Tanz mit dem Teufel
verlassen.«
»Ich habe nicht vor, ihnen zu schaden«, sagte Spandau.
50
Er folgte dem alten Priester ins Haus. Rebecca saß im Wohnzimmer auf dem Sofa. Der Raum wirkte düster und trist, obwohl man durch die große Terrassentür, die auf den Garten hinausging, den Fluss sehen konnte. Sie trank Kaffee. Die Kanne und Father Michaels Tasse standen auf dem Tisch.
»Geh doch mit Mikey ein bisschen am Wasser spazieren«, sagte sie zu dem Priester. Man hörte ihren weichen, verschliffenen Vokalen noch an, dass sie aus Kentucky stammte.
»Na komm, alter Kumpel.« Der Geistliche nickte Mikey zu. »Gehen wir mal gucken, ob wir die große alte Schildkröte wiederfinden.«
»Möchten Sie eine Tasse Kaffee, Mr. Spandau?«, fragte sie, als die beiden gegangen waren.
»Gern, danke.«
»Milch und Zucker?«
»Schwarz, bitte.«
Sie holte eine Tasse aus der Küche und schenkte ihm ein. »Nehmen Sie doch Platz.« Er setzte sich. »Sie wollen mit mir über Jerry reden, nicht wahr?«
»Das ist richtig.«
»Wie haben Sie mich gefunden? Sicher nicht über Jerry. Über Lewis vielleicht?«
Spandau schwieg.
»Ich sollte Sie jetzt wohl fragen, wie viel Sie wissen.«
»Ich weiß von Ihnen und Jerry. Von dem Ausflug nach San Diego. Ein bisschen Recherche, mehr brauchte es nicht, um den Rest rauszufinden. Aber ich würde mir gern Ihre Version anhören. Vieles ergibt noch keinen rechten Sinn.«
»Ich weiß gar nicht, wieso ich überhaupt mit Ihnen sprechen soll. Um eine hässliche Geschichte aufzurühren, die ich lieber vergessen würde?«
»Aber genau das können Sie nicht, oder?« Er sah sich im Zimmer um. »Momentan spricht vieles dafür, dass Sie Jerry Margashack seit fünfzehn Jahren erpressen.«
»Und was hätte ich dann davon, ihn jetzt öffentlich bloßzustellen?«
Spandau zuckte mit den Schultern. »Vielleicht wollten Sie mehr Geld, und Jerry hat sich geweigert?«
»Das haben Sie sich ja fein zurechtgelegt.«
»Wenn ich mir meiner Sache sicher wäre, wäre ich jetzt nicht hier.«
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, steckte sie sich eine Zigarette an und paffte hastig ein paar Züge.
»Also gut, Mr. Spandau, ich werde Ihre Fragen beantworten. Aber überlegen Sie sich gut, was Sie wissen wollen, denn danach will ich Sie nie mehr wiedersehen. Das ist mein voller Ernst. Sie fragen, ich antworte. Und damit hat es sich. Für immer.«
»Das kann ich Ihnen nicht versprechen.«
»Sie haben mich missverstanden. Das verspreche ich Ihnen . Also, was glauben Sie zu wissen?«
Er wiederholte die Geschichte, wie Lewis sie ihm erzählt hatte. »Wie nah kommt das an die Wahrheit ran?«
»Die Wahrheit«, sagte sie. »Sie wollen die Wahrheit? Ich weiß nicht, ob ich sie kenne. Die Wahrheit kennt nur der liebe Gott.«
Sie rauchte, nippte an ihrem Kaffee, drückte die Kippe mit mehr Nachdruck als nötig aus.
»Hat es sich so zugetragen, wie ich es gerade geschildert habe?«
»Ja und nein«, antwortete sie. »Ja, ich habe mich mit Jerry getroffen. Er war charmant und witzig, und ich war damals ein hübsches junges Ding, Mr. Spandau. Es hat mir gefallen, dass er sich für mich interessierte. Ich war leichtsinnig und dachte, ich hätte alles unter Kontrolle. Ich mochte ihn, aber ich wollte nicht mit ihm ins Bett.«
»Sie fanden ihn nicht attraktiv?«
»Doch, schon«, sagte sie. »Irgendwann hätte ich sicher auch mit ihm geschlafen. Ich war kein Unschuldslamm, ich wusste genau, was ich zu bieten hatte, aber ich kannte auch seinen Ruf; ich dachte, wenn ich ihn zu schnell ranlasse, serviert er mich ab. Man merkte es ihm an, dass er sich als Eroberer gefiel. Er liebte die Herausforderung. Und wenn er keine fand, hat er sich eben selbst eine gebastelt.«
Sie stand auf, trat an die Terrassentür und sah zum Fluss hinaus.
»Und in San Diego?«, half er ihr behutsam auf die Sprünge.
»Es fing alles ganz wunderbar an.« Sie starrte durch die Scheibe, knibbelte nervös an ihrem Finger. »Jerry war so, wie er sein kann, bevor der Teufel in ihn fährt. Kennen Sie ihn persönlich, Mr. Spandau?«
»Ein bisschen.«
»Na, dann wissen Sie, was ich meine. Er kann der reizendste Mensch der Welt sein. Aber so ist er, der Teufel, so treibt er sein Spiel.«
»Sie glauben, Jerry Margashack ist der Teufel?«
»Ich glaube, dass er von ihm Besitz ergreift«, sagte sie. »Dass er Macht über ihn hat. Ich bete noch heute für Jerry Margashacks Seelenheil. Es fällt mir schwer, ihn nicht zu hassen, deshalb zwinge ich mich zum Beten. Ich versuche, das
Weitere Kostenlose Bücher