Tanz mit mir - Roman

Kostüm und zeigte die gleiche ungelenke, hölzerne Körperhaltung.
    Katie könnte eine sehr viel bessere Tänzerin sein, als sie es selbst je für möglich hielt, da war sich Angelica ganz sicher, auch wenn Katie selbst es noch nicht wusste. Sie war sportlich, und obwohl sie vielleicht nicht die Schnellste war, was das Erlernen der Schritte anging, so vergaß sie sie nicht und ließ sich nicht verunsichern, wenn die Musik wechselte. Was Angelas Meinung nach Katie wirklich davon abhielt, ganz selbstbewusst Cha-Cha-Cha zu tanzen, war ihre Unfähigkeit, sich einfach gehen zu lassen und ihrem Tanzpartner die Führung anzuvertrauen. Sie entspannte sich nicht einmal bei erfahrenen Tänzern wie Frank oder Baxter. Angelica hatte mehrere Male beobachtet, wie Katie sich ihnen widersetzte, bis sie schließlich aufgaben. Sie war so sehr darauf fixiert, Katie zu sein, dass sie sich nicht genügend entspannen konnte, um die Walzer tanzende Prinzessin oder eine ausgelassene, hemmungslose Latina zu spielen.
    Lauren dagegen … Angelica musste lächeln. Sie war ein absolutes Naturtalent, da sie es sichtlich genoss, sich zu verkleiden
und in eine Rolle zu schlüpfen. Sie war dann mit ihren Gedanken meilenweit entfernt, in ihrer ganz eigenen Liebesszene, während sie mit ihren wunderschönen langen Armen und Beinen instinktiv richtig über das Parkett wirbelte.
    Auch Jo war sehr gut, da sie wusste, wie sie sich zu bewegen hatte. Angelica hatte während der Zeit gelernt, dass das Klischee, dass sich größere oder kräftigere Frauen anmutiger auf der Tanzfläche bewegten als dünne Bohnenstangen, tatsächlich stimmte. Da sie sich stets ihres Körpers bewusst waren, bewegten sie sich vorsichtiger und leichtfüßiger. Jo bewegte ihre Hüften und tanzte wie jemand, der seine Hemmungen durch das Herumtollen mit Kindern abgelegt hatte. Außerdem hatte sie keine Angst, etwas falsch zu machen oder komisch auszusehen. Angelica sah es Frank und Ross an der Nasenspitze an, dass es ein großes Vergnügen war, mit ihr zu tanzen.
    Angelica betrachtete das Tangokleid in ihren Händen. Im weichen Schein der Tischleuchte funkelten seine Pailletten bei jeder Bewegung wie die Schuppen einer Schlange – als sehnten sie sich danach, bei einem Ball eine Tänzerin zu schmücken.
    Einen kurzen Moment lang bekam Angelica jedoch Bedenken. Mischte sie sich wohl zu sehr in Katies Angelegenheiten ein, wenn sie ihr das Kleid gab? Zwischen Katie und Ross schien irgendetwas nicht zu stimmen, obwohl Katie offenbar dachte, dass es niemandem auffallen würde. Ihr gelang es weitaus besser, ihre Traurigkeit zu verbergen, als Ross. Doch die jahrelange Erfahrung, Paare zu beobachten, die hinter dem starren Lächeln ihrer Showmiene wütende Streitereien zu versteckten suchten, hatten Angelica eine Art Röntgenblick beschert, mit dem sie jede auch noch so kleinste Spannung entdeckte. Tony hatte immer gescherzt, dass sie eine Trennung vorhersagen konnte, bevor das betreffende Paar es selbst wusste.

    »Als Tänzer muss man das auch können, nicht wahr?«, hatte Angelica immer geantwortet. Es handelte sich schließlich nicht um pure Sensationslust, sondern um einen aufgeweckten Geschäftssinn. Gute Tanzpartner gab es nicht allzu oft auf dem Markt – und falls doch, dann bedeutete ein solcher Partner eine tiefgreifende Veränderung.
    Nein; bei Ross und Katie war irgendetwas nicht in Ordnung, und es stimmte Angelica traurig, da sie eigentlich ein schönes Paar waren. So bescheiden und anständig – ganz anders als Jos Ehemann Greg, dem sie nicht über den Weg traute. Er sah zwar gut aus, aber seine Führung war recht aggressiv und viel zu energisch. Außerdem weigerte er sich, für Peggy das Tempo ein wenig zu drosseln, und er schüttelte auffällig den Kopf, wenn Trina mit ihren Schritten durcheinanderkam, damit Angelica auch ja bemerkte, dass Trina die Schuldige war und nicht etwa er.
    Kümmere dich um ein Pärchen nach dem anderen, ermahnte sich Angelica. Und wenn du meinst, du weißt, wie sie ihre Ehe wieder in Ordnung bringen können – sollte es dann wirklich dieses Kleid sein?
    Sie vergrub das Gesicht in dem Kleid und atmete den Duft von Tanzsälen, Stärke und Haarspray ein, der neue Erinnerungen wachrief. Angelica schloss die Augen, um sich vollkommen auf den Geruch zu konzentrieren. Als sie sie wieder öffnete, fiel ihr Blick auf ein weiteres Kleid, das sich noch in der Kiste befand und in einem so schmalen Kleidersack hing, dass sie es beim Auspacken glatt