Tanz mit dem Teufel
Zügel in der Hand. Respekt bedeutet, Rücksicht nehmen. Aber ich nehme keine Rücksicht, auf keinen. Ich will, was ich will und wann ich’s will. Nur so kriegt man was geschafft. Das müsstest du inzwischen gelernt haben.«
Atom kam hinter dem Schreibtisch hervor und baute sich vor seinem Neffen auf.
»Hast du Angst vor mir?«
»Nein«, sagte Araz.
Die Luft knisterte vor Spannung. Atom starrte ihn sekundenlang nur schweigend an. Dann seufzte er tief auf und wandte sich ab.
»Finde dieses Arschloch«, sagte er über die Schulter hinweg. »Sonst lässt du dich hier besser nicht mehr blicken.«
Als Araz hinausging, kam Omar wieder herein.
»Jetzt?«, fragte er.
»Wann sonst?«, knurrte Onkel Atom gereizt. »Ich bin von Hornochsen umgeben.« Kopfschüttelnd machte er sich wieder an die Arbeit.
46
Walter Corens Anwalt hieß Bernie Silberman. Er war Mitte siebzig und mit allen Wassern gewaschen. Seine Kanzlei in Century City sah aus, als stammten die Möbel vom Flohmarkt; die Wände waren mit signierten Fotos gepflastert, auf denen Bernie von jedem namhaften Hollywoodstar der letzten fünfzig Jahre abgeknuddelt wurde. Der Promianwalt war eine lebende Legende. Was interessierte einen schon seine Sperrmülleinrichtung, wenn man wusste, dass er der Mann war, zu dem John Wayne gelaufen kam, wenn er sich aus einem Vertrag herausboxen lassen wollte?
Bernie kippte seinen Schreibtischsessel ein Stück nach hinten, zündete sich eine Zigarre an und lud Spandau ein, ruhig ebenfalls eine zu qualmen, falls ihm danach wäre. Dass das Rauchen eigentlich im ganzen Gebäude verboten war, brauchte ihn nicht weiter zu kümmern: schließlich gehörte es ihm. Spandau steckte sich eine Zigarette an. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal in einem Innenraum hatte rauchen dürfen. Es schmeckte gleich umso besser.
»Schlimme Sache«, sagte Bernie. »Sie wussten, dass er das Beverly Wilshire gehasst hat?«
»Da war was mit seiner zweiten Frau, die nackt durch den Korridor lief.«
»Ein wirklich heißer Feger, das kann ich Ihnen flüstern. Hat ihn eine schöne Stange Geld gekostet. Zum Glück hat sie schließlich irgendeinen Saudi geheiratet. Walter war verliebt und konnte nicht auf einen Ehevertrag warten. Walter und die Weiber! Junge, hab ich immer zu ihm gesagt, wenn du unbedingt dein ganzes Geld zum Fenster rausschmeißen willst, probier’s doch lieber mit Drogen oder Glücksspiel, das kommt dich immer noch billiger als die Frauen. Er war ein gerissener Hund, außer wenn er mit seinem Schniedel gedacht hat.«
»Und dann war da noch der Alkohol.«
»Walter hat mit dem Trinken angefangen, nachdem seine erste Frau ihn verlassen hatte. Vorher hat er praktisch keinen Tropfen angerührt. Sie hätten ihn damals sehen sollen. Attraktive Erscheinung, wie ein kleiner Gatsby. Und richtig sportlich, er hat sogar gerudert, wussten Sie das? Aber dieses Weib hat ihn bis aufs Blut gepiesackt und ihn in den Suff getrieben. Ich war dabei, ich hab’s gesehen.« Er blies einen Rauchkringel zur Decke und sah ihm versonnen nach. »Krebs«, sagte er. »Endstadium.«
»Wie bitte?«
»Leber, Prostata, Knochen, alles. Sie brauchten ihn nicht mal mehr aufzumachen. Die Röntgenbilder sahen aus wie ein Satellitenbild von Afrika. Er hatte höchstens noch drei, vier Monate zu leben, falls man das leben nennen kann. Die Schmerzen mag ich mir gar nicht ausmalen. Allein die Medikamente, mit denen er vollgepumpt war, hätten eigentlich reichen müssen, um ihn umzubringen. Noch ein paar Pillen mehr, und das wär’s gewesen. Das mit dem Beverly Wilshire, das war nur Walters skurriler Humor. Er hatte geschworen, es ihnen heimzuzahlen. Ich weiß noch, wie er’s gesagt hat.«
»Ich dachte, er hätte sich zu Tode gesoffen.«
»Ach was. Seine Leber konnte den Stoff nicht mehr abbauen, schon seit mindestens einem halben Jahr. Und mit all den Mitteln intus konnte er sowieso nichts mehr trinken. Walter starb so nüchtern wie ein Mormone, mein Freund.«
Auch Bernie besaß die Begabung, mit der nur die allerbesten Anwälte ausgestattet sind: zu wissen, wann man den Mund hält. Er ließ Spandau Zeit, die Nachricht zu verarbeiten.
»Warum hat er mir nichts davon sagt, Bernie?«, fragte der schließlich.
»Und was hätten Sie dann gemacht? Walter brauchte jemanden, der das Geschäft am Laufen hielt. Sie sollten sich nicht auch noch seinetwegen Sorgen machen müssen. Er dachte wohl, Sie hätten schon genug Probleme am Hals. Er wollte nicht so viel
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