Tanz mit mir - Roman
Stimme wurde sanfter. »Es ist nicht, weil sie dich nicht liebhat, sondern weil sie die Zeit hier so genießt. Freu dich darüber.«
Dann legte er auf.
Katie lehnte sich zurück und musterte das stille, aufgeräumte Wohnzimmer. Ihr Blick schweifte zu den Geschenken hinüber, die sie aufwendig eingepackt hatte (ein rosafarbenes Rad für Hannah, ein neues Hemd und ein Aftershave für Ross) und die sie nun fast anklagend anstarrten. Das Haus fühlte sich so leer an! Es roch sogar falsch. Je länger sie so still dasaß und über die Dinge nachdachte, die sie in Gang gesetzt hatte, desto mehr Zweifel und Schuldgefühle stiegen in ihr auf. Sogar jedes liegen gebliebene Spielzeug schien sie anzuklagen. Dann fiel ihr Blick auf die CD mit der Tanzmusik, die Bridget ihr vorbeigebracht hatte.
Ich könnte zum Tanzabend gehen, dachte sie. Bridget hat mich ja gefragt, ob ich komme.
Bridgets kleine, aufmerksame Geste berührte Katies geschundenes Herz so sehr, dass sie schließlich die Treppe hinaufging, um die Bürokleidung abzulegen und sich umzuziehen.
Mit einem Ohr immer beim Telefon, duschte Katie kurz und zog dann das erstbeste Kleid an, das ihr in die Hände fiel – ein schlichtes schwarzes Kleid, das kaum gebügelt werden musste. Beim Tanzen brauchte sie wenigstens an nichts Weiteres zu denken als an ihre Füße. Außerdem würde sie damit schon einmal drei der sechsundzwanzig Stunden bis zur Rückkehr der Kinder füllen können.
Als sie sich eine Strumpfhose anzog, vermied sie es, das
große Messingbett anzusehen. Ross hatte es ausgesucht, und sie hatte es mit ihrem ersten Weihnachtsgeld bezahlt. Es würde einmal ihr Erbstück werden, hatte Ross damals gesagt. Ein Bett, in dem man sonntags lange ausschlafen konnte und sich die Kinder zwischen sie beide kuscheln konnten. Jedes Jahr hatte er das Bettgestell in der Weihnachtszeit mit Lametta geschmückt, an ihrem Geburtstag hatte er dort Papierblüten aufgehängt. Na ja, jedenfalls vor der Geburt der Kinder, als sie beide noch nicht zu müde gewesen waren, um sich darum zu kümmern.
Jetzt konnte sie es kaum ertragen, den vorwurfsvollen Kissenstapel anzusehen – harte Kissen für sie, weiche für Ross.
Katie zwang sich, sich auf die Memorial Hall zu konzentrieren, als sie ihren Kleiderschrank durchstöberte. Welche Schuhe sollte sie anziehen? Welche Jacke passte am besten zu diesem Kleid? Sie hörte Angelicas energische Stimme in ihrem Kopf, die sie dazu drängte, sich schick zu machen. Sie sollte sich glamourös fühlen, um in die richtige Stimmung zu kommen. Ohrringe – wie wäre es denn damit? Sich in Schale zu schmeißen, war schon einmal die halbe Miete. Sie weigerte sich, darüber nachzudenken, dass sie allein hingehen würde; stattdessen zwang sie sich dazu, nach einem schönen Haarschmuck zu suchen.
Es fühlte sich an, als schnalle sie sich eine Rüstung um, dachte Katie, als sie sich den Pony mit einer diamantbesetzten Spange zurücksteckte. Sie verbirgt, wie mies du dich in Wirklichkeit fühlst. Katie warf einen Blick in den Spiegel und konzentrierte sich auf ihr Spiegelbild. Die Frau, die ihr entgegenblickte, schien älter zu sein, als Katie sie je in Erinnerung hatte, doch sie hielt sich aufrecht, und die Kleidung sah aus, als wolle sie schick ausgehen, selbst wenn der Gesichtsausdruck etwas anderes zu sagen schien.
Völlig unerwartet kam ihr die Tanzgruppe mit den hochgesteckten Haaren und den schwarz umrandeten Augenlidern
in den Sinn. Wie stark und glamourös die Mädchen ausgesehen hatten, selbst mit ihren pickeligen, unbeholfenen Partnern im Hintergrund!
»Komm schon, Katie!«, ermahnte sie sich selbst. »Du bist schließlich nicht die erste Frau, die zur Memorial Hall gegangen ist, um wenigstens einen Abend lang allen Kummer vergessen zu können. Außerdem wirst du auch nicht die einzige Frau sein, die dort ohne Tanzpartner aufkreuzt!«
Sie war unschlüssig, ob dies ihre Laune zu heben vermochte, doch als um acht Uhr das Telefon immer noch nicht geklingelt hatte, stopfte sie ihr Handy in ein Abendtäschchen und machte sich auf den Weg.
24
Im Auto legte Katie Angelicas CD ein. Die Songs, die Angelica ausgesucht hatte, waren so unerbittlich fröhlich, dass sie, als sie den Wagen vor der Memorial Hall parkte, fast schon in der gleichen fröhlichen Stimmung war – auch wenn ein Teil davon nur gespielt war.
Licht strahlte durch die Buntglasfenster, und schon von draußen waren die Big-Band-Klänge zu vernehmen. Katie blieb einen Moment lang vor
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