Tanz mit dem Teufel
nicht.«
»Ach was! Ich wollte bloß wissen, wer dahintersteckt. Es war nie die Rede davon, die Dreckschleuder abzuwürgen.«
»Ich muss mich erst mal setzen«, sagte Spandau. »Es war ein langer Tag.«
»Anfangs hatte ich tatsächlich vor, die undichte Stelle zu stopfen«, gab Jurado zu. »Aber dann habe ich gemerkt, was für ein Werbepotenzial da drinsteckt. Jerry ist plötzlich in aller Munde. Die Leute hassen ihn. Was Begnadeteres hätte mir selber nicht einfallen können.«
»Wieso denn begnadet?«, entschlüpfte es seiner Assistentin.
»Bis Wet Eye anläuft, ist der Hass auf Jerry längst Schnee von gestern«, erklärte Spandau. »Dafür kennt jeder seinen Namen und den Titel des Films.«
»Genau«, nickte Jurado. »Wieso einer berühmt ist, spielt keine Rolle. Hauptsache, berühmt. Nein, nein, die Schmutzkampagne muss weitergehen – aber unter meiner Regie.«
»Und Sie haben Jerry in der Hand.«
»Hab ich doch sowieso. Nur habe ich ihn jetzt noch besser im Griff.« Spandau hatte Jurado noch nie so aufgekratzt erlebt. Der Mann strahlte regelrecht.
Spandau hatte ihm nicht alles erzählt. Nichts über Rebecca und das Kind, nichts über die zernarbten Arme, nichts über Father Michaels Sorge um Jerrys Seelenheil.
Er rieb sich die Augen. »Sicher sage ich das jetzt nicht zum letzten Mal, aber ihr Filmfritzen habt euch echt gegenseitig verdient.« Seufzend stand er auf. »Morgen haben Sie meinen Bericht und die Spesenrechnung auf dem Tisch. Ich gehe jetzt erst mal ’ne Runde auf unsere sogenannte Zivilisation kotzen.«
»Momentchen noch«, hielt Jurado ihn auf, und an seine Assistentin gewandt: »Mandy, würden Sie uns mal kurz allein lassen? Und schicken Sie mir Fred und Arturo rein.«
»Nicht schon wieder«, stöhnte Spandau, als die beiden ihm nur allzu schmerzhaft bekannten Knochenbrechertypen hereinkamen und die Tür hinter sich zumachten. »Hallo, Jungs.« Sie nickten ihm zu. Zu Jurado sagte er: »Ihre Gorillas sehen ein bisschen abgemagert aus. Geben Sie ihnen nicht genug zu fressen? Sind die Bananen teurer geworden?«
Jurado ignorierte das Gestichel. »Ein Wort noch zu Ihrer Rechnung. Die vereinbarten Tagessätze und alle nachvollziehbaren Spesen werde ich selbstverständlich bezahlen, aber was Sie mit Ihrem früheren Arbeitgeber sonst noch an Zulagen oder Prämien ausgemacht haben, geht mich nichts an. Das ist überhaupt schon sehr spendabel von mir, da ich mit Ihrer Arbeit alles andere als zufrieden bin. Zum Beispiel scheinen Sie mir ein bisschen viel in der Weltgeschichte herumgereist zu sein.«
»Dann hole ich mir die Spesen eben vor Gericht wieder.«
»Ach ja?«, gab Jurado leutselig zurück. »Ihr werter und nun leider toter Arbeitgeber hätte mich vielleicht verklagen können. Aber wo kein Kläger, da keine Klage. Ihr Chef weilt nicht mehr unter uns, und Sie waren nur sein Laufbursche. Mit der Agentur ist es vorbei. Sie sitzen auf der Straße. Aus die Maus.«
Spandau ließ den Kopf hängen. »Alle Achtung«, sagte er. »Jerry und Sie haben mich wie einen kompletten Vollidioten dastehen lassen.«
»Nun unterschätzen Sie sich mal nicht«, grinste Jurado. »Dazu brauchten Sie uns gar nicht. Das Ei haben Sie sich schon selber gelegt.«
»Ich weiß, wann ich verloren habe. Wie man so sagt, mit einem kurzen Hemd kann man nicht viel Wind machen.«
»Wenigstens sehen Sie ein, was für eine Niete Sie sind«, antwortete Jurado. »Sie haben es gewagt, mir eine reinzuhauen, Sie Flachpfeife. Dachten Sie etwa, das lasse ich mir so einfach gefallen? Übrigens, viel Spaß dann bei der Jobsuche. Ich werde Sie überall anschwärzen, da können Sie Gift drauf nehmen. Sie werden den Rest Ihrer Tage als gefrusteter Kaufhausdetektiv im finstersten Utah fristen.«
Spandau angelte in der Jackentasche nach seinem Handy.
»Entschuldigung, ich muss mal kurz telefonieren.«
Er wählte Annas Nummer.
»David, wo bist du denn? Ich hab mir schon solche Sorgen gemacht!«
»Das erzähl ich dir später, Schatz. Ich wollte dir nur schnell sagen, dass ich mich entschieden habe. Ich werde das durchziehen, was wir da neulich besprochen haben.«
»Du machst es? Bist du dir sicher?«
»Bis vor einer Minute noch nicht«, sagte er. »Aber dann hatte ich so etwas wie eine Erleuchtung. Ich wollte nur, dass du es als Erste erfährst.«
»Ich liebe dich«, sagte sie.
»Ich liebe dich auch.«
»Küsschen?«
»Küsschen«, sagte er und hängte auf.
»Ach Gott, wie süß. Davon kriegt man ja Karies«, höhnte Jurado.
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