Tanz mit mir - Roman
Großmütter und Postboten, Friseure und Buchhalter, deren Gesichter glänzten und die sich Luft zufächelten, als sie sich küssten, voneinander verabschiedeten und die unbequemen Schuhe in der Garderobe im Vorraum auszogen.
Trina tauschte eifrig ihre Telefonnummer mit einem Kerl aus, mit dem sie laut Chloe »sechs Tänze« getanzt hatte. Chloe selbst säuberte ihren Plastikbecher und beäugte besorgt ihren Mantel, den sie nur widerwillig in der Garderobe abgegeben hatte.
»Oooh, dann bis nächsten Mittwoch!«, rief Lauren, schlang sich den Schal fest um den Hals und hätte dabei fast einen übrig gebliebenen Becher voll Orangensaft umgestoßen.
Lauren war nur selbstsicher, solange die Musik spielte, dachte Katie mit einem schiefen Lächeln, als Lauren ihre Arme um Chris’ Hüfte legte. »Komm schon, Fred Astaire, es wird Zeit, ins Bett zu gehen.«
Chris’ und Katies Blicke trafen sich. Chris wandte sich verlegen ab.
»Jetzt nicht, Lauren«, murmelte er.
»Das wirst du nicht mehr sagen können, wenn ich erst einmal deine Frau bin«, antwortete sie und schien immer noch unter dem Bann der Musik zu stehen. »Grrrr! Fährst du mich wenigstens nach Hause?«
Katie biss sich auf die Zunge. Lauren war so glücklich, dass sie die dunkle Wolke, die sich über Chris zusammenbraute, nicht einmal bemerkte. Vielleicht war es nicht einmal eine Wolke, dachte Katie; vielleicht war es auch nur ein Anzeichen
dafür, dass er sich Gedanken darüber machte, was eine Ehe tatsächlich zu bedeuten hatte. Aber auch er hatte sie zu einer wichtigen Erkenntnis gebracht. Als sie ihm erzählt hatte, dass sie die Verlobung mit Steve gelöst hatte, um den Richtigen zu heiraten, hatte sie aus tiefstem Herzen gesprochen. Sie waren beide absolut ehrlich zueinander gewesen.
»Sollen wir Sie nach Hause fahren?«, erkundigte sich Frank bei Katie. »Wir fahren ohnehin in Ihre Richtung, nicht wahr, Bridget?«
»Natürlich«, antwortete diese. »Dann könnten wir uns ein wenig unterhalten über … Sie wissen schon …« Sie hielt inne und ließ den Blick vielsagend über die gestrichenen Wände schweifen.
»Das ist lieb von Ihnen, aber nicht nötig, da ich selbst mit dem Auto hier bin«, antwortete Katie. Doch mit einem Mal brachten die Anstrengungen des Tanzabends und die Anspannung, mit der sie ihre Gefühle die ganze Zeit im Zaum gehalten hatte, ihren letzten Schutzwall zum Einsturz. Lauren krähte irgendetwas darüber, wie romantisch die Lieder gewesen seien und ob vielleicht alle Paare bei ihrer Hochzeit einen Tanz vorführen könnten.
Ich will nach Hause, dachte Katie plötzlich. Auch wenn dort alles still und verlassen ist.
»Wir gehen jetzt, sonst bekommen wir kein Taxi mehr. Tschüss, Katie!«, rief Chloe. »Bis nächste Woche!«
»Sehen wir uns Mittwoch?«, fragte Bridget. Ihrem wachsamen Blick entgeht nichts, dachte Katie. »Dann wieder mit allen vieren?«
»Wir werden sehen«, antwortete Katie. »Tschüss, Frank, vielen Dank für die wunderbaren Tänze!«
»Kommen Sie gut nach Hause«, wünschte Frank freundlich.
Katie schaffte es, sich zusammenzureißen, bis sie im Auto saß. Dort stellte sie das Radio an, um auf andere Gedanken
zu kommen, doch den gesamten Heimweg über liefen ihr Tränen über die Wangen.
Als sie jedoch das Haus betrat, das sie mit trister Stille empfing, konnte sie nicht mehr weinen. Alles, was sie tun konnte, war, abzuwarten. Und das erfüllte sie mit einer ernüchternden Furcht.
Ross, Hannah und Jack würden in zwölf Stunden wieder heimkehren.
25
Katie schluckte zwei Schlaftabletten, doch sie konnte trotzdem nicht schlafen. Sie hatte die schwungvollen Quickstepp-Rhythmen immer noch im Ohr, und einige Bruchstücke der hoffnungsvollen, romantischen Liedtexte wiederholten sich in einer spöttischen Endlosschleife in ihrem Kopf: »You do something to me … You made me love you … You’d be so nice to come home to …«
Wie kam es, dass die Liebe früher so viel einfacher gewesen war, fragte sich Katie und starrte betrübt an die Decke. Selbst Liebeskummer war damals einfacher gewesen. Lag es vielleicht daran, dass man damals erwartete, die perfekte Harmonie und Romanze nur in vierminütigen Ausbrüchen auf der Tanzfläche zu erleben? Der Rest des Ehelebens musste dem magischen Liebeswerben dort nicht mehr gerecht werden, wenn man seinen Anteil in der Küche erledigte und den Ehemann pflichtbewusst umsorgte. Es gab viele Regeln, die man befolgen musste, aber wenn man ihnen strikt gehorchte, war man
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