du das aus deiner Therapie?«
»Jawohl. Vielleicht schmeichelt es deinem Ego, dass du in dem Jahr das Hauptgesprächsthema warst. Du bist das Einzige, woran ich jemals echt gescheitert bin. Na ja, nicht ganz. Zeichnen kann ich auch nicht. Und jetzt noch das mit Charlie …«
Sie nahm einen großen Schluck.
»Weißt du noch, die Nacht, als dein Vater starb?«, sagte sie. »Ich musste dich suchen gehen. Mom und Dad, wir haben alle nach dir gesucht. Du wolltest nur mal kurz an die frische Luft, und dann bist du stundenlang nicht wiedergekommen. Ich war verrückt vor Sorge, ich konnte dich auf dem Handy nicht erreichen. Und als du endlich rangegangen bis, hast du gesagt, du wärst zu Fuß bis nach Topanga gelaufen. Ich bin hingefahren, um dich abzuholen, aber nein, du wolltest nicht heim. Also saßen wir im Wagen, und ich hielt dich im Arm. Und als ich wissen wollte, warum du nicht nach Hause wolltest, hast du gesagt: ›Weil ich ihn nie mehr wiedersehen werde.‹ Er ist ein Mistkerl und ein Säufer gewesen, der dich und deine Schwester jeden Tag geschlagen und deiner Mutter das Leben zur Hölle gemacht hat. Du konntest einfach nicht begreifen, warum dich sein Tod so mitgenommen hatte. Als ob du es dir aussuchen könntest. Das ist das Problem mit dir, David. Du glaubst, du hättest eine Wahl. Dein Herz will einfach nicht in die Richtung, die du ihm vorgibst. Es fühlt, was es fühlt, und du musst damit leben, besonders, wenn du ihm nicht folgen kannst.«
»Wieso bin ich hier, Dee? Ich habe zu tun.«
»Du solltest heute Abend nicht allein sein.«
»Ich bin nicht allein.«
»Wenn du sie liebst, David, dann lass sie auch in dein Leben. Du brauchst jemanden.«
»Ich hab für so was keine Zeit.« Er stand auf. »Weißt du denn, was du willst?«
»Ja«, sagte sie. »Das weiß ich. Ich will, dass du mit einem Menschen zusammen bist, der dich endlich glücklich machen kann.«
»Aber du bist das nicht?«
»Nein«, antwortete sie. »Ich bin das nicht.«
»Ich hab für so was keine Zeit«, wiederholte er und ging.
45
Onkel Atom war auf dem Kriegspfad, als Araz ins Büro kam.
»Wo zum Teufel hast du gesteckt?«
»Du hast mich doch eben erst angerufen. Und hier bin ich.«
»Wo ist dein Cousin?«
»Welcher?«
»Jetzt komm mir bloß nicht komisch, du kleiner Pisser. Wo ist Savan?«
»Woher soll ich das wissen? Ich hab meine eigenen Probleme, und Savan macht, was er will.«
»Das sieht ihm gar nicht ähnlich.«
»Vielleicht hat er einen Kater«, meinte Araz. »Oder er ist bei einer Frau.«
Atom riss einen schweren Aschenbecher vom Schreibtisch und schleuderte ihn an die Betonwand, wo er mit einem lauten Knall zerbarst. Die Tür flog auf, und Omar kam hereingestürmt, allzeit bereit, jemanden umzulegen.
»Was willst du denn hier, verflucht?«, schnauzte Atom ihn an.
Omar zuckte mit den Schultern und machte ein bedröppeltes Gesicht.
»Räum die Scheißscherben da weg«, sagte Atom.
Omar nickte und bückte sich danach.
»Später, du Arschloch«, sagte Atom. »Ich bin hier noch nicht fertig.«
Omar trollte sich mit einer Handvoll Scherben. Atom wandte sich wieder Araz zu.
»Du da.«
»Ich, ja?«
»Ich hab dich zum Anführer gemacht, weil du der Älteste bist, das gehört sich so. Aber du … ich weiß nicht, woran ich mit dir bin. Die Dinge laufen aus dem Ruder.«
»Was kann ich denn dafür, wenn Savan sich irgendwo rumtreibt?«
»Wenn ich’s wüsste«, sagte Atom.
Er händigte Araz eine Adresse aus.
»Das ist ein Indianercasino oben bei San José. Der Penner, den ihr noch immer nicht geschnappt habt, ist da gesehen worden. Nimm Tavit mit. Nehmt den Geländewagen. Und baut diesmal keinen Scheiß.«
»Meinst du nicht, wir sollten auf Savan warten?«
»Hör sich einer an, wie du mit deinem Onkel redest«, sagte Atom. »Das ist das Problem mit dir. Du hast einfach keinen Respekt.«
»Aber Savan, ja?«
»Savan hat Angst vor mir«, sagte Atom. »Das ist die einzige Art von Respekt, auf die es ankommt. So behalte ich die
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