Tanz mit dem Teufel
»Ob die Sie wohl auch noch liebt, wenn Sie kastriert in Ihre Cowboystiefel schluchzen? Grüßen Sie sie doch von mir. Richten Sie ihr aus, ich weiß, wo sie einen echten Kerl finden kann.«
»Das glaub ich gern«, sagte Spandau. »Vermutlich in derselben Aufzuchtstation, wo Sie diese beiden Exemplare hier herhaben.«
Er wandte sich zum Gehen.
»Wie? Das war’s schon?«, wunderte sich Jurado. »Keine John-Ford-Action? Keine fliegenden Fäuste? Wo meine Mitarbeiter sich doch schon so darauf gefreut hatten, Ihnen mal wieder die Hucke vollzuhauen.«
»Tut mir leid, diesmal nicht.«
»Schade«, schmollte Jurado. »Es gibt nämlich nichts Befriedigenderes, als einem, der schon im Dreck liegt, auch noch auf den Kopf zu pinkeln. Na, dann ciao, Baby.« Und knallte die Tür hinter ihm zu. Sein selbstzufriedenes Glucksen war noch sekundenlang zu hören.
Auf dem Parkplatz holte Spandau abermals sein Handy heraus.
»Bernie? Hallo, David hier. Als erste Amtshandlung in meiner neuen Funktion als Chef von Coren Investigations möchte ich Sie bitten, morgen früh Frank Jurado anzurufen und ihm mitzuteilen, dass wir ihn wegen Vertragsverletzung verklagen. Oder noch besser, ich komme bei Ihnen vorbei, und Sie schalten den Pisser auf Lautsprecher. Dann kann ich gleich mithören, wenn das Geplätscher über mir plötzlich aufhört. Aber das erkläre ich Ihnen morgen.«
54
Araz drosch den Wagen den Highway 5 hinauf in Richtung San José. Tavit machte ihn wahnsinnig. Er brauchte alle paar Minuten eine Pinkelpause. Jedes Mal, wenn sie anhielten, kam er mit einer Riesenflasche Cola oder Limo zurück und wunderte sich dann wortreich darüber, dass er ständig pissen musste. Mit so jemandem konnte man nicht reden, und Araz hatte den Kopf sowieso voll mit anderen Dingen. Als sie um die Mittagszeit Salinas erreichten, wollte Tavit unbedingt mexikanisch essen. Sie hielten an einem Taco-Schuppen am Highway 101. Er schaufelte den Fraß in sich rein wie ein Sumoringer mit Bandwurm. Er sah aus, als hätte er sich am liebsten in dem Zeug gesuhlt.
»Nimmst du nichts?«, fragte er Araz, der an einer Cola nippte.
»Hör du lieber auch auf, sonst wird dir schlecht.«
»Ich hab Muffensausen«, sagte Tavit. »Wenn mir die Muffe geht, muss ich immer essen. Ist dir denn überhaupt nicht mulmig?«
»Nein«, log Araz.
»Egal«, sagte Tavit. »Ich hab ’nen eisernen Magen. Ich kann alles vertragen.« Und zum Beweis verschlang er eine ganze Jalapeño.
55
Das Indianercasino lag bei Milpitas. Sie bogen auf den Parkplatz ein.
»Und? Wie sieht der Plan aus?«, fragte Tavit.
»Der Plan? Wir gehen da rein, finden den Scheißer und knöpfen ihm unser Geld ab. Das ist der Plan.«
»Soll ich die Kanone mitnehmen?«
»Bloß nicht«, sagte Araz. »Wo ist sie überhaupt?«
»Im Handschuhfach.«
Araz überlegte kurz, dann steckte er die Pistole ein.
»Und wenn er abhaut? Meinst du, der haut ab?«
»Klar haut der ab. Oder meinst du etwa, er bleibt gemütlich auf seinem Hintern sitzen? Der schuldet uns schließlich achtzigtausend Mäuse und kann sich ausrechnen, was ihm blüht, wenn wir ihn in die Finger kriegen.«
»Also, was nun, wenn er türmt?«
»Dann fängst du ihn ein.«
Tavit schien gegen die Logik dieser Schlussfolgerung nichts einzuwenden zu haben.
Sie gingen hinein.
»Weißt du noch, wie er aussieht?«, fragte Araz.
Tavit nickte. »Sollen wir ausschwärmen?«
»Ausschwärmen? Wir sind zu zweit, Tavit, wie soll denn das gehen? Bleib du schön bei mir. Ich hab nämlich keine Lust, nach zwei Arschgeigen gleichzeitig zu suchen.« Letzteres murmelte Araz nur in sich hinein.
Der Saal war nicht groß, und sie hatten ihr Opfer nach wenigen Minuten gefunden. Charlie stand mit einem jungen Paar an einem Blackjack-Tisch. Die Unterhaltung schien etwas einseitig zu sein. Während er stumm seine Chips einsammelte, redete die Frau beschwörend auf ihn ein. Plötzlich entdeckte er Araz und Tavit und erstarrte. Dann raffte er so viele Chips wie möglich an sich, ließ dabei die Hälfte fallen und rannte zum Ausgang. Als sie ihn einholten, fummelte er zittrig am Schloss seines Wagens herum. Er lief weiter, aber sie fingen ihn zwischen den geparkten Autos ab und begannen, auf ihn einzudreschen.
»Lassen Sie den Mann in Ruhe!« Das war der Typ, mit dem Charlie am Blackjack-Tisch gesprochen hatte. Die Frau war auch dabei.
»Mischt euch nicht ein«, sagte Araz.
Tavit ließ sich beim Prügeln nicht stören.
»Wir meinen es ernst«, rief die Frau.
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