Tanz mit mir - Roman
miteinander verbunden hat, ist während dieses Familienlebens auf der Strecke geblieben. Ich hätte wirklich gedacht, dass gerade du mich verstehen würdest.«
Katie wollte ihm nicht beipflichten – insbesondere nicht, da in ihrem Kopf eine kleine, streitlustige Stimme ertönte, die sie daran erinnerte, dass sie sehr wohl verstand, was es bedeutete, immer nur an zweiter Stelle zu stehen. Sie kannte das Gefühl, wenn sich die Kinder zuerst an Ross wendeten und anschließend erst an sie. Wenn sie glaubte, wegen der Arbeit ihre Kinder im Stich zu lassen – was ihre Entscheidung gewesen war, als sie jemanden geheiratet hatte, der niemals in der Lage sein würde, eine Familie zu ernähren … Es fühlte sich an wie ein Knoten, der sich immer weiter zuzog.
»Warum?«, fragte sie, um die Stimme in ihrem Hinterkopf zum Schweigen zu bringen. Sie wollte Greg nicht zustimmen – nicht, wenn er sich so selbstgerecht verhielt. »Warum sollte ich das verstehen?«
Greg schien ihre Frage sehr zu überraschen. Und plötzlich kam in ihm wieder ein wenig von dem alten, charmanten Greg zum Vorschein. »Weil du ebenso hart arbeitest wie ich und dazu noch zu Hause so viele Arbeiten übernehmen musst, die Ross eigentlich erledigen sollte.«
Katies Entschlossenheit schmolz dahin. Nie zuvor hatte ihr jemand dies gesagt. In ihrem Herzen wuchs das Gefühl, dass Greg vielleicht doch das Richtige tat. Sie hatte nicht um Mitgefühl gebeten – was aber nicht zu bedeuten hatte, dass sie keines brauchte. »Na ja, stimmt schon, denke ich …«
»So viel steht fest«, fuhr Greg fort. »Für dich muss es sogar noch schwerer sein. Du musst mit dem ganzen Druck klarkommen, genügend Geld zu verdienen, und hast obendrein noch den Haushalt zu erledigen, weil – und versteh mich jetzt bitte nicht falsch – ich sehr genau weiß, dass Ross kein guter Hausmann ist. Aber welcher Mann ist das schon? Es ist immerhin kein natürlicher Instinkt. Ich habe keine Ahnung, wie du das alles schaffst.«
»Ja«, stimmte Katie ihm zu, »manchmal ist es ziemlich hart.«
Sie warfen einander einen leidenden Blick zu.
Dann erinnerte sich Katie wieder daran, dass sie Greg eigentlich nicht zustimmen wollte.
»Bist du sicher, dass das nicht nur eine Phase ist?«, fragte sie. »Etwas, was wieder behoben werden kann?«
Greg schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist schon seit einer ganzen Weile vorbei. Es ist kein Feuer, keine Leidenschaft mehr da. Du weißt doch, wie das ist«, fügte er wehmütig hinzu. »Es fällt schwer, sich von Partnern in Stimmung bringen zu lassen, wenn diese sich über die Jahre hinweg in schwabbelige
Langweiler verwandelt haben, die über nichts anderes mehr reden können als darüber, was im Kindergarten passiert ist. In der Zwischenzeit arbeitet man rund um die Uhr, rackert wie besessen, hat immerzu ein schlechtes Gewissen, dass man nicht genügend Zeit mit den Kindern verbringt – was einem meiner Meinung nach in erster Linie von den Partnern eingetrichtert wird, die sich tief in ihrem Inneren selbst schuldig fühlen, weil sie sich so haben gehen lassen.«
Sie . Er meint Jo und Ross.
Katie verspürte das Bedürfnis, die beiden zu verteidigen. Greg hatte kein Recht, sich so herablassend und geringschätzig zu äußern – weder über Jo noch über Ross.
»Immerhin hast du ebenfalls zwei Kinder bekommen und trägst immer noch die gleiche Kleidergröße wie vor den Geburten.« Gregs schmeichelndes Lächeln erschien Katie ein wenig übertrieben. »Innerhalb von ein paar Wochen hattest du wieder dein Ursprungsgewicht erreicht, nicht wahr? Größe 36, stimmt’s?«
Katie wehrte sich. »Das lag am Stress, nicht an irgendeiner Diät. Jeder ist anders, Greg. Jo sieht jetzt besser aus als je zuvor! Ich kann nicht glauben, dass du das anders siehst!«
»Vielleicht sollte sie wieder arbeiten gehen«, schlug Greg vor.
»Kindererziehung ist ein Fulltime-Job«, fuhr sie ihn an.
Greg verdrehte die Augen und hantierte verärgert mit dem Poststapel auf dem Küchentisch. »Erzähl mir doch keinen Mist! Das habe ich schon so oft gehört, dass es mir beinahe zu den Ohren herauskommt. Wir beide wissen doch, dass man es nicht mit einem Arbeitstag im Büro vergleichen kann!«
»Und ob! Und das ist der Deal, Greg. Jo hat ihre Karriere an den Nagel gehängt, um sich um die Kinder zu kümmern. Kannst du dir vorstellen, wie schwer das heutzutage für eine Frau ist? Sie hat sowohl ihre Unabhängigkeit als auch ihr Einkommen aufgegeben – und sie meistert ihre
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