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Tanz mit mir - Roman

Tanz mit mir - Roman

Titel: Tanz mit mir - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Dillon Sina Hoffmann
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erstaunliches Rhythmusgefühl – und das nicht nur auf der Tanzfläche. Wenn Angelicas und seine Hände sich berührten, gaben die Tanzschritte nicht
mehr nur vor, als würden sie beide miteinander flirten. Jede Berührung, jeder Blick, jeder Hüftschwung war eine stille Unterhaltung.
    Von diesem Moment an war Angelica süchtig nach lateinamerikanischen Tänzen – und nach Tony.
    Bernard »interessierte sich nicht für die Lateinamerikanischen«. Sie waren ihm zu wild und ungestüm und erforderten zudem zu viel »Hüftschwung«. Das Äußerste, wozu er sich bereit erklärt hatte, war der Tango gewesen: Eine steife, staksige Angelegenheit, bei der er Angelica von der einen zur anderen Seite schwang, während sie mit leidenschaftlichem Blick über seine Schulter starrte.
    Die Trennung wurde schließlich besiegelt, als Angelica ankündigte, dass sie an den Turnieren über zehn Tänze teilnehmen wollte, bei denen alle zehn Tänze aus den Standardtänzen sowie den lateinamerikanischen Tänzen gefordert wurden: nicht nur Walzer, Foxtrott, Quickstepp, Tango und der wirbelnde, schwindelerregende Wiener Walzer, sondern auch der heiße Cha-Cha-Cha, eine erotische Rumba und Samba sowie der Paso doble und ein schwungvoller Jive. Dies bedeutete nicht nur, dass sie neue Schritte lernen musste, sondern auch, dass sie neue Kostüme und eine neue Haltung brauchte – und ganz unterschiedliche Personen auf der Tanzfläche darstellen musste. Schnell merkte sie, dass dies ihr gro ßes Talent war: Wie ein Chamäleon konnte sie sich der Musik anpassen. Sie genoss es, sich immer wieder auf die Suche zu begeben nach einer neuen, noch exotischeren Haut, in die sie hineinschlüpfen konnte.
    »Warum?«, hatte Bernard erschrocken gefragt. »Warum willst du zehn Tänze nicht besonders gut absolvieren, wenn du fünf sehr gut tanzen könntest?«
    »Weil ich Neues lernen will«, hatte Angelicas Antwort gelautet, was eigentlich hieß: »Weil ich Neues mit Tony lernen will.«

    Die Trennung von Bernard hatte viele Leute erschüttert und verärgert, nicht zuletzt ihren Tanzlehrer, von dem sie annahm, dass er viel Geld auf ihren Gewinn der Europäischen Amateurmeisterschaft gesetzt hatte.
    Ihre Eltern regten sich über ihre Entscheidung auf, da sie der Meinung waren, dass lateinamerikanische Tänze nichts für anständige Mädchen waren. Anständige Mädchen wohnten auch nicht mitten in London über einem Schwulen-Nachtclub, doch davon wussten sie glücklicherweise nichts.
    »Die Kleider, Angie!«, hatte ihre Mutter gefleht und entsetzt die Augen aufgerissen. »Das sind ja gar keine Kleider! Nur Fransen!«
    Noch schlimmer wog allerdings die Tatsache, dass Toni ein professioneller Tänzer war. Wenn Angelica mit ihm tanzen wollte, so würde sie ebenfalls in die Sparte der professionellen Tänzer wechseln müssen. »Und wir wissen ja alle, was das bedeuten würde«, erklärte ihr Vater, obwohl sich Angelica recht sicher war, dass er keinen blassen Schimmer hatte, was dies wirklich bedeutete.
    Auch Bernard brachte ihre Entscheidung aus der Fassung, sodass er während ihres letzten Walzertrainings alles auf eine Karte setzte.
    »Ich werde dich heiraten!«, rief er, als ob er dadurch mit einem Schlag alle Probleme gelöst hätte. »Wie wäre das?«
    Angelica lächelte nur, da sie seine Gefühle nicht verletzen wollte. Als sie ging, steckte sie dem Tanzlehrer die Namen zweier Mädchen zu, die auf der Suche nach einem netten, festen Tanzpartner waren – keinen Spitzbuben oder windigen Typen, die es auf andere Dinge abgesehen hatten.
    Wenige Stunden, nachdem sie Bernard und seine steife, starre Tanzwelt verlassen hatte, nahmen Angelica und Tony ihre erste Trainingsstunde im Paso doble. Angelica konnte so viele große, dramatische Haltungen und Positionen einnehmen, wie sie wollte, ohne sich dabei Sorgen um Bernards
heiklen Hals machen zu müssen. Anstatt an der starren Miene von früher festzuhalten, trieb Tony sie an, ihre Mimik als Teil des Tanzes zu nutzen.
    »Du bist der Bulle!«, rief er immer wieder. Sein spanischer Akzent wurde noch deutlicher, wenn er versuchte, die leidenschaftliche Akkordeonmusik mit seiner Stimme zu übertönen. »Jag mir Angst ein! Sei stürmisch! Zeig, dass du mich willst!«
    Angelica wollte ihn, und das mit einer Leidenschaft, die ihr fast schon wehtat, obwohl sie den starken Verdacht hegte, dass Tony dies nicht nur jeder Frau sagte, die er auf der Tanzfläche in den Armen hielt, sondern auch jedem Mädchen, das dem

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