Tanz mit dem Teufel
der Typ hier und seine kleinen Freunde aus dem Hinterwald. Das dürfte wohl konkurrenzlos das langweiligste Blog des ganzen Universums sein.«
»Das Foto, Leo.«
»Die schnelle Archivsuche hat nichts weiter ergeben, als dass er in Oregon fliegenfischen geht und manchmal einen Brief von da schickt. Von wo genau, wird nicht deutlich, irgendwo in der Nähe von Ashland, aber dafür gibt’s ein Foto. Father Michael mit einer fetten Forelle und der Bildunterschrift: ›Der Leviathan, der an den Haken ging.‹ Zum Schießen, was?«
»Toll, und inwiefern hilft uns das weiter?«
»Warte, hier ist noch ein Foto. Father Mike, wie er im Fernsehsessel chillt. ›Ein wohlverdientes Päuschen!‹ Soll das ironisch gemeint sein, oder ist der Kerl tatsächlich so ’ne Schnarchnase? Manchen Leuten müsste man das Bloggen einfach verbieten. Und diese Holzvertäfelung, vor der er sitzt. Dass es dieses Grauen überhaupt noch gibt!«
»Leo?«
»Und jetzt pass auf.«
Er klickte das Foto an und rief das Geotag auf.
Noch ein paar Klicks, und eine Karte von Oregon erschien, mit zwei roten Fähnchen markiert.
»Man sieht, dass die Fotos nicht weit voneinander entfernt aufgenommen wurden.«
Leo zoomte eins der Fähnchen heran. »Das ist so cool …«
Ashland, Oregon. Unweit der Stadt gab es einen Fluss. Im Heranzoomen tauchten Straßen und Straßennamen auf. Nach einem weiteren Klick verwandelte die Karte sich in ein Satellitenfoto von einem Haus und dessen Umgebung.
»Unheimlich, was?«, meinte Leo. »Überleg dir doch mal, was der Staat alles mit dieser Technik anfangen kann, wenn wir damit schon so weit kommen. Rebecca Hamlin, 1444 Smithfield Road, Sparks Creek, Oregon. Alter: 38, ein Sohn, Michael, 15. Sie betreibt einen kleinen Internetversand für Strickwolle. Sie hat auch ein Facebookprofil, aber auf das hab ich nur den eingeschränkten Zugriff. Und ein paar Fotos. Soll ich sie dir zeigen?«
»Nein«, sagte Spandau. »Ich hab sie schon gesehen.«
48
»Du bist gestern nicht nach Hause gekommen«, sagte Anna. »So was fällt mir auf.«
Sie hatten sich im Ago in der Melrose Avenue zum Lunch getroffen, draußen auf der Terrasse, wo man rauchen konnte. Ein halbes Dutzend Promis labte sich dort an Nikotin und Pellegrino, während sie beim Studium der Speisekarte das übliche moralische Dilemma durchlitten. Man lechzt nach dem Nodino di vitello al balsamico, bestellt aber zuletzt doch wieder nur den verdammten Rote-Bete-Salat.
»Kommt drauf an, was du unter zu Hause verstehst«, meinte Spandau. »Ich war in Woodland Hills und hab mir mit Papierkram die Nacht um die Ohren geschlagen. Im Büro ist sehr viel liegen geblieben. Es ist ein Chaos.«
Sie blickte ihn kurz an und vertiefte sich dann wieder in die Speisekarte.
»Was nimmst du? Ich nehme den Rote-Beete-Salat.«
»Ich nehme das Nodino di vitello al balsamico«, sagte Spandau.
»Das machst du extra, oder?«
»Und den Castello dei Rampolla«, setzte er hinzu, während er die Karte weglegte.
»Eine ganze Flasche?«
»Du trinkst mit, Rote Bete hin oder her. Du wirst es brauchen.«
»O Gott, so schlechte Neuigkeiten? Das tut mir wirklich leid, David. Aber vielleicht ist es besser so. Du wolltest dich doch sowieso irgendwann selbständig machen …«
»Das Testament wird erst nächste Woche eröffnet. Aber wenn es nicht angefochten wird – wonach es nicht aussieht –, hat Walter mir den ganzen Kladderadatsch hinterlassen.«
»Er hat dir die Detektei vererbt?«
»Die Detektei, das Haus in Palisades, die Immobilien, die Aktien und Wertpapiere. Mit anderen Worten, so gut wie alles.«
Sprachlos starrte sie ihn an. Schließlich sagte sie leise: »Ach, du liebe Scheiße.«
»Genau.«
»Der hinterhältige Mistkerl.«
»Also, ich glaube ja nicht, dass er das nur gemacht hat, um dich zu ärgern.«
»Sei dir mal nicht zu sicher.« Sie schüttelte den Kopf. »Jetzt hat er dich endgültig da, wo er dich schon immer haben wollte. Und wenn er sich dafür extra das Hirn rausblasen musste.«
»Was zum Teufel redest du denn da? Du leidest ja schon an Verfolgungswahn! Der Mann hatte Krebs im Endstadium und höllische Schmerzen. Meinst du wirklich, er wollte dir damit eins auswischen? Ob du’s glaubst oder nicht, Walter hatte noch andere Dinge im Kopf als dich.«
»Hast du von dem Krebs gewusst?«
»Nein. Ich dachte bloß, er trinkt zu viel. Ich hab ihn ständig deswegen angemacht. Ich dachte, er wäre blau, dabei stand er unter Schmerzmitteln. Die Hälfte seiner Organe war
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